Bürgerkrieg in Syrien, gewaltsame Konflikte in Afrika, religiöse Radikalisierung in Europa: Die Bundesregierung will verstärkt mit Religionsvertretern zusammenarbeiten, um Krisen zu lösen. Dazu trafen sich erstmals mehr als 100 Vertreter aus Judentum, Christentum und dem Islam zur Konferenz „Friedensverantwortung der Religionen“ am Montag in Berlin. Ebenso mit dabei: Vertreter weiterer Religionen aus Europa, dem Mittleren und Nahen Osten und aus Nord- und Westafrika.
Man müsse ihre Kräfte dort freisetzen, wo Gesellschaften drohten auseinanderzudriften, sagte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel. Schwerpunkt sollen laut Bundesregierung unter anderem auf die Bildung an Schulen und Hochschulen, die Mediation bei Konflikten sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Teil der Konferenz sind zudem verschiedene Arbeitsgruppen. Die Gespräche und Ergebnisse sollen vertraulich bleiben.
Der Oberrabbiner David Rosen aus Jerusalem betonte die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Politik und Religion. Man müsse sich die Frage stellen, warum Religionen missbraucht würden und häufig Konflikte verschlimmerten, als zur Lösung beizutragen. Rosen ist internationaler Direktor für interreligiöse Angelegenheiten beim American Jewish Committee. Er war der Oberrabbiner von Irland und der Großrabbiner der größten orthodoxen jüdischen Gemeinde in Südafrika.
Der Großmufti in Bosnien und Herzegowina, Reis-ul-ulema Husein Kavazovic, hob hervor, dass der Islam eine friedliche Religion sei. Als religiöse Leitinstanz müsse man Missbrauch entgegenwirken. In der heutigen Welt sei der Frieden überall gefährdet, betonte der Großmufti aus Sarajewo. Die Vorsitzende des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen, Agnes Abuom, forderte mehr Gleichberechtigung für Frauen. Sie unterstrich die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Gemeinden, im Kampf gegen Armut und die Zerstörung der Umwelt.
Im Kern seien es immer noch die Staaten, die sich in internationalen Beziehungen friedlich verhalten und ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen einhalten sollten, sagte Außenminister Gabriel. Die Religionen bewahrten ein tiefes Wissen um Schuld, Vergebung und Versöhnung. Ihre Widerstandsfähigkeit müsse man sich zunutze machen. „Ich habe Vertrauen in das große Friedenspotenzial der Religionen“, sagte Gabriel. Er schloss nicht aus, dass eine ähnliche Konferenz erneut stattfinden wird und weitere Religionsvertreter eingeladen werden.