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Der Schubladengott: Welches Gottesbild hat dein Kind? (Teil 2)

Welche Gottesbilder haben Kinder? Im zweiten Teil ihres Artikels beschäftigt sich Kinderpastorin Rachel Turner mit dem Bild des ärgerlichen und dem des mysteriösen Gottes. Sie zeigt Wege auf, wie man dem Schubladendenken in den Köpfen der Kinder auf die Spur kommt und wie man diesen „schrägen“ Vorstellungen konkret entgegenwirken kann.

Das Gottesbild, das Kinder im Laufe ihrer ersten Jahre entwickeln, setzt sich meist aus vielen unterschiedlichen Einflüssen zusammen – Familie, Kirche, Kindergarten, Schule, Freunde, Bilderbücher, Kinderlieder etc. Dabei bleiben schnell einseitige Vorstellungen hängen, die mit dem tatsächlichen Wesen Gottes wenig zu tun haben – so wie die Idee vom wütenden oder vom geheimnisvollen Gott.

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Der wütende Gott

Der ärgerliche, wütende Gott thront in seiner unendlichen Gerechtigkeit im Himmel und sucht von dort aus kritisch jeden Winkel unseres Lebens nach Sünden ab – den ganzen Tag lang. Wenn er eine sieht, wird er wütend und bestraft uns. Er ist leicht zu verärgern und erwartet, dass alle um ihn herum möglichst perfekt sind.
Dieses Bild von Gott macht Kindern Angst. Sie bemühen sich verzweifelt, zu funktionieren. Weil sie es als unmöglich empfinden, Gott Freude zu machen, stehen diese Kinder unter dem ständigen Druck, sich möglichst exakt an seine Anweisungen zu halten, um nicht sein Missfallen zu erregen. Liebe kommt in dieser Sicht von Gott wenig vor. Eine Beziehung zu ihm ist für Kinder nicht gerade erstrebenswert, denn ihr einziges Ziel ist es, möglichst nicht (negativ) aufzufallen.

Wie man das Bild des wütenden Gottes auflösen kann

Niemand würde je einem Kind diese Sichtweise absichtlich vermitteln wollen. Trotzdem tragen wir möglicherweise durch unser Verhalten dazu bei, zum Beispiel durch die Art, wie wir reagieren, wenn ein Kind einen Fehler macht.
Das Bild des wütenden Gottes kann dadurch entstehen, dass wir das Thema „sich bei Gott entschuldigen“ überbetonen. Oberflächlich betrachtet, ist es eine gute und biblische Sache, einen Fehler zu bekennen. Aber die Überbetonung dessen kann ein Bild von Sünde erzeugen, das Kinder eher von Gott weg als näher zu ihm bringt.
Wir vereinfachen oft das Konzept von Sünde: Sie wird reduziert auf etwas Falsches, das wir tun und das Gott wehtut. Wir treten Gott quasi gegen’s Schienbein, wenn wir sündigen. Er ist dann verletzt und enttäuscht, und wir müssen uns bei ihm entschuldigen wie bei unseren Freunden. Gott sitzt sozusagen etwas verärgert herum, bis wir es schließlich schaffen, ihn um Verzeihung zu bitten. Und dann muss er uns vergeben – klar, wegen dem, was Jesus am Kreuz für uns getan hat! Gott seufzt, rollt mit den Augen und sagt: „Na gut“ – und dann gehen alle wieder zurück zum Spielen. Bloß ein bisschen vorsichtiger.
Kinder können so in dem Glauben aufwachsen, Gott wäre ihnen gegenüber immer ein bisschen verletzt und gereizt – es sei denn, sie sind super im Nicht-Sündigen oder entschuldigen sich oft genug. Um das Bild dieses ärgerlichen Gottes aufzulösen, sollten wir Kindern auf andere Art erklären, was Sünde ist. Vielleicht kann die folgende Beispielgeschichte dabei helfen.

Schluss mit dem dreckigen Sand

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Ein kleines Mädchen sitzt im Sandkasten und isst dreckigen Sand. Der Sand ist natürlich nicht gesund, und die Kleine würgt und hustet, aber trotzdem spielt sie weiter im Sandkasten.
Ihr Vater hat ihr einen wunderschönen, riesigen Spielplatz gebaut, auf dem sie spielen könnte. Er sieht, wie sie den Sand isst, rennt zu ihr hinüber und sagt: „Nein! Das ist schlecht für dich! Hör auf, Sand zu essen. Komm hierher, dann mache ich dich sauber, und wir können zusammen spielen. Das wird bestimmt ein Riesenspaß!“
Aber das Mädchen kommt nicht. Es sagt: „Nein!“ Der Vater ist bekümmert und frustriert. Er hasst den dreckigen Sand, weil der seine Tochter davon abhält, Zeit mit ihm zu verbringen. Er ist traurig, dass sie sich für den Sand entscheidet, obwohl er so viele tolle Sachen für sie hat. Aber er will sie zu nichts zwingen – das muss seine Tochter selbst entscheiden.
Schließlich hat die Kleine genug von all dem Husten und Würgen. Sie guckt zu ihrem Vater hoch, der sie traurig, aber liebevoll anschaut. Erst jetzt bemerkt sie all die wunderschönen Sachen, die der Vater für sie gebaut hat. Ihre Augen werden ganz groß, als sie feststellt, was sie verpasst hat, und sie beschließt, aus dem Sandkasten herauszukommen. Als sie ihre dreckigen Ärmchen nach ihrem Vater ausstreckt, stößt dieser einen nen Freudenschrei aus, hebt sie hoch und wäscht dann den ganzen Dreck von ihr ab. Endlich können die beiden gemeinsam Spaß haben und sich zusammen an all den tollen Sachen freuen …
Gott hasst Sünde, weil sie schlecht für uns ist, genau wie der dreckige Sand für das kleine Mädchen. Sünde lenkt uns von Gott ab; sie trennt uns von ihm und all dem Guten, das er für uns vorbereitet hat. Wenn wir also sündigen – dreckigen Sand essen –, will er uns dann zerquetschen, weil er wütend auf uns ist? Nein! Er ist traurig, weil er das Beste für uns will – und wir uns stattdessen für Dinge entscheiden, die uns schaden und uns davon abhalten, Zeit mit ihm zu verbringen. Sobald wir feststellen, dass das, was wir tun, nicht in Ordnung ist, und wir sagen: „Ich will das jetzt nicht mehr!“, zieht Gott uns hoch und wäscht uns sauber.

KinderglaubeBevor Jesus kam, klebte die Sünde wie dreckiger Sand an uns und wir konnten sie nicht allein loswerden. Aber durch das, was Jesus am Kreuz für uns getan hat, hat er uns Wasser gegeben, das jedes bisschen Sünden-Sand abwaschen kann.
Also – müssen wir Gott um Entschuldigung bitten? Ja, wir können ihm sagen, dass es uns leid tut, was wir getan haben, und dass wir uns wünschen, dass er uns noch mal saubermacht, damit wir zusammensein können.
Wenn du Gott um Entschuldigung bitten möchtest, weil du ihm Kummer gemacht hast, indem du Dinge getan hast, die dir schaden, dann kannst du das natürlich tun. Aber im Grunde ist er einfach nur glücklich und stolz auf dich, weil du dich entschieden hast, aus dem Sand herauszukommen!
Dieses Verständnis von Sünde und ihrem Einfluss auf unsere Beziehung zu Gott hilft Kindern, die Vorstellung eines wütenden, verärgerten Gottes zu überwinden. Sie können sie ersetzen durch das Bild eines Gottes, der auf ihrer Seite ist, der das Beste für sie will und der traurig ist, wenn sie sich für Dinge entscheiden, die ihnen schaden. Mit einem solchen Gott wollen Kinder gern eine enge Beziehung haben.

Der mysteriöse, unvorhersehbare Gott

Beim mysteriösen, unvorhersehbaren Gott weiß man im Vorhinein nie, wie er reagieren wird. Kinder kämpfen anfänglich wütend mit diesem Gott, reagieren aber eventuell bald mit Ablehnung und Zurückweisung. Aus ihrer Sicht macht Gott sowieso, was er will und wann er es will. Also hat es wenig Sinn zu versuchen, ihn von etwas zu überzeugen oder sich überhaupt mit ihm zu beschäftigen.
Die meisten Dinge, ob gut oder schlecht, passieren wegen Gott. Also wissen Kinder, die dieses Gottesbild haben, nicht so richtig, wie sie zu ihm stehen sollen. Sie sehen sich möglicherweise als Opfer von Gottes Launen und fühlen sich gleichzeitig von den Erwachsenen unter Druck gesetzt, ihr Schicksal klaglos hinzunehmen. Sie wollen selten etwas in die Beziehung mit Gott investieren, weil sie Menschen brauchen, auf die sie sich verlassen können – und zu denen zählt Gott ganz bestimmt nicht.

Wie man das Bild des mysteriösen, unvorhersehbaren Gottes auflösen kann

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Verstärkt werden kann diese Sichtweise, indem wir überbetonen, dass man sich Gottes Willen beugen und damit abfinden muss, dass er nun mal geheimnisvoll ist und wir nicht alles verstehen können. Wir erzählen Kindern zum Beispiel: „Gott wirkt auf geheimnisvolle Art“, „Gott hat einen größeren Plan“ oder: „Eines Tages werden wir wissen, warum Gott das getan hat.“
Um dieses verschobene Bild aufzulösen, ist es wichtig, dass wir die Kinder an das erinnern, was sie über Gott wissen und verstehen. Diese Dinge dienen als Grundlage, um das verarbeiten zu können, was sie nicht verstehen.
Ein Junge, mit dem ich zu tun hatte, hatte eine krebskranke Mutter. Die Großeltern und Freunde der Familie hatten dem Jungen alle die oben genannten Sätze gesagt, und das hatte sein Bild von Gott und die Verbindung zu ihm stark ins Wanken gebracht. Der Vater des Jungen wollte unbedingt wissen, wie er ihm dabei helfen könnte, darüber mit Gott zu reden und mit ihm in Verbindung zu bleiben.
Ich ermutigte den Vater dazu, ehrlich mit seinem Sohn zu reden und ihm zu zeigen, wie er selbst diese Erfahrung verarbeitete. Das führte zu einer sehr ehrlichen Unterhaltung: „Ich weiß nicht, warum Mama Krebs hat. Ich glaube nicht, dass Gott daran schuld ist, weil das nicht zu dem liebenden Vater passt, den ich aus der Bibel und auch aus meinem Leben kenne. Ich weiß nicht, ob es dafür überhaupt eine Begründung gibt. Ich denke, dass wir in einer Welt leben, die durch die Sünde und das Böse kaputt gegangen ist und die jetzt noch nicht so heil und perfekt ist, wie sie im Himmel sein wird. Mama hat Krebs, und wir haben alle Angst und sind traurig darüber. Ich kann dir nur sagen, dass ich weiß, dass Gott uns liebt, und dass er in der Bibel versprochen hat, dass er gemeinsam mit uns durch alle Lebenslagen geht. Er hat versprochen, dass er uns unsere Angst nimmt und uns mit seiner Liebe erfüllt. Bei jeder Träne, die wir weinen, ist er da, um sie aufzufangen und aufzuheben, er ist da, um uns zu beschützen und zu helfen. Ich weiß das und glaube das. Es hilft mir, mit ihm darüber zu reden, wie ich mich fühle, und auch zuzuhören, wie er mir antwortet. Mit Gott fühle ich mich nicht allein. Außerdem sagt die Bibel auch, dass wir weiter beten sollen, also werden wir das auch tun!“
Dieses Gespräch hat dem Jungen sehr geholfen: Statt sich hilflos einem launischen Gott ausgeliefert zu fühlen, konnte er verstehen, wie Gott wirklich ist, was die Bibel über ihn sagt und wie die Beziehung zu Gott in einer solchen Situation wirklich funktioniert.

Wie finde ich heraus, welches Gottesbild ein Kind hat?

Offene Fragen: Wer ein verschobenes Gottesbild bei einem Kind vermutet, kann mit folgenden Fragen mehr darüber herausfinden: Welche Reaktionen des Kindes auf Gott sind uns aufgefallen? Wie redet das Kind über Gott? Welche Fragen stellt es? Wie verhält es sich, wenn wir zusammen beten?
Man sollte eventuell auch Situationen schaffen, in denen man mit dem Kind Gespräche über Gott führt: „Was, denkst du, macht Gott heute? Was, glaubst du, denkt Gott über … (irgendeine aktuelle Situation)? Was, glaubst du, ist Gottes Lieblings-Bibelgeschichte?“ Weil es auf diese Fragen keine „richtigen“ Antworten gibt, lässt man den Kindern den Freiraum zu antworten, was sie tatsächlich denken und glauben. Wenn möglich, sollte man sich die Antworten des Kindes anhören und mit weiteren Fragen nachhaken.
Auch wenn Kinder dabei verschobene Ansichten äußern, sollte man diese nicht immer sofort korrigieren. Das Wichtigste an dieser Übung ist eine Atmosphäre, in der Kinder die Freiheit haben, über ihre tatsächlichen Gefühle für und über Gott zu sprechen, und in der sie merken, dass das wichtiger ist, als die „richtigen“ Antworten zu geben. Die genannten offenen Fragen helfen zu verstehen, welche Sichtweise ein Kind von Gott hat, ohne dass es diese Sichtweise konkret formulieren müsste.
Geführte Diskussion: Eine geführte Diskussion ist eine direktere Möglichkeit herauszufinden, wie Kinder Gott sehen. In einer ungezwungenen Atmosphäre werden die Kinder dazu aufgefordert, ein Bild zu malen: „Wie sieht Gott aus? Wo kommst du in diesem Bild vor? Wie fühlt sich für dich die Beziehung zu ihm an?“
Konkrete Beispiele können ihnen helfen: „Manche Menschen glauben, dass Gott sehr beschäftigt ist und dass sie selbst sich wie in einer Luftblase fühlen und Gott nicht hören können. Andere glauben, dass Gott ein sehr alter Mann auf einer Wolke ganz weit weg ist … Du kannst Gott so malen, wie du willst.“
Wenn nötig, sollte man den Kindern Hilfestellung geben – zum Beispiel um mehr Details in der Zeichnung von Gott bitten oder nach weiteren Einzelheiten fragen: „Wie fühlst du dich mit Gott verbunden? Vielleicht wie mit einem Band? Oder getrennt durch eine Mauer?“ Auf keinen Fall sollten diese Bilder wieder die „richtigen“ Antworten ausdrücken. Gegebenenfalls sollte man die Kinder noch mal daran erinnern, dass man wirklich wissen möchte, was sie denken oder fühlen. Außerdem sollte man auf jeden Fall auch selbst ein Bild malen.
Später kann man die Bilder gemeinsam anschauen und darüber reden. Auch hierbei sollte man nicht versuchen, alle verschobenen Vorstellungen auf einmal richtigzustellen, sondern eine offene Gesprächsatmosphäre schaffen, in der es in erster Linie darum geht, die tatsächlichen Vorstellungen von Gott ehrlich zu formulieren.
Sobald man herausgefunden hat, wie ein Kind über Gott denkt, kann man aktiv beginnen, einer verschobenen Sichtweise entgegenzuwirken. Jeder einzelne Schritt in die richtige Richtung ist wertvoll, daher sollte man nichts überstürzen. Im Laufe dieses Prozesses, in dem wir falsche Gottesvorstellungen auflösen und aktiv eine gesunde und ehrliche Sicht von ihm vermitteln, wird das Kind immer mehr lernen, Gott so zu sehen, wie er wirklich ist, und sich eine Beziehung mit ihm wünschen.

Den ersten Teil verpasst? Den gibt es hier.


Dieser Artikel ist zuerst im Magazin „Kleine Leute – Großer Gott“ erschienen, das wie Jesus.de zum SCM Bundes-Verlag gehört.

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