In vielen Ländern der arabischen Welt hat der Islam in den vergangenen Jahren an Einfluss auf die Regierungspolitik gewonnen. Doch wo der Islam wichtiger wird, werden vielfach die Freiräume Andersgläubiger kleiner, berichtet der "Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe.
Am kommenden Sonntag findet erstmals der Gedenktag für verfolgte Christen statt. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat den Tag festgelegt, um für Christen zu beten, die aufgrund ihres Glaubens unter Unterdrückung, Verfolgung oder Todesdrohungen leiden.
Gerade in den Staaten, in denen der Islam in den vergangenen zwei Jahrzehnten verstärkt nicht nur das Glaubensleben seiner Anhänger, sondern auch die politischen Geschäfte und damit das öffentliche Leben bestimmt, leben Christen gefährdet. Das ist etwa in Malaysia der Fall. Hier kommt es seit Dezember immer wieder zu gewaltsamen Angriffen auf Christen, Kirchen werden in Brand gesetzt, Bibeln angezündet. Weil auch Christen den Namen "Allah" in ihrer Bibel für Gott verwenden – und dazu auch die Erlaubnis des Obersten Gerichtes des Landes erhalten haben –, protestierten Imame und Muslime gegen die Christen, die gerade einmal neun Prozent der Bevölkerung ausmachen.
"Es ist ein Streit um ein Wort und doch so viel mehr: Es geht um die Frage, welche Rechte der christlichen Minderheit im Land zustehen, vor allem aber geht es um Politik", schreibt der "Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe. Denn unter der gegenwärtigen Regierung werde in einigen Bundesstaaten Malaysias die Scharia, das islamische Recht, besonders streng ausgelegt. "Das einst so liberale Land ist auf dem Weg, die Religionsfreiheit aufzugeben." Trinke eine Muslimin etwa ein Bier, werde sie mit sechs Rohrstockhieben bestraft. Verboten seien in einigen Regionen zudem greller Lippenstift, dickes Make-up oder Schuhe mit klappernden hohen Absätzen, schreibt der "Spiegel".
Malaysia sei jedoch nicht das einzige Land, in dem Christen unter dem politischen Islam zu leiden haben. Unter Berufung auf die Angaben des christlichen Hilfswerks "Open Doors" schreibt das Magazin von Ländern wie Nordkorea, Iran, Saudi-Arabien, den Malediven oder Afghanistan. Die Staaten stehen auf dem von "Open Doors" geführten Verfolgungsindex auf den obersten Plätzen.
Zwar könne gegenwärtig nicht von einer "systematischen Christenverfolgung" wie etwa durch den Kommunismus oder die Nationalsozialisten gesprochen werden, jedoch sei die Toleranz des Islam früherer Zeitalter, "als die Christen als sogenannte Schriftbesitzer unter dem Schutz der Sultane ein hohes Maß an Religionsfreiheit genossen", vorbei. Mit dem Erstarken des Islam richte sich die "Aggression der Frommen (…) immer mehr auch gegen die angeblich verderblichen Einflüsse aus dem Westen, die von den Christen ausgehen, und für die Islamisten die Christen im eigenen Land verantwortlich machten".
Als Beispiel für diesen "neuen Trend" schildern die "Spiegel"-Autoren etwa Vorfälle in Algerien, wo Zeitungen berichtet haben, ein Pfarrer missioniere Muslime oder beleidige den Propheten. Dazu sei dessen Adresse veröffentlicht worden – "ein deutlicher Aufruf zur Selbstjustiz". Im Staatsfernsehen in Usbekistan würden etwa Fernsehsendungen ausgestrahlt, in denen Christen als Satanisten beschrieben würden, die Muslime mit Hilfe von Drogen bekehren wollten.
Mehr noch als traditionelle Christen seien jedoch ehemalige Muslime bedroht, die zum Christentum konvertierten. "Apostasie, der Abfall vom Islam, kann nach islamischem Recht mit dem Tod bestraft werden – und in Iran und im Jemen, in Afghanistan, Pakistan, Katar und Saudi-Arabien gilt dafür noch immer die Todesstrafe." Eine staatlich tolerierte Verfolgung gebe es sogar in der Türkei, dem säkularsten und modernsten Land in der islamischen Welt – in dem die 110.000 Christen benachteiligt würden und die christliche Gemeinschaft um ihren Fortbestand kämpfe.
(Quelle: Christliches Medienmagazin Pro)