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„Deutliches Zeichen“: Zentralrat der Juden erwartet Distanzierung der Kirche von Luthers Antisemitismus

Er empfahl, Synagogen niederzubrennen und Häuser von Juden zu zerstören: Der Antisemitismus Martin Luthers belastet das Verhältnis zwischen Juden und Protestanten bis heute. Der Zentralrat erwartet eine deutliche Distanzierung der evangelischen Kirche vor 2017.

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Der Zentralrat der Juden in Deutschland hofft vor dem Reformationsjubiläum 2017 auf ein „deutliches Zeichen“ der evangelischen Kirche zu antisemitischen Äußerungen Martin Luthers (1483-1546). „Ich gehe davon aus, dass sich der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) dazu erklären wird“, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster am Mittwochabend in Berlin zum Auftakt einer gemeinsamen Tagung von Zentralrat und Evangelischer Akademie. In seiner Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ von 1543 schlägt Luther unter anderem vor, Synagogen abzubrennen und Häuser von Juden zu zerstören. Diese Schattenseite des Reformators müsse deutlich benannt werden, sagte Schuster weiter. „Die Menschen müssen wissen, was Luther damals auch gedacht und aufgeschrieben hat“, betonte Schuster. Andernfalls sehe er dem Reformationsjubiläum mit einer gewissen Skepsis entgegen, fügte der Zentralratspräsident hinzu.

Die erste gemeinsame Tagung von Zentralrat der Juden und Evangelischer Akademie in Berlin trägt den Titel „Reformator, Ketzer, Judenfeind – Jüdische Perspektiven auf Martin Luther“. Bis Freitag soll unter anderem über die Belastungen des christlich-jüdischen Verhältnisses durch die judenfeindlichen Thesen des Reformators diskutiert werden.

Für Schuster spielen bei den heutigen Repräsentanten der evangelischen Kirche die Ideen Luthers zu den Juden keine Rolle mehr. Und er sieht bei der Kirche durchaus den Willen zur kritischen Aufarbeitung: „Wir wären aber auch enttäuscht gewesen, wenn diese Schattenseiten Luthers totgeschwiegen würden“, sagte der Zentralratspräsident.

Ausgesprochen kritisch sehe die jüdische Gemeinschaft dagegen die Bestrebungen zur Judenmission bei evangelikalen Gemeinden. „Hier erwarten wir eine klare Abgrenzung der Amtskirche“, forderte Schuster.

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„Nicht mit dem Evangelium vereinbar“

Für den früheren EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider sind die judenfeindlichen Äußerungen des Reformators verletzend und empörend. Er gehe deshalb davon aus, dass sich die EKD dazu offiziell erklären wird, sagte der ehemalige rheinische Präses: „Diese Thesen sind mit dem Evangelium unvereinbar.“ Für Schneider schwingt in dem Antisemitismus Luthers auch die Frustration über fehlende Resonanz bei den Juden auf die Reformation mit. Luther habe auf viele Überläufer aus dem Judentum in die neue moderne Kirche gehofft, sagte Schneider.

Nach Ansicht des Frankfurter Religionswissenschaftlers Christian Wiese hat trotz dieses gravierenden Antisemitismus lange Zeit ein weitgehend positives Lutherbild unter den Juden existiert. Vor allem das Reformjudentum des 19. Jahrhunderts habe in Martin Luther ein Vorbild für eine „jüdische Reformation“ gesehen, sagte der evangelische Theologe auf der Tagung. „Es sind hier immer wieder sehr positive Stimmen zu finden, die Luther als Vorläufer von Gewissensfreiheit, Toleranz und Aufklärung verstanden.“ Die antisemitischen Äußerungen Luthers seien lange Zeit ausgeklammert worden.

Luther habe für liberale Juden eine geistige Tradition in Deutschland verkörpert, „die der bürgerlichen Gleichberechtigung der Juden förderlich ist“. Dies sei ein sehr idealisierendes Lutherbild gewesen. Einen Wandel gab es Wiese zufolge dann in den 1930er Jahren. Dann habe sich im Judentum die Erkenntnis durchgesetzt, „dass die jüdische Liebesgeschichte mit Luther ein tragischer, völlig vergeblicher Versuch war“.

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Dabei müsse auch diese Seite des Reformators deutlich benannt werden. „Die Menschen müssen wissen, was Luther damals auch gedacht und aufgeschrieben hat“, betonte Schuster. Andernfalls sehe er dem Reformationsjubiläum mit einer gewissen Skepsis entgegen, fügte der Zentralrats-Präsident hinzu.

Quelleepd

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