Ludwig Helmbold dichtete das Lied in der Reformationszeit. Aufgrund seiner Glaubensüberzeugungen musste er von seinen Ämtern zurücktreten.
1 Von Gott will ich nicht lassen,
denn er lässt nicht von mir,
führt mich durch alle Straßen,
da ich sonst irrte sehr.
Er reicht mir seine Hand;
den Abend und den Morgen
tut er mich wohl versorgen,
wo ich auch sei im Land.
2 Wenn sich der Menschen Hulde
und Wohltat all verkehrt,
so findt sich Gott gar balde,
sein Macht und Gnad bewährt.
Er hilft aus aller Not,
errett‘ von Sünd und Schanden,
von Ketten und von Banden,
und wenn‘s auch wär der Tod.
3 Auf ihn will ich vertrauen
in meiner schweren Zeit;
es kann mich nicht gereuen,
er wendet alles Leid.
Ihm sei es heimgestellt;
mein Leib, mein Seel, mein Leben
sei Gott dem Herrn ergeben;
er schaff‘s, wie‘s ihm gefällt!
4 Es tut ihm nichts gefallen,
denn was mir nützlich ist.
Er meint‘s gut mit uns allen,
schenkt uns den Herren Christ,
sein eingebornen Sohn;
durch ihn er uns bescheret,
was Leib und Seel ernähret.
Lobt ihn in‘s Himmels Thron!
5 Lobt ihn mit Herz und Munde,
welchs er uns beides schenkt!
Das ist ein selge Stunde,
darin man sein gedenkt;
denn sonst verdirbt all Zeit,
die wir zubringn auf Erden.
Wir sollen selig werden
und bleibn in Ewigkeit.
Text: Ludwig Helmbold (1532 – 1598)
6 Auch wenn die Welt vergehet
mit ihrem Stolz und Pracht,
nicht Ehr noch Gut bestehet,
das vor ward groß geacht,
wir werden nach dem Tod
tief in die Erd begraben:
wenn wir geschlafen haben,
will uns erwecken Gott.
7 Die Seel bleibt unverloren,
geführt in Abrams Schoß,
der Leib wird neu geboren,
von allen Sünden los,
ganz heilig, rein und zart,
ein Kind und Erb des Herren;
daran muss uns nicht irren
des Teufels listig Art.
(Diese Strophe steht nicht
im Evangelischen Gesangbuch.):
8 Darum, ob ich schon dulde
hier Widerwärtigkeit,
wie ich auch wohl verschulde,
kommt doch die Ewigkeit,
ist aller Freuden voll,
die ohne alles Ende,
dieweil ich Christum kenne,
mir widerfahren soll.
9 Das ist des Vaters Wille,
der uns geschaffen hat.
Sein Sohn hat Guts
die Fülle erworben uns und Gnad.
Auch Gott, der Heilig Geist,
im Glauben uns regieret,
zum Reich der Himmel führet.
Ihm sei Lob, Ehr und Preis!
In anderen Ländern Europas war die Melodie des Liedes bekannt: als „Une jeune fillette“ in Frankreich, in Italien als „La Monica“, in England als „Queens Alman“. Erstmals ist sie 1557 in Lyon publiziert worden. Sie sind verbunden worden mit dem geistlichen Text. Etwa achtzig Jahre später entstand übrigens ein weiterer, ein adventlicher Text, der ebenfalls auf diese Melodie gesungen wird. Sie steht in Moll, aber sie zu singen macht nach meiner Erfahrung überhaupt nicht traurig. Sie ist recht eingängig und dabei harmonisch so vielfältig, dass sie das Thema „Vertrauen trotz Angst und Not“ allein vom Klang her gut abbildet. Der Liederdichter Ludwig Helmbold kam aus Mühlhausen in Thüringen: Dort wurde er 1532 als Sohn eines Wollenwebermeisters geboren und starb ebendort im Jahr 1598. Studiert hat er in Leipzig und Erfurt. Seine Karrierelinie ging zunächst nach oben: Er war Konrektor am Erfurter Pädagogium, anschließend Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Erfurt. Im Jahr 1566 dann ein Höhepunkt in seinem Leben: Auf dem Reichstag zu Augsburg wurde er durch Kaiser Maximilian II. mit dem Dichterlorbeer gekrönt. Der Wendepunkt geschah im Jahr 1570. In den Auseinandersetzungen der Gegenreformation musste er aufgrund seines starken evangelischen Glaubensbekenntnisses von seinen Ämtern zurücktreten und ging nach Mühlhausen zurück. Ab 1571 wirkte er zunächst als Lehrer, dann als Pfarrer der Marienkirche, ab 1586 als Superintendent. Im Alter von 66 Jahren starb er an den Folgen einer Gelbsuchterkrankung. Das Lied spricht vom Vertrauen auf Gott. Aber nicht im Abstrakten oder Allgemeinen, sondern im Persönlichen, ja andeutungsweise sogar Gefühlshaften. Der Dichter sagt an etlichen Stellen in den acht Strophen seines Liedes „Ich“: Damit wird mir – wenn ich seine Worte singe – aber nichts aufgezwungen, ich fühle mich vielmehr freundlich eingeladen, ebenfalls an meinem Vertrauen zu Gott festzuhalten. Und das, wenn Menschen sich von mir abwenden, wenn die Zeiten schwer sind, wenn die Welt vergeht, wenn unser Leben zu Ende geht. Darum gebührt Gott „Lob, Preis und Ehr“: Gott dem Vater, denn sein Wille ist ein guter Wille; Jesus, seinem Sohn, der uns Gnade erworben hat; und dem Heiligen Geist, der uns im Glauben regiert und zum Himmel führt. Damit ist eigentlich alles Wichtige gesagt – oder noch besser natürlich: gesungen. Übrigens hat Johann Sebastian Bach eine Strophe dieses Liedes ans Ende einer seiner Kantaten gesetzt und über die Melodie ein größeres Orgelwerk komponiert. Was mich persönlich betrifft: Auch deshalb mag ich dieses Lied, weil mir die entsprechende Nummer im Evangelischen Gesangbuch ein Signal gibt. Wofür – das will ich nicht verraten, denn dann hätte ich schon zu viel gesagt.
Dr. Ute Zintarra ist Musikwissenschaftlerin, Kirchenmusikerin und hat als Musikredakteurin bei ERF Medien gearbeitet.