Aufbruch ins Ungewisse: Peter Strauch schrieb dieses Lied für eine Person, die unter schwierigen Bedingungen einen Ortswechsel zu bewältigen hatte.
Von Dr. Ute Zintarra
1. Wir sind in Gottes Händen, sind geborgen in ihm.
So lasst uns das Jahr beginnen, lasst uns gehn.
Vieles ändert das Gesicht, aber Gottes Liebe nicht,
seine wunderbare Gnade bleibt bestehn.
2. Bleibt uns auch verhüllt, wie das Jahr sich füllt,
werden wir doch nicht verlassen sein.
Der das Leben lenkt, unsre Namen kennt,
er lässt uns an keinem Tag allein.
Wir sind in Gottes Händen …
3. Haben wir versagt, werden wir verklagt, so steht er doch zu uns, er bleibt treu. Unser Gott vergibt, weil er uns so liebt. Seine Gnade, die ist täglich neu. Wir sind in Gottes Händen …
4. Wie die Zeit verfliegt, Leben weiterzieht, gestern Zukunft, heut‘ Vergangenheit. Er, der immer war, ist auch morgen da. Ihm gehören Zeit und Ewigkeit. Wir sind in Gottes Händen …
Text und Melodie: Peter Strauch (1997)
Dieses Lied greift die Gedanken, Gefühle und Fragen am Anfang eines neuen Jahres auf. Aber was auch immer die Zweifel, Sorgen und Ängste sein mögen – ihnen wird der Zuspruch entgegengehalten: Wer mit Gott in das Neue hineingeht, darf seiner unverrückbaren Liebe, seiner wunderbaren Gnade und seiner Treue sicher sein. Die braucht doch jeder. Oder können Sie auf folgende Fragen frei heraus mit „JA“ antworten? Lieben Sie Veränderungen, Neu-Anfänge, Aufbrüche in Unbekanntes? Sind Sie von Natur aus unternehmungslustig, mutig und zuversichtlich, dass es gut werden wird? Wenn Sie hier „ja“ sagen können, dann sage ich meinerseits „Herzlichen Glückwunsch!“ Vermutlich gehören Sie aber nicht zu einer Mehrheit.
Für viele ist der Jahreswechsel eine gute Gelegenheit für einen Rück- und Vorausblick. Um zurückzublicken, nimmt manch einer seinen alten Kalender zur Hand und lässt noch einmal Revue passieren, was alles so geschehen ist. Vermutlich wird bei den allermeisten am Ende die Bilanz gemischt ausfallen. Da ist einerseits viel Gutes gewesen – was im Rückblick noch mal dankbar macht. Da ist aber auch festzustellen, wie viel Misslungenes, Ärgerliches, Trauriges, Schuldhaftes sich im alten Jahr angesammelt hat. Und dann der Gedanke an das neue Jahr. Da ist natürlich die Frage, was es bringen wird – außer natürlich, dass wir alle miteinander Tag für Tag älter werden und damit der Ewigkeit ein Stück näherrücken. Vielleicht gibt es schöne Pläne, aber vielleicht gibt es auch konkrete Sorgen und Fragen und Ängste. Das neue Jahr – ein neues, unbekanntes Land.
Alle diese Befindlichkeiten und Fragen stehen im Hintergrund von „Wir sind in Gottes Händen“. Laut Peter Strauch ist es ursprünglich für jemanden entstanden, der unter schwierigen Bedingungen einen Ortswechsel zu bewältigen hatte. Was braucht man da vor allem? Den unbedingten Zuspruch, dass es einen gibt, in dessen starker Hand die ganze Existenz aufgehoben und gehalten ist. Und der verlässlich immer der Gleiche ist, wie sehr die Umstände und man selbst sich auch verändern mögen.
Alles ist im Fluss, alles verändert sich – irgendwie eine Binsenweisheit. Aber es kann für den einen oder anderen auch eine existenzielle Erschütterung bedeuten. Das Lied bringt zum Ausdruck, dass es einen Kontrapunkt dazu gibt, einen Halte- und Orientierungspunkt. Gott verändert sich nicht: Er ist gestern, heute und morgen immer der Gleiche in seiner Liebe zu seinen Menschen. Er kennt uns mit Namen. Er lässt uns nicht allein.
Und dann ist im Lied da noch die Sache, die wichtige Sache mit der Gnade und der Vergebung. Warum? Auch eigene Erfahrungen sind darin aufgehoben; das habe ich vom Liederdichter erfahren. Denn nicht nur der Blick in die Zukunft kann beschweren. Ich drücke es mal persönlich aus: Wie viel Schuld und Versäumnisse habe ich auf mich geladen! Wie oft war ich nicht zur Stelle, als ich gebraucht wurde! Wie oft habe ich Menschen verletzt – auch wenn ich es nicht beabsichtigt hatte! Und und und … All das kann eine Hypothek sein, wenn man das neue Jahr anfängt – wäre da nicht die Einladung von Gott her, Vergebung und damit Entlastung zu erfahren. Wie schön und ermutigend ist es, wenn wir den Gedanken fassen und tief ins Herz fallen lassen können: Unsere eigene kleine Lebenszeit und alles, was dazugehört, ist aufgehoben bei dem, dem Zeit und Ewigkeit gehören.
Dr. Ute Zintarra ist Musikwissenschaftlerin, Kirchenmusikerin und hat als Musikredakteurin bei ERF Medien gearbeitet.