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Dorothea Strauß: „Aids ist sehr anonym geworden“

Vor 20 Jahren gründete die evangelische Pfarrerin Dorothea Strauß die Berliner Initiative "Kirche positHIV". Unter dem provozierenden Motto "Die Kirche hat Aids" sollte damals um Beistand für infizierte Menschen gekämpft werden.

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 Wie hat sich in den vergangenen 20 Jahren einerseits die gesellschaftliche Wahrnehmung von HIV und Aids und andererseits der Umgang der Kirche mit dem Thema verändert?

Dorothea Strauß: Vor 20 Jahren sind Menschen an Aids erkrankt und gestorben. Im Zentrum unserer damaligen Arbeit standen Beerdigungen und das Thema Sterbebegleitung. Viele haben damals ihre persönliche Geschichte sehr stark nach außen getragen, indem sie etwa wissen wollten, wie die Beerdigung abläuft. Später sind dann durch neue Therapiemöglichkeiten die Überlebenschancen in den Vordergrund gerückt. Heute ist es so, dass viele HIV-Infizierte gar keine Aids-Erkrankung mehr entwickeln.

 Und Aids ist sehr anonym geworden. Viele HIV-Infizierte outen sich gar nicht mehr. Sie stehen weiter im Berufsleben, oftmals wissen auch Familienangehörige gar nicht Bescheid. Das bringt natürlich auch Veränderungen in unserer Arbeit mit sich: So wollen sich Betroffene lieber an einem neutralen Ort zum Gespräch treffen, als etwa in unseren Gottesdienst zu kommen. Als Problem geblieben ist eine große Unsicherheit im Umgang mit der Krankheit, die selbst vor Ärzten und Krankenhäusern nicht Halt macht.

Was macht die ökumenische Arbeit gemeinsam mit dem Franziskanerorden heute vor allem aus?

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Kernpunkt sind unsere monatlichen Gottesdienste in der Kirche am Lietzensee in Berlin-Charlottenburg. Daraus ist im Laufe der Jahre so eine Art Profilgemeinde entstanden. Das sind Menschen, die sich dieser Gemeinschaft mehr oder weniger stark zugehörig fühlen. Außer den Gottesdiensten wird unser Gemeindeleben durch gemeinsame Freizeitaktivitäten bestimmt, etwa durch gemeinsame Abendessen, spirituelle Angebote oder durch gemeinsame Reisen, zum Beispiel in Klöster. Hinzu kommt natürlich die Seelsorge ganz allgemein. In unserer Profilgemeinde finden sich dabei Menschen, die selbst von der Infektion oder Krankheit betroffen sind, Angehörige, die vielleicht ein Kind verloren haben, aber auch Lesben und Schwule, die sich hier einfach wohler fühlen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

In der Vergangenheit war es immer unsicher, ob unser Projekt weitergeht, es war immer eine Zitterpartie. Anfangs wurde meine halbe Stelle vom Franziskanerorden bezahlt. Das war sicher einmalig in Deutschland, dass eine evangelische Pfarrerin vom Franziskanerorden bezahlt wird. Geld haben wir über Kollekten hereinbekommen, das war und ist immer mit Bangen und Hoffen verbunden gewesen. Da würde ich mir für die Zukunft etwas mehr Sicherheit wünschen. Weil die Menschen nicht mehr sterben, gibt es heute viel mehr Frauen und Männer mit HIV und Aids, die wir begleiten. Gleichzeitig sinkt aber das Interesse an dem Thema durch die besseren Therapiechancen. Das ist ein großes Problem in unserer Arbeit.

(Quelle: epd)

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