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Arzt: Abschiebung von Christin in den Iran wäre verfassungswidrig

Die bekennende Christin Mahsa soll in den Iran abgeschoben werden. Die „Christliche Initiative Herborn“ setzt sich mit einem Gebetsmarsch und einer Petition dagegen ein. Ihr Sprecher Georg Müller arbeitete sechs Jahre lang als Arzt in Flüchtlingseinrichtungen. So einen Fall hat er noch nie erlebt. Ein Interview.

Von Nathanael Ullmann

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Von Mahsa ist öffentlich nur dieser Deckname bekannt. Wieso?
Mahsa hat eine sehr einflussreiche Familie im Iran, die nach ihr sucht. Wird ihr Name bekannt, ist sie nicht mehr sicher.

Was darf ich mir unter einer einflussreichen Familie vorstellen?
Ihre Familie ist im Erdölgeschäft tätig. Einer ihrer Brüder arbeitet für die Regierung. Ein anderer Bruder ist ein hoher Beamter bei der Religionspolizei. Mahsa hatte im Iran ein wunderbares Leben.

Wieso ist sie dann geflohen?
Weil Mahsa Christin geworden ist. Sie sagt, Allah hätte ihr keine Antworten gegeben. Irgendwann traf sie Christen und ist regelmäßig zu deren Treffen gegangen. Dort hat sie Jesus Christus kennen gelernt und sich bekehrt. Die Folge war, dass sie ihr Leben geändert und von ihrem Glauben erzählt hat. Auf sie wurde dann ein Haftbefehl ausgestellt. Als Konvertitin hat sie sich nach iranischem Recht strafbar gemacht. Die Polizei wollte sie festnehmen, aber ihre Mutter hat sie gewarnt. Mahsa ist barfuß durch die Hintertür geflohen. Sie hat ihren Goldschmuck verkauft und so die Flucht finanziert. 2015 ist sie über die Balkanroute nach Deutschland gelangt. Hier hat sie in München, Frankfurt, Dortmund und Hessen gelebt und ist dann nach Herborn gekommen.

„Wenn die Familie sagt, dass sie eine gläubige Christin ist,
habe ich keinen Grund, das anzuzweifeln.“

Wieso glauben Sie ihr?
Einmal durch die Tatsache, dass sie ganz bestimmte Bibelstellen kennt. Zum Beispiel ist ihr Lieblingsbuch Hiob. Das passt zu ihrer Geschichte. Außerdem gibt es Dokumente von Gemeinden, in denen sie gewesen ist. In Frankfurt ist sie getauft worden. Sie geht auch regelmäßig sonntags in den Gottesdienst. Sie wird von christlichen Freunden von mir betreut. Wenn die Familie sagt, dass sie eine gläubige Christin ist, habe ich keinen Grund, das anzuzweifeln. Es ist natürlich naheliegend, dass es auch unter den Iranern Menschen gibt, die eine Taufe vortäuschen. In Mashas Fall gibt es jedoch keinen Grund dafür. Sie hätte ein gutes Leben gehabt. Sie hatte eine Arbeitsstelle, war reich.

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Ihr Antrag auf Asyl in Deutschland wurde jedoch mehrmals abgelehnt.
Genau. Erst war sie beim BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Anm. d. Red.) vorgeladen. Dort wurde ihr Antrag abgelehnt. Die Begründung war, dass sie ihren Glauben nicht glaubhaft habe darstellen können. Das bedeutet auch, dass das sehr schwierig ist. Sie hat die Taufbescheinigung, ihre Mitgliedschaft in den Gemeinden wird bescheinigt. Sogar der Haftbefehl liegt vor.

Was passierte dann?
Dann ging es zur nächsten Station, dem Verwaltungsgericht in Gießen. Auch hier wurde ihr Antrag mit ähnlichen Worten abgelehnt. Der Rechtsanwalt hat Berufung eingelegt. Der Fall ging vor den Verwaltungsgerichtshof in Kassel – ohne Erfolg. Vor etwa fünf Wochen hat der Rechtsanwalt dann einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt. Auch der wurde nicht angenommen.

„Interessant ist, dass die iranischen Behörden Mahsa ihr Christsein mehr glauben als deutsche Gerichte.“

Wie können so viele Ämter irren?
Ich habe den Eindruck, dass die Justiz in Deutschland mitunter blind ist. Ich kenne viele Flüchtlingsschicksale. Das ist eine Linie, die sich durchzieht. Die Justiz ändert in der Regel die Meinung des BAMF nicht. Der andere Punkt ist, dass diese Verhandlungen am Fließband stattfinden, weil so viele Flüchtlinge gekommen sind. Aber das, was die Verfassungsrichter da tun, ist eine Beugung des Grundgesetzes. In der Verfassung steht, dass Flüchtlinge bei Verfolgung aus religiösen Gründen ein Bleiberecht haben. Dem ist hier widersprochen worden. Interessant ist, dass die iranischen Behörden Mahsa ihr Christsein mehr glauben als deutsche Gerichte. Uns bleibt jetzt nur noch, dass der Bund über eine Petition und eine Härtefallkommission beschließt, dass sie Bleiberecht bekommt.

Was droht Mahsa im Iran?
Wenn Mahsa im Iran am Flughafen ankommt, wird man sie unserer Einschätzung nach festnehmen und ins Gefängnis stecken. Ihre Familie hat großes Interesse daran, dass sie durch Folter ihren Glauben ändert. Falls das nicht geschieht, muss sie mit dem Tod rechnen. Ihre Familie kann es sich nicht leisten, dass sie als Christin lebt.

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Für Mahsa haben Sie die „Christliche Initiative Herborn“ gegründet und einen Gebetsmarsch veranstaltet.
Der Gebetsmarsch war etwas, was es in Deutschland nicht häufig gibt. Es war ein Wagnis, wir hatten nur eine Vorbereitungszeit von anderthalb Wochen. Das hätte auch in die Hose gehen können. Trotzdem haben sich an diesem Tag etwa 250 bis 300 Christen aus allen geistlichen Richtungen von der Brüdergemeinde bis zur katholischen Kirche vor der evangelischen Kirche versammelt. Gemeinsam sind wir mit Trompeten und Posaunen durch die Stadt marschiert. Wir haben das Glaubensbekenntnis gesprochen, gemeinsam „Großer Gott, wir loben dich“ gesungen und zum Schluss hat ein Pastor eine Kurzpredigt gehalten.

„Es könnten Huntertausende Unterschriften sein. Das ist das einzige, was Politiker umstimmen könnte.“

Außerdem gibt es die Petition „SOS – für Mahsa – stoppt Abschiebung in den Iran“. Wie steht es darum?
Mit dem heutigen Stand haben wir online 2.150 Unterschriften [Anm. d. Red.: Zum Erscheinen des Artikels am 3. Juli waren es knapp 2.900]. Das ist mir angesichts der Bekanntheit ihres Falls zu wenig. Wenn man die Dramatik sieht, dass wir eine Christin in den Iran zurückschicken, wo ihre Häscher warten, die ihr nach dem Leben trachten.

Wie viele Unterschriften erhoffen Sie sich?
Es könnten Huntertausende Unterschriften sein. Das ist das einzige, was Politiker umstimmen könnte. Die Unterschrift kann auch anonym stattfinden. Das tut keinem weh.

Mahsa ist nur ein Schicksal von vielen. Wieso setzen Sie sich gerade für Sie ein?
Ich habe 100.000 Flüchtlinge persönlich gesehen, habe ihre sozialen Probleme kennen gelernt und kann den Grund für ihre Flucht nach Deutschland erahnen. Für mich ist Mahsa die einzige, bei der ich wirklich überzeugt bin, dass verfassungswidrig gehandelt wird. Sicher sind mehr Flüchtlinge Christen geworden. Aber sie ist der erste Fall, wo es zu so einer Entscheidung kommt. Hier muss im Rahmen der Nächstenliebe gehandelt werden.

„Da Gott mächtig ist, gehe ich davon aus, das Mahsa bleibt.“

Was passiert jetzt?
Wir werden weitermachen. Jeden Freitag stehen wir auf dem Herborner Marktplatz und lesen Kommentare aus der Online-Petition vor. Wir werden für Mahsa beten. Und wir werden die Erinnerung an den Fall für sie wachhalten. Es wäre eine Katastrophe für Deutschland, wenn diese Frau nach Teheran zurückkehren muss. Und auch dann werden wir weiter aktiv sein.

Wie wahrscheinlich ist es, dass sie siegen?
Wir haben Gott gebeten, dass er dafür sorgt, dass Mahsa bleiben kann. Und da Gott mächtig ist, gehe ich davon aus, das Mahsa bleibt. Nicht, weil ich auf Menschen vertraue, sondern weil ich auf Gott vertraue.


Die Petition ist für Mahsa ist hier zu finden.

Jesus.de hat das Bundesverfassungsgericht in einer schriftlichen Anfrage um Stellungnahme zu dem Fall und der Thematik allgemein gebeten. Da der Klarname von Mahsa der Redaktion jedoch nicht bekannt ist, konnte auch das Verfassungsgericht keine Angaben zum Fall machen. Allgemeine Auskünfte über die Verfahrensweise bei christlichen Flüchtlingen konnte die Pressestelle des Gerichts ebenfalls nicht geben. Statistiken diesbezüglich, die über die Jahresstatistik hinausgehen, werden nicht erstellt.

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