In vier Wochen öffnet in der amerikanischen Hauptstadt Washington D.C. ein großes Bibel-Museum. Das „Museum of the Bible“ im Zentrum der Stadt will zur eigenen Bibellektüre ermuntern. Von Jesus ist eher weniger die Rede.
Am 17. November sollen die über 12 Meter hohen Bronze-Tore des Bibel-Museums unweit der anderen bekannten Museen der US-Hauptstadt für die Besucher geöffnet werden. Die 40.000 Quadratmeter große Ausstellungsfläche liegt nur wenige Hundert Meter vom Kapitol entfernt.
Der Bau des Museums kostete 500 Millionen Dollar. Seine Größe ist vergleichbar mit dem nahegelegenen Smithsonian National Museum of the American Indian. Die Bauarbeiten waren vor drei Jahren begonnen worden. Mitfinanziert wurde es von der konservativ-christlichen Familie Green, in deren Besitz die amerikanische Warenhauskette Hobby Lobby ist. Der Eintritt ist frei.
Wie die Washington Post berichtet, kann der Besucher in nachgestellte antike Welten gehen, eine der größten privaten Torah-Sammlungen bewundern oder sich biblische Pflanzen ansehen. Auch Raum für eigene Bibel-Forschung findet sich in einem eigenen Stockwerk. Die Zeitung urteilt: „Das Museum ruft den Besucher nicht dazu auf, die Bibel wörtlich zu nehmen oder zu glauben, die Bibel habe nur eine korrekte Form.“ Der Autor stellt aber auch fest: „Es gibt sehr wenig zu Jesus.“
Die Besucher können zwar ein nachempfundenes Modell eines Dorfes aus dem 1. Jahrhundert nach Christus in Galiläa besuchen, wo Schauspieler sagen, was sie als Dorfbewohner vom umstrittenen Prediger Jesus von Nazareth denken. Außerdem können sie einen Film über Johannes den Täufer ansehen. Aber die Geschichte von Jesu Kreuzigung oder Auferstehung wird nicht abgehandelt.
Kein Wort zu Sexualität oder Abtreibung
Als die Familie Green vor einigen Jahren ankündigte, ein Bibelmuseum errichten zu wollen, hieß es noch, das Ziel sei es, „das lebendige Wort Gottes“ als „absolute Autorität“ Wirklichkeit werden zu lassen. Das tatsächliche Museum scheint nun moderater in seinem Anliegen zu sein. Steve Green, der Chef des Unternehmens Hobby Lobby und zugleich Vorsitzender des Museums, erklärte: „Das Museum hat gewisse Grenzen bekommen. Es sagt nicht offen, dass die Bibel gut oder grundsätzlich wahr ist. Das ist nicht seine Aufgabe. Die besteht darin, die Fakten zu präsentieren, so dass sich die Menschen selbst ein Urteil bilden können.“ Die wichtigste Botschaft des Museums solle lauten: Lest die Bibel!
Das Museum will neueste Technik benutzen, um das Buch der Bücher interessant zu machen. Kinder können Spiele spielen, ein Raum lässt die Erlebnisse von Noah und seiner Familie an Bord der Arche nacherleben. Die Ausstellungstücke zeigen den biblischen Ursprung vieler alltäglicher Dinge unserer Welt auf, etwa Kalender, Moden oder Sprachausdrücke. Themen wie Sexualität oder Abtreibung thematisiert das Museum indes nicht. Auch wird offenbar nicht proklamiert, dass die Erde vor 6.000 Jahren erschaffen wurde, wie etwa im Creation Museum in Kentucky.
Der Direktor des Museums, Seth Pollinger, sagt: „Unser Ziel ist nicht, Antworten zu geben, sondern neugierig zu machen.“ Mark Noll, einer der prominentesten Experten für amerikanische christliche Geschichte, war als Berater tätig; er vergleicht das Bibel-Museum mit dem bekannten „Newseum“ in der Nähe, das eine Ausstellung zu Medien wie Fernsehen und Zeitung birgt.
Die Washington Post schreibt: „Das Museum könnte schnell zu einem Publikumsmagneten unter evangelikalen Familien werden – diese Gruppe macht immerhin ein Viertel der amerikanischen Gesellschaft aus. Bei ihnen ist die tägliche Bibellektüre normal.“ Laut einer Umfrage des Pew-Meinungsforschungsinstitutes von 2014 lesen 45 Prozent der Amerikaner selten oder nie in der Bibel, aber 63 Prozent der Evangelikalen gaben an, mindestens einmal in der Woche in der Heiligen Schrift zu lesen.