„Christen rennen immer dem Zeitgeist nach“, lautet ein häufiges Vorurteil. Dabei basiert Nachhaltigkeit auf christlichen Werten.
Von Ulrich Wendel
„Christen sind der gesellschaftlichen Entwicklung ja immer zwanzig Jahre hinterher! Wenn alle Welt über Nachhaltigkeit redet, dann machen es die Christen auch irgendwann. Typisch!“
So ungefähr lautet das Vorurteil, das viele haben. Ein wahrer Kern steckt ja darin: Die Frommen sind nicht immer Vorreiter gewesen, wenn es darum ging, aktuelle Herausforderungen zu benennen. Doch ein Punkt in diesem Vorurteil ist komplett falsch: dass Nachhaltigkeit ein Zeitgeist-Thema des 21. Jahrhunderts wäre.
Gehen wir ins Jahr 1713. In Leipzig erscheint ein Buch mit dem schönen Titel: „Sylvicultura oeconomica, oder haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur wilden Baum-Zucht …“ – und dann folgen gut 200 (!) weitere Worte, die den Titel des Werks bilden. Verfasser ist der erzgebirgische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz (1645–1714).
Nachhaltigkeit im Jahr 1713
Das Land ist geprägt von den Verwüstungen des Dreißigjährigen Kriegs und dann von den Spuren früher Industrialisierung. Der rasant wachsende Bergbau verschlingt Unmengen an Holz – zur Stützung der Stollengänge und als Brennholz für die Erzschmelze. Die Wälder sind dramatisch gelichtet. Es fehlt nicht viel bis zum kompletten Kahlschlag.
Carlowitz ist Jurist und Bergbau-Fachmann, doch weil der Bergbau ohne Holz eben nicht denkbar ist, eignet er sich forstwirtschaftliche Kenntnisse an. Und bringt nach jahrzehntelanger Arbeit dann ein Jahr vor seinem Tod das Werk heraus, das die Zukunft der Wälder sichern soll. Der Begriff „nachhaltig“ kommt auf den 432 Seiten nur einmal vor, doch er hat Geschichte gemacht.
Die betreffende Passage würde im heutigen Deutsch ungefähr so lauten: „Also besteht die größte Kunst, Wissenschaft, Fleiß und Gestaltung unserer Länder darin, die Bewahrung und den Anbau des Holzes so vorzunehmen, dass es eine fort-dauernde, beständige und nachhaltende Nutzung gibt, denn dies ist unentbehrlich und ohne dies kann das Land in seiner Existenz nicht bestehen bleiben.“ Nachhaltend heißt dabei ganz schlicht: Fälle nur so viele Bäume, wie du dann auch wieder anpflanzt, sodass der Gesamtbestand des Waldes auf Dauer gleichbleibend ist.
Geschrieben 1713! Von heutigem Zeitgeist kann keine Rede sein. Und das Konzept an sich ist noch deutlich älter. Aus Frankreich ist eine entsprechende Verordnung aus dem Jahr 1346 belegt, und die Grundlagen für solches Denken finden sich schon im römischen Recht.
Ein christliches Konzept?
War von Carlowitz ein Christ? Können Christen etwa beanspruchen, das Konzept der Nachhaltigkeit nicht später kopiert, sondern sogar erfunden zu haben? Nun, erfunden hat es ja, wie gesagt, schon von Carlowitz nicht. Doch ruhen seine ökologischen Einsichten auf christlichem Fundament? Seine Schulbildung erlangte er auf einem lutherischen Gymnasium. Doch Glaube und Kirche waren damals generell stark humanistisch geprägt.
Ob der Oberberghauptmann allgemein von frommem Gemüt war oder ob er sich als dezidierter Jesus-Nachfolger verstand, muss vielleicht offen bleiben. Christlich beeinflusst waren seine Gedanken jedoch durchaus. Über dem Titelblatt seines Buches mit dem mehr als 200 Worte langen Titel steht die Anrufung „Mit Gott!“ gedruckt.
Von Carlowitz zitiert auch den Reformator Philipp Melanchthon, der meinte, Gott werde jeden mit seinem Zorngericht heim-suchen, der die Natur ausbeutet. In einigen Illustrationen seines Buchs ist die segnende Hand Gottes abgebildet. Manche Autoren nennen ihn einen „gläubigen Christen“. Eindeutige Textbelege habe ich nicht gefunden – aber klar ist: Von Carlowitz geht von einer Natur aus, die von Gott kommt und unter Gott steht.
Nachhaltigkeit – ist es also ein christliches Konzept? Ein biblisches gar? Ich meine: Auf jeden Fall. Selbst wenn es das Buch Sylvicultura oeconomica nicht gegeben hätte. Denn Nachhaltigkeit heißt ja, auch abgesehen von der Forstwirtschaft und allgemein ausgedrückt: Du und deine Generation, ihr sollt nicht heute all das verzehren, was die Generationen nach euch noch als Lebensgrundlage brauchen. Oder noch plakativer: Verjubelt die Ressourcen eurer Enkel nicht!
Generationsübergreifend denken
Die Bibel hat an vielen Stellen ein großes Interesse an den jeweils nachfolgenden Generationen. Das fängt damit an, wie man sich an Gott ausrichtet. Wer ihn aufrichtig sucht, löst Segen für tausend Generationen aus, und wer Gott verachtet, bringt Schuld über drei oder vier Generationen nach ihm.
Diese Aussicht ist an hervorgehobener Stelle, im Rahmen des zweiten Gebotes, ausgesprochen. Das ist nur ein Beispiel von vielen, die in der Bibel für generationsübergreifendes Denken stehen. Wir müssen uns bewusst sein, dass unser Verhalten Einfluss hat auf das Ergehen der Generationen nach uns, im Guten und im Schlechten. Diese Sichtweise ist ein biblisches Grundmuster.
Na gut, könnte man sagen, aber in der Bibel ist das doch primär auf „geistliche Dinge“ bezogen: auf Gottesfurcht, auf Gehorsam gegenüber den Geboten, auf die Weitergabe von Glaubensüberlieferung. Wer hier treu ist, stiftet Segen für Kinder und Enkel.
Tatsächlich aber ist die Bibel nicht so eng auf „geistliche Dinge“ fokussiert (wie auch immer man diese definieren wollte). Gerade auch das generationenübergreifende Denken hat materielle, ja sogar ökologische Aspekte. Ein Beispiel dafür ist Paulus, der den Weisheitssatz formuliert: „Die Kinder sollen nicht für die Eltern Schätze sammeln, sondern die Eltern für die Kinder“ (2. Korinther 12,14). Der Zusammenhang, in dem der Apostel dies schreibt, ist – Geld. Paulus spricht die materielle Versorgung an, im weiteren Sinne: Ressourcen und Lebensgrundlagen.
Die Bibel hat an vielen Stellen ein großes Interesse an den jeweils nachfolgenden Generationen. Das generationenübergreifende Denken hat auch materielle, ja ökologische Aspekte.
„Enkelgerechtigkeit“ in der Bibel
Ein weiteres Beispiel finden wir in Psalm 37. Dieser ganze Davidspsalm ist durchzogen von dem Blick auf die nachfolgenden Generationen. Wer gerecht lebt, dessen Nachkommen werden genug zu essen haben und Segen verbreiten (Vers 25-26). Immer wieder ist vom gesegneten „Erbteil“ die Rede. Dies besteht konkret in Landbesitz. Gemeint ist Acker- oder Weideland – die Ressource für eine versorgte Zukunft. Eine Ressource, von der wir heute wissen: Die ökonomische Funktion solchen Landes ist nur gegeben, wenn die ökologische Funktion intakt ist.
Nachhaltigkeit ist ein Wert, den man nicht nur allgemein christlich begründen kann, sondern auch speziell in der Bibel findet.
Das verantwortungsvolle, generationenübergreifende Denken der Bibel ist eng verwandt mit dem Nachhaltigkeitskonzept. In der aktuellen Diskussion wird das oft verknüpft mit dem Begriff „Enkelgerechtigkeit“. Ich finde, das ist ein Wert, den man nicht nur allgemein christlich begründen kann, sondern auch speziell in der Bibel findet. Denn die Bibel enthält geradezu ein Gebot zur ökologischen Nachhaltigkeit.
Dr. Ulrich Wendel ist Redakteur im SCM Bundes-Verlag.

Dieser Artikel ist in der Zeitschrift andersLEBEN erschienen. andersLEBEN erscheint im SCM Bundes-Verlag, zu dem auch Jesus.de gehört.
Was für die Bäume gilt, gilt auch für die Menschen, wenn es da keinen „Nachwuchs“ gibt stirbt der „Wald“.
Aber das hören die woken Mädels nicht so gern, Bäumchen pflanzen ja gerne, aber Mutter werden?
Da haben die 68er ganze Arbeit geleistet und Politik und Medien haben brav flankiert !
Die Weltbevölkerung wächst ständig, inzwischen auf ein bedenkliches Niveau. Wo ist da dein wokes Problem?
Oder zählen für dich nur Deutsche?
Menschheitsprobleme müssen wir gemeinsam angehen
Hier gebe ich vor allem auch Chey recht. Es zählen nicht nur Deutsche, sondern Menschen. Und es zählt eigentlich auch die gesamte Schöpfung.
Dem lieben Stammtischbruder sei mitgeteilt, daß es sicherlich nicht nur für unser Rentensystem sinnvoll wäre, wenn die deutschen Menschen wieder mehr Kinder bekommen. Allerdings ist unsere Welt nicht eindimensional. Die zunehmende Weltbevölkerung – um das Wort Explosion zu vermeiden – ist ein ernstes Problem. Ich weiß auch nicht ob es dann schlimm wäre, wenn der genetisch Deutsche ausstirbt, denn bekanntlich ist die Seele unsterblich, in der Seele wohnt der Heilige Geist und der Neue Mensch in Gottes Neuem Himmel und Neuer Erde wird nur in einem neuen Kosmos neuer Naturgesetze leben. Allerdings sollten wir nicht Weltuntergangsreigen leben, sondern den guten Garten Eden hier pflegen.
Wir müssen uns dann, wenn wir uns als Menschheit überhaupt entscheiden, dann doch entscheiden gemeinsam etwas gegen Überbevölkerung zu tun, auch im persönlichen Leben. Aber vielleicht ist doch die Klimawandel die noch größere Bedrohung unserer irdischen Existenz. Da aber im Moment zu viele Säue durch die politischen Aufgabenfelder getrieben werden, auch jene böser Kriege in Form angedrohter Flächenbrände, bin ich sehr skeptisch, ob wir überhaupt noch Gottes gute Schöpfung auf diesem kleinen Planeten in unsere guten Absichten einschließen werden. Aber wenn es dahin kommt, daß die Schwerter zu Pflugscharen werden und die Kriege geächtet, gibt es ja vielleicht doch noch Hoffnung. Nicht wegen uns, aber weil Gott einen Heiligen Geist besitzt, der in unserem Hirnarealen wehen könnte. Also glaube ich: Das Glas ist halbvoll, nicht aber halbleer.
Ich denke, das erste Mal, bei dem Gott Nachhaltigkeit von uns forderte, ist in dem allzu oft falsch zitierten und missverstandenen Gebot „Macht euch die Erde untertan“ (1. Mo 1,28) zu finden.
„Untertan machen“ bedeutet eben nicht, die Erde zu unterdrücken und rücksichtslos auszubeuten. Es bedeutet vielmehr, die uns verliehene göttliche Gabe der Kreativität und Vorausschau einzusetzen. Wir sollen die Erde gestalten, wie es nur uns Menschen möglich ist. Unsere Fähigkeiten kennen lernen, Grenzen erkunden und vor allem die Schöpfung bewahren. Kein anderes Geschöpf auf der Erde kann auf diesem Gebiet geplant vorgehen, den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung erkennen und benennen.
Nachhaltigkeit ist also so alt wie die Menschheit.
Nachhaltig für Gemeinschaft sorgen
Nicht wenige Kirchengemeinden, ins besondere in größeren Städten, verfügen über kaum noch, oder auch keine eigenen Gemeindegrupen. Was dann vor Ort existiert, – wenn überhaupt – sind übergemeindliche Angebote. Nun kann man dies dem Traditionsabbruch zuschreiben, der dann so eine thematische Behandlung erfährt, als wäre er eine Art von Naturgesetz, (soziologisch, oder solchen Bedingungen geschuldet), aber nicht von der Gemeinde selbst verursacht. Was fehlt, ist außer einer oft armseligen Gottesdienstgemeinde des ganz normalen Sonntag von einem Dutzend älterer Rentner:innen, fast nie Jugend, kein Querschnitt der Gemeinde und die Gemeinde verfügt also faktisch über keine eigenen Gruppen, Kreise oder andere Angebote für Menschen, die gerne christliche Gemeinschaft hätten. Da käme also vor Nachhaltigkeit anzuwenden, zuvor der Versuch eines Wiederaufbaues. Dem steht die fast stereotypische Antwort entgegen, in der Großstadt sie dies ein sehr unnützer fruchtloser Versuch. Dabei gelingen andere Versuche durchaus, Menschen anzulocken, einzuladen und unsere Kirchen einigermaßen voll besetzt zu bekommen. Auch durch besondere Angebote, wunderschöne Gottesdienste in anderer Form, gute Konzerte und was immer auch. Was sollte uns hindern, hier die Samen einzusäen in der Hoffnung, er würde auch aufgehen? Dazu muss man wissen, dass das Abhandenklommen der Kerngemeinde zusehens auch die Mitarbeitenden des Bodenspersonals möglicherweise immer mehr zahlenmäßig schrumpfen lässt. Wer soll dann das Gemeindefest oder andere Aktionen durchführen, wenn die Helfer:innen fehlen, die Zelte nicht aufgebaut werden können und niemand Kuchen backt oder Würstchen grillt?Nachhaltigkeit ist ein Prozess, sich mit gleichem Fleiß und ernsthaft um jeden Mitarbeitenden intensiv zu kümmern. Wertschätzung und dann eine Aufgabenübertragung macht diese Rolle von Mitarbeitenden wertvoll. Sie fühlen sich als sinnvolle Rädchen im Getriebe und nicht als Material, um die Bänke und Stühle in der Kirche zu füllen. Wer Menschen zu einem Mitarbeiter, einer Mitarbeiterin macht, betreibt Gemeindeaufbau. Es wird dabei häufig vergessen, daß er Heilige Geist zwar weht wo er will, er weht aber nicht nach dem Giesskannprinzip und nicht dann, wenn wir uns ihm mitnichten zur Verfügung stellen. Die gute Mitarbeiter:innen-Pflege ist dann das erforderliche Opimum einer guten Nachhaltigkeit.
So sind die Mosaischen Gesetze gefasst und Hesekiel klagt (17, 18+19):
ist es euch nicht genug, die beste Weide zu haben, dass ihr die übrige Weide mit euren Füßen tretet und klares Wasser zu trinken, dass ihr auch noch hinein tretet und es trübe macht? So, dass meine Schafe fressen müssen, was ihr mit euren Füßen zertreten habt, und trinken, was ihr mit euren Füßen trübe gemacht habt?