Neubauten sind bei den beiden großen Kirchen eine Seltenheit. Meistens geben Freikirchen Gotteshäuser in Auftrag – mit Platz für ein Café, eine Kita oder Wohnungen.
Von Marcus Mockler (epd)
Der Neubau von Kirchen ist selten geworden in Baden-Württemberg. Wenn es ihn in einer katholischen Diözese oder evangelischen Landeskirche gibt, dann meistens als Ersatz für eine Vorgängerkirche, die abgebrannt ist oder wegen schlechter Bausubstanz abgerissen werden musste. So soll es zwischen 2027 und 2029 neue katholische Gotteshäuser in Schwarzenbach (Kreis Ravensburg) und in Friedrichshafen-Jettenhausen geben, teilte die Diözese Rottenburg-Stuttgart dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage mit.
Auch in der Evangelischen Landeskirche in Baden gab es vor diesem Hintergrund Neubauten, zuletzt zwischen 2016 und 2018 vier Kirchen. In der Erzdiözese Freiburg ist der letzte echte Neubau 20 Jahre her. Und ein Ersatzbau für eine abgebrannte Kirche wurde 2007 in Limbach (Neckar-Odenwald-Kreis) fertiggestellt.
Mehr Bauten durch Freikirchen
Etwas anders sieht es bei jungen Freikirchen aus. Sie sprießen an verschiedenen Stellen in Baden-Württemberg und geben nach Jahren des Wachstums hin und wieder eine Kirche in Auftrag. Das beobachtet zumindest Daniel Kurzius, Abteilungsleiter für Wohnbau und Kirchenbau beim Unternehmen Mörk in Leonberg bei Stuttgart. Seine Firma baut im Schnitt pro Jahr ein neues Gotteshaus. «Am baufreudigsten sind Pfingstgemeinden» sagte der 40-jährige Experte. Aber auch bei den Adventisten und den Methodisten nimmt Kurzius neue Aufbrüche und damit verbunden einen neuen Bedarf an gottesdienstlichen Räumen wahr. Zu den jüngeren Bauprojekten von Mörk gehört das Glory Life Zentrum in Filderstadt bei Esslingen, derzeit wird bei den Baptisten in Neu-Ulm neuer gottesdienstlicher Raum geschaffen.
Zum klassischen Kirchenbau gibt es laut Kurzius allerdings deutliche Unterschiede. Ein sakraler Bau ausschließlich für Gottesdienste wird von heutigen Auftraggebern nicht mehr gewünscht. Multifunktionsräume seien gefragt, in denen gebetet und gesungen, aber auch gemeinsam gegessen werden könne, stellt er fest. Das sei auch der Grund, warum niemand mehr Kirch- und Glockentürme errichten wolle die Prioritäten hätten sich verändert.
Kein Sakralbau, sondern eine Multifunktionskirche
Noch wichtiger: Der Kirchenbau wird laut Kurzius immer von Räumlichkeiten begleitet, mit denen eine Gemeinde Bedürfnisse des Quartiers abdeckt. Das können ein Café sein, eine Kita oder einfach Wohnungen. Oder eine christliche Initiative fokussiert sich gleich auf andere Angebote, wie das bei der neu erbauten Freien Evangelischen Schule in Stuttgart-Möhringen geschehen ist. «In dieser Schule wird mehr gepredigt als in einer Kirchengemeinde», mutmaßt Kurzius.
Bauwillige junge, freie Gemeinden mahnt der Experte immer wieder zu mehr Realismus in der Planung. Es gebe «Wachstumsschwellen», die nur schwer zu überwinden seien, sagt er. So gehe eine Gemeinde mit 100 Gottesdienstbesuchern barmherzig damit um, wenn kein hohes Maß an Qualität vorhanden sei und beispielsweise die Musik nur mäßig klinge. Ab 250 Besuchern wende sich das Blatt – mangelnde Professionalität werde mit dem Fernbleiben von Gemeindeveranstaltungen abgestraft. Kurzius hat Vergleichbares in der Stuttgarter «Kesselkirche» erlebt – eine Gemeinde für junge Erwachsene innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Er trug dort selbst Mitverantwortung in der Leitung und beobachtete, dass nach stark steigendem Zulauf eine Wachstumsschwelle kaum mehr zu überwinden war.
„Die Kirchen machen zu wenig daraus“
Für die evangelischen Landeskirchen und die katholischen Diözesen im Südwesten ist der große Immobilienbestand inzwischen aufgrund der laufenden Kosten zum Problem geworden. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen schwindet auch der Bedarf an Gemeindehäusern und Kirchen. Daniel Kurzius befürchtet allerdings, dass bei der Reduktion der Immobilien schlimme Fehler gemacht werden.
«Die Kirchen haben viele Grundstücke in besten Lagen – aber sie machen zu wenig daraus», sagt er. Vor allem für den Verkauf von Grundstücken an besten Innenstadtstandorten hat der Experte kein Verständnis. «Die Kirche ist doch in 1.000 Jahren noch da – wie kann man dann heute die besten Areale verkaufen?», fragt er. Sein Alternativvorschlag: Die Grundstücke für 99 Jahre in Erbpacht geben. Dabei müsse die Kirche nicht einmal etwas verdienen. Doch sie bleibe im Besitz der Immobilie, was sich in anderen Zeiten als gewaltiger Vorteil erweisen könnte.
Landeskirchen und Diözesen könnten seiner Ansicht nach auch selbst kreativer werden und mit den Grundstücken etwas anstellen. Kurzius schwärmt etwa von Wohnungen, die mit einem Begleitkonzept gegen Einsamkeit gebaut und vermietet werden. Damit sei den Menschen geholfen – und Kirchenland bleibe in Kirchenhand.
Multifunktionalskirchen und mehr geistliche Inovation
Wenn Kirchen neu gebaut werden, sollte es möglichst eine Multifunktionskirche sein. Ein solches Gotteshaus kann die gleiche geistliche Charme besitzen wie ein herkömmliches. Aber hier sind Gemeinderäume, vielleicht das Pfarrbüro und/oder auch Wohnungen u. a. für Gemeindemitglieder. Dankbar sind Bestuhlungen mit leichten und ohne großen Kraftaufwand zu tragenden Stühlen , sodass alle Räumlichkeiten umgestaltet werden könnten. In meiner Neuheimat ist man da aber leider nach dem 2. Weltkrieg dem Trugschluss erlegen, der Schock über das von Deutsvchland verbreitete Unrecht ließe sich als Nachhaltigkeit einer Nachfrage des christlichen Glaubens bewerten. Die ursprünglich noch gut frequentierten Kirchen wurden mit mehr Distanz zum Kriegsende immer marginaler aufgesucht. Im Endeffekt wurden 2-3x mehr Kirchen gebaut als man heute benötigt und leider lässt sich eine nichtgenutzte Kirche nur in seltenen Fällen verkaufen. Also so zu planen und zu bauen sollte man, dass die Kirchenräume stets multifunktional zu nutzen sind.
Es gibt keine ansich heiligen Räume, nur Gott ist heilig. In fast allen Ev. Landeskirchen werden mühevoll Gebäude reduziert, denn sie sind größere Geldfresser. Dabei kann die christliche Gemeinde, egal welcher Konfession oder als Freikirche, die Not zur Tugend machen und dabei mehr an die Hecken und Zäune der Stadt- und Landgesellschaft gehen und aus einer reinen Komm- eine Geh-hin-Struktur zu machen. Auch die jetzige Zeit schließt ein sich vom Heiligen Geist beflügeln zu lassen, sozial und theologisch inovativer zu werden und die uns sehr innewohnende sowie öfter unreflektierte Individualität wie eine falsche Glaubensbewegung zu überwinden. Es benötigt mehr geistliche Geschwisterlichkeit über den engen Tellerrand der eigenen Sichtweisen hinaus anzustreben. Christinnen und Christen sind nicht in der Welt, sich nur in ihrer Bescheidenheit zu baden, sondern sie sollten, wie es ursprünglich mal vorgesehen war, eine Revolution der göttlichen Liebe anzetteln: Sich nicht daher von der Welt zumeist abzukapseln, sondern wie Salz und Licht in ihr zu wirken. Die Menschen brauchen angenehme spirituelle Räume und neue Formen von Gemeinde und Gemeinsinn, bevor diese ihr Heil in obskuren esoterischen Zirkeln suchen. Denn nicht der Hunger auf Religion ist versiegt oder rinnt nur noch als kleines Bächlein, wir haben nicht das für Auge und Gemütslage richtige geistliche Büffet. Christenmenschen brauchen wie alle unsere llieben Mitmenschen soziales kuscheln, fromm nennt man dies schlicht „Gemeinschaft“. Mancherorts fehlt sogar die Kerngemeinde, sodass es nicht selten kaum noch unmittelbare Gruppen, Kreise, Chöre und Initiativen gibt. Dies benötigt also einen geistlichen Marschallplan. Das schreibe ich schon seit Jahren, aber entgegengesetzt hier unter jesus.de fast alles von mir geschriebene zu kritisieren, hat dass noch nie einer irgendwie beantwortet.