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Peter Freudenthaler: „Man darf sich nicht wichtiger nehmen, als man eigentlich ist!“

Nicht viele Bands schaffen es, über Jahrzehnte erfolgreich im Musikgeschäft zu sein. Ihren größten Hit hatten „Fools Garden“ bereits 1995, doch auch heute noch gilt „Lemon Tree“ als das Aushängeschild. Auf dem Ökumenischen Kirchentag sprachen wir mit Fools Garden-Gründer und Leadsänger Peter Freudenthaler über Gott, die Welt und warum Sprudel holen zur Bodenständigkeit verhilft.

Von Henrike Fischer und Christine Winkler

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Was hat euch zu eurem Bandnamen „Fools Garden“ inspiriert?

Das kam aus einer Bierlaune heraus. Wir saßen abends zusammen in einem Lokal, haben gegessen, ein Bier getrunken und uns überlegt, wie wir unser neues Album nennen. Uns kam „Garden“ in den Kopf und irgendwann schallte „Fools Garden“ durch den Raum. Dann war der Name für das Album geboren. Als es dann um die Bandgründung ging, gefiel uns der Name immer noch so gut, dass wir gesagt haben, wir nennen einfach die ganze Band „Fools Garden“.

Volker und du – ihr habt die Band ja gegründet und kennt euch jetzt schon eine halbe Ewigkeit. Wie lange denn genau?

Seit 1991. Wir haben beide Medientechnik studiert in Stuttgart und festgestellt, dass wir seit Kindheitstagen eigentlich nur drei Kilometer voneinander entfernt gelebt haben in kleinen Dörfern der Umgebung. Das war schon irgendwie eine witzige und im Nachhinein auch schicksalhafte Begegnung.

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Habt ihr euer Studium beendet?

Ich hätte noch zwei mündliche Prüfungen machen müssen und die Diplomarbeit schreiben. Soweit ist es allerdings nicht mehr gekommen, da kurz vor Ende des Studiums „Lemon Tree“ zum Hit avancierte. Und dann war plötzlich „ausstudiert “. Allerdings hatte das Studium ab dem 2. Semester sowieso nur noch Alibi-Charakter, da wir eigentlich mehr Zeit in die Band als ins Studium investiert hatten.

Euer Hit „Lemon Tree“ war euer endgültiger Durchbruch. Wie habt ihr es geschafft, danach auf dem Boden zu bleiben?

Diese Frage ist ganz einfach zu beantworten: Wenn Du nach einem Konzert nach Hause kommst und dir deine Freundin sagt: „Geh mal in den Keller und hol Sprudel hoch“, dann weißt du gleich wieder, wer Du bist.

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Die Erziehung meiner Eltern und die Tatsache, dass wir alle vom Dorf kommen, tut hier sicher ein Übriges. Da haben wir halt alle schon recht früh mitgekriegt, dass man sich nicht wichtiger nehmen darf, als man eigentlich ist!

Nach einigen Schwierigkeiten mit euren Plattenfirmen hat sich die ursprüngliche Band 2003 getrennt…

Ja, da ging es um diese ganzen Register, die man ziehen muss: Promotionsreisen, Radiotermine, viele Interviews. Wir hatten einfach irgendwann nur noch ein geschäftliches Verhältnis miteinander, sind auf die Bühne gegangen, haben gespielt und dann haben sich unsere Wege wieder getrennt. Letztendlich haben wir uns im gegenseitigen Einverständnis getrennt, weil es einfach keinen Spaß mehr gemacht hat. Es war es ein logischer Schritt, der natürlich auch ein Stückweit weh getan hat.

Habt ihr jetzt eine Plattenfirma, wo ihr fest seid?

Wir haben ein eigenes Label gegründet und haben jetzt einfach mehr Freiheiten in vielen Bereichen. Da wo früher von der Plattenfirma ein Veto eingelegt wurde, können wir jetzt frei entscheiden und das tut unglaublich gut. Das bringt natürlich auch gewisse Schwierigkeiten mit sich, weil man viel mehr ackern muss. Aber unterm Strich war dieser Schritt äußerst positiv!

Letztes Jahr haben wir zudem einen Vertrag mit BMG RIGHTS Management unterschrieben, einer neu gegründeten Firma in Berlin, die sich in erster Linie um die Rechte der Songs kümmert. Wir haben aber noch die Freiheit, selbst zu entscheiden, was wir an Songs veröffentlichen oder was die nächste Single sein wird.

Wie schafft ihr es auf euren Konzerten, immer wieder gute Laune zu verbreiten?

Oh, wie machen wir das? Ich glaube es liegt in erster Linie daran, dass wir das, was wir tun, unglaublich gerne tun. Wir konnten unsere große Leidenschaft zum Beruf machen – und das ist jedem von uns sehr bewusst. Wir lieben, was wir tun.

Außerdem gibt es so eine Schwelle, die man überschreitet, wenn man auf die Bühne geht. Es wäre blöd, wenn wir unsere privaten Sorgen, die wir natürlich auch manchmal haben, mit auf die Bühne brächten und das Publikum damit runter zögen . Ich kann ganz gut umswitchen und dann macht mir das, was wir tun, einfach so viel Spaß, dass ich mich wohl fühle.

Ein Stück weit kommt natürlich auch die Erfahrung dazu, die wir nach all den Jahren haben. Die Nervosität, die man noch vor Jahren hatte, ist inzwischen abgelegt.

Ihr seid inzwischen schon häufiger auf Kirchentagen aufgetreten. Spielt der Glaube denn eine Rolle in deinem Leben?

Ich bin schon ein religiöser Mensch und glaube auch, dass es da – was auch immer – etwas geben muss, was wir rational allerdings nicht erfassen können. Bei dem Thema Kirche bin ich etwas gespalten: Einerseits finde ich es total wichtig, dass es die Kirche gibt. Auf der anderen Seite hab´ ich mit der INSTITUTION nicht viel am Hut. Ich glaube zwar, dass Kirche für viele Menschen unglaublich wichtig ist, habe aber den Eindruck, dass sie die Menschen oftmals nicht wirklich erreicht. Das finde ich sehr bedauernswert. Ich selbst habe in diesem Bereich eine etwas seltsame Entwicklung hinter mir.

Erzählst du uns davon?

Als Kind habe ich – evangelisch getauft – in einem überwiegend katholischen Dorf gelebt, in dem sich ein katholischer Pfarrer sehr stark engagiert hat. Das war ein ganz, ganz toller Mensch und ich habe ihn eigentlich völlig losgelöst gesehen von der Kirche. Ich bin damals immer in den katholischen Jugendgottesdienst gerannt und habe mir Treuestempel geholt. Wie gesagt: Eigentlich war ich evangelisch, aber dieser Pfarrer hat meine Kindheit so stark geprägt, dass ich sogar konvertieren wollte.

Wie ging es dann weiter?

Ich bin von zu Hause nie angehalten worden, in die Kirche zu gehen, habe das dann auch später nie oder nur ganz selten gemacht. Ich fand es immer blöd, wenn Leute, die das ganze Jahr nicht in die Kirche gegangen sind, ausgerechnet an Weihnachten oder Ostern gingen.

Was genau stört dich an der Institution?

Ich wundere mich manchmal, dass in einer so aufgeklärten Welt, in der wir heute leben, alles so verkompliziert wird. Viele Dinge sind so fest geritten. Ich kann mit dem ganzen Ablauf im Gottesdienst nichts anfangen. Zum Großen langweilt er mich sogar. Ich denke immer, dass die Kirche es in ihrer Struktur nicht schafft, einen Gottesdienst hinzukriegen, der es in sich hat. Wo Leute, die sonst nicht in die Kirchen gehen, das Gefühl haben, sie müssen wieder kommen, weil man sich einfach wohlfühlt.

Man muss sich auch mal diese Lachhaftigkeit vorstellen, dass es immer noch zwei Kirchen gibt oder überhaupt so viele verschiedene Religionen. Wir sind doch von dem Punkt weg und wissen genau, dass es nicht 20 Götter gibt oder für mich auch nicht diesen einen Gott, den man seinen Kindern beschreibt. Wenn mein Sohn mich nach dem lieben Gott fragt, verleumde ich ihm den nicht, sondern erzähle vom lieben Gott, weil ich es als schönes Bild empfinde.

Ich glaube aber auch, dass es sehr wichtig ist, sich ein wandelbares Glaubens – bzw. Gottesbild zu bewahren.

Was erzählst du deinem Sohn dann von Gott?

Für meinen Sohn ist es sehr wichtig, dass es den „lieben“ personifizierten Gott gibt, der im Himmel wohnt und der uns alle bewacht und beschützt.

Für mich funktioniert dieses Bild so nicht mehr. Allerdings habe ich kein Problem damit, meinem Sohn vom lieben Gott zu erzählen, weil ich spüre, dass es ihm gut tut. Ihm irgendetwas von einer Kraft oder Energie zu erzählen würde ihn überfordern. Deshalb versuche ich das erst gar nicht. Er braucht noch diese Personifizierung.

So stellst du dir Gott vor – als eine Kraft?

Ich hatte als Kind schon die größten Schwierigkeiten, mir das vorzustellen: Wie ist die Unendlichkeit? Wo kommen wir alle her? Wo gehen wir hin? Wie hat das alles angefangen? Das kann sich niemand vorstellen, deshalb lasse ich es einfach. Ich versuche, das, was mich umgibt, als etwas Göttliches hinzunehmen, was ich nicht verstehe, aber was ich unglaublich schön finde. Diese Schönheit und dieses nicht erklären können unseres Seins – das ist Gott für mich. Das muss ich gar nicht näher beschreiben.

Sehnst du dich nicht manchmal nach „mehr“?

Ich bin hier hergekommen, auf diese Welt. Ich weiß nicht, was davor war, ich weiß nicht, was danach kommen wird. Deswegen ist für mich der Ist-Zustand wichtig. Ich bin jetzt hier und ich genieße das alles total und freue mich, dass ich lebe. Alles um mich herum, das ist so unglaublich. Aber der Begriff der Göttlichkeit ist einfach wandelbar. Wir müssen uns über die Schönheit und das Glück bewusst sein, das wir hier erfahren. Und dass es da irgendwas gibt, das uns trägt, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber ich tue mich schwer mit der Bibel und den Geschichten. Das sind schon alles Hilfestellungen und Brücken und teilweise auch sehr viel schöne Sachen mit sehr viel Weisheit, aber ich würde es nicht als das Nonplusultra sehen.

Musik spielt in deinem Leben ja eine große Rolle. Findest du daher auch Musik besonders wichtig in einem Gottesdienst?

Singen kann so etwas Therapeutisches haben: Man kann sich völlig loslassen. Ich bin eigentlich nicht der Fronttyp, sondern eher zurückhaltend und war auch früher nicht gerade mit Selbstsicherheit überschüttet. Aber wo ich mich immer komplett wohl gefühlt habe, war, wenn ich meine Augen zumachen und singen konnte. Dann war mir immer egal, was irgendjemand über mich denkt. Und ich glaube, dass kann jedem Menschen so gehen: Wenn er sich mal traut, zu singen und sich einfach gehen lässt, dann ist es ein unglaublich schönes Gefühl. Eine göttliche Schwingung sozusagen.

Bei meinem letzten Gottesdienstbesuch (der Kommunion meiner zweiten Tochter) hab´ ich es sehr bedauert, dass da Lieder gesungen wurden, die irgendwie niemand so wirklich kannte und so hat sich das dann auch angehört. Ich hatte das Gefühl, dass jeder froh war als es vorbei war. Und das sollte ja eigentlich nicht der Fall sein! Auch das restliche Procedere war mir zu steif und nicht wirklich kindgerecht umgesetzt. Schade eigentlich, wenn man bedenkt , dass die Kirche an so einem Tag , an dem die Hütte voll war, nicht die Chance ergriffen hat, für ein einstündiges Wohlgefühl bei den Besuchern zu sorgen.

Unter anderem war das einer der Gründe, weshalb ich vor Jahren aus der Kirche ausgetreten bin. Die Kirche hat mich nicht mehr erreicht und ich denke , dass aus ebendiesem Grund so viele Menschen in fernöstliche Religionen flüchten, wo bestimmte Dinge eine größere Rolle spielen und die Menschen da abholen , wo sie es brauchen.

Auf der anderen Seite habe ich aber kein Problem damit, auf dem Kirchentag zu spielen und es hat mir auch bisher jedes Mal viel Spaß gemacht, obwohl wir ja eigentlich keine `religiösen` Lieder spielen. Die Menschen auf dem Kita singen immer aus vollen Kehlen mit und strahlen über „alle vier Backen “! Finde ich echt cool, dass das geht.

Stellst du denn einen Unterschied im Publikum fest, wenn du hier auf dem Kirchentag oder bei anderen Veranstaltungen spielst?

Also beim ersten Mal haben wir uns schon gefragt, was uns erwartet. Wir waren aber sehr positiv überrascht was für eine unglaubliche Stimmung während des Konzerts aufkam. Es hat unglaublich gerockt. Das hat uns wieder einmal gezeigt: Singen, Klänge, Melodie sind einfach etwas total Wichtiges und Universelles, das alle Menschen verbindet.

Vielen Dank für das Gespräch!

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