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Amtszeit beendet: Charlotte Knobloch gibt nach vier Jahren Präsidentenamt des jüdischen Zentralrates ab

Der Terminkalender von Charlotte Knobloch ist in diesen Tagen dichtgefüllt. Denn die Amtszeit der Präsidentin des Zentralrates der Juden geht nach vier Jahren zu Ende, an diesem Sonntag wählen die Spitzengremien des Dachverbandes eine neue Führungsspitze.

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Am vergangenen Wochenende nahm Knobloch, die schon seit langen Jahren an der Spitze der Israelitischen Kultusgemeinde in ihrer Heimatstadt München steht, an den Feierlichkeiten in Rom zur Erhebung von Erzbischof Reinhard Marx zum Kardinal teil. Gerade ehrte Bundespräsident Christian Wulff die 77-Jährige mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern. Die scheidende Zentralrats-Präsidentin habe sich unermüdlich für die Versöhnung zwischen Juden und Nicht-Juden in Deutschland sowie gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus eingesetzt, bescheinigte Wulff.

«Es wächst eine junge Generation heran, die Lust und Freude hat, jüdisch zu sein. Die Zuwanderung so vieler jüdischer Menschen nach Deutschland war ein Geschenk und eine Freude», sagte Knobloch im Februar nicht ohne Stolz in einer knappen Erklärung. Darin stellte die Präsidentin klar, dass sie auf eine erneute Kandidatur für den Spitzenposten der jüdischen Gemeinschaft verzichtet. Aber sie wolle dafür arbeiten, «dass jüdisches Leben in unserem gebrochenen Land wieder gelingen kann», beschied sie die Kritiker.

 Zuvor war aus dem Zentralrat heraus gezielt Kritik an der Amtsführung von Knobloch geübt worden. Dies schadete dem Ansehen, das sich die Repräsentantin der jüdischen Gemeinschaft erworben hat, aber auch der Organisation insgesamt. Knobloch versuchte das Amt so auszufüllen wie ihre Vorgänger: als Mahnerin und Warnerin – vor wieder auflebendem Antisemitismus, vor Rechtsextremismus, vor Angriffen auf das Existenzrecht Israels. Sie forderte ein NPD-Verbot, sie besuchte KZ-Gedenkstätten – und bewegte, wenn sie das Wort ergriff.

 Aber ihre Authentizität als Vertreterin des deutschen Judentums litt darunter nicht. Knobloch gehört zu den letzten ihrer Generation, die selbst die NS-Zeit erlebt und die Judenvernichtung überlebt hat. Bei der Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Reichspogromnacht in Berlin erinnerte sie sich unter Tränen daran, wie sie 1938, als Sechsjährige, an der Hand ihres Vaters an den zerstörten jüdischen Geschäften ihrer Heimatstadt München vorbeiging, «die so plötzlich meine Heimat nicht mehr war». Ihre Tränen von damals hätten sie ihre ganzes Leben lang begleitet. In ihren öffentlichen Wortmeldungen überzog Knobloch gelegentlich, traf nicht immer die Zwischentöne, auf die es vielleicht ankommt. Mitunter rührte Knobloch auch an politische Tabus: Um rechten Tendenzen keinen Raum zu geben, bräuchten die Deutschen ein neues patriotisches Bewusstsein. Gewagt war auch ihr Vorstoß, den Dachverband in Zentralrat der deutschen Juden umzubennen.

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Knoblochs Großmutter, bei der sie nach der Scheidung ihrer Eltern aufwächst, wird 1942 deportiert und 1944 in Auschwitz ermordet. Knoblochs Vater muss Zwangsarbeit leisten, überlebt aber. Charlotte Knobloch übersteht den Krieg und die Judenvernichtung, weil eine frühere Hausangestellte ihres Vaters die kleine Charlotte als ihr eigenes Kind ausgibt.

Der Neubau des jüdischen Kultuszentrums mit Synagoge in der Münchner Innenstadt, der am 9. November 2006 eingeweiht wurde, war eine Herzenssache von Knobloch. Ein Teil von ihr, ein Teil ihrer Koffer seien immer noch auf der Flucht, sagte Knobloch bei der Grundsteinlegung. Jetzt werde sie aber beginnen, «langsam, Stück für Stück jedes einzelne Teil an seinen Platz zu räumen». Neue Synagogen sind für sie Zeichen der Hoffnung und Ausdruck einer Normalisierung jüdischen Lebens in Deutschland, dem «Land der Täter». Zu den Kirchen pflegt Knobloch ein enges freundliches Verhältnis, das Kritik wie etwa im Streit um die ultrakonservative Piusbruderschaft nicht ausschließt.

(Quelle: epd)

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