Papst Franziskus hat der Wochenzeitung „Die Zeit“ ein Interview gegeben – das erste für ein deutsches Medium. Dabei bekannte er, dass er als Glaubender auch zweifle und fehlbar sei. Auf die Fragen, ob er an die Existenz des Teufels glaube und ob Gott Adolf Hitler verzeihen werde, antwortete er ebenfalls.
Im ersten Interview, das Papst Franziskus einem deutschen Medium gab, machte das Oberhaupt der Katholischen Kirche deutlich: Er sei ein „ganz normaler Mensch“, ein Glaubender mit Zweifeln, Fehlern und Krisen. Um Fragen der Theologie, Kirchen- und Weltpolitik ging es in dem Gespräch, das Giovanni di Lorenzo, der Chefredakteur der Wochenzeitung Die Zeit, mit Franziskus führte, eher am Rande.
„Ich sehe mich nicht als etwas Besonderes. Ich finde eher, dieses Bild wird mir nicht gerecht, es ist übertrieben“, sagte Franziskus. Er wehrte sich dagegen, idealisiert zu werden. Das tue ihm nicht gut. „Man gesteht mir nicht zu, ein fehlbarer Sünder zu sein“, sagte er, dabei sei er genau das: Sünder und fehlbar. Und: „Mein Herr ist ein Herr der Sünder, nicht der Gerechten.“
Franziskus bekannte zudem, im Glauben Momente der Leere und der Dunkelheit zu haben. „Wie oft in meinem Leben habe ich mich versündigt, weil ich entgegen meinem Glauben wie ein Ungläubiger gehandelt habe!“ Glaube sei ein Geschenk von Gott, um das ein Mensch jeden Tag neu bitten müsse. Durch Krisen könne der Glaube wachsen.
Vergebung für Hitler und Stalin?
Di Lorenzo stellte fest, dass Franziskus in Bezug auf den Teufel „sehr konkret“ sei – im Gegensatz zu vielen deutschen Theologen, die den Satan als Metapher verstünden. Franziskus bestätigte, dass er von der Existenz des Teufels überzeugt sei. „Viele Versuchungen, mit denen ich zu kämpfen habe, sind nicht dem Teufel, sondern meinen persönlichen Schwächen geschuldet. Aber bei vielen anderen hat er sehr wohl die Finger im Spiel“, sagte er. Eifersucht, Neid, Kriege oder allgemein die Auflehnung gegen das „Werk Gottes“ und gegen „den Menschen als Abbild Gottes“ bezeichnete Franziskus als „Werk des Teufels“.
Auf die Frage, ob Gott Massenmördern wie Adolf Hitler oder Josef Stalin vergeben könne, sagte der Papst, dass er es nicht wisse, dass es aber möglich sei.
„Ich bin – ich will nicht sagen: ‚ein armer Teufel‘, aber ich bin ein ganz normaler Mensch, der tut, was er kann.“
„Populismus braucht einen Messias“
Franziskus wiederholte in dem Gespräch auch seine Formulierung vom Dritten Weltkrieg. „Die ganze Welt befindet sich im Krieg“, sagte er, deshalb verwende er diesen Begriff, denn der Krieg werde mit modernen Waffen geführt und weite sich immer weiter aus. In Bezug auf Europa stellte er klar, dass sich die derzeitige gesellschaftliche und politische Situation nicht mit der Lage 1933 vergleichen ließe.
Gleichwohl mache ihm der derzeitige Populismus in einigen europäischen Ländern etwas Sorge. „Populismus ist böse und endet schlecht“, sagte er. Das habe das vergangene Jahrhundert gezeigt. Um den Begriff konkreter zu machen, erklärte er, Populismus brauche „einen Messias“, der das Volk benutze, und er benötige eine Rechtfertigung, wie etwa die Identität eines Volkes schützen zu wollen.
Besuch in Deutschland unwahrscheinlich
Für die Zukunft der Kirche sieht Franziskus ein großes Problem darin, dass es zu wenige Priester gebe. Es herrsche „ein Mangel an Berufungen“. Den Zölibat zu lockern ist für den Papst aber keine Lösung, betonte er. Die Kirche denke zwar weiterhin darüber nach, verheiratete, aber im Sinne der Kirche vorbildlich lebende Männer für weitergehende Dienste einzusetzen – „bewährte Männer“, sogenannte Viri probati. Doch ob und wie, dazu blieb Franziskus vage. Auch zur Frage, ob Frauen in den hauptamtlichen kirchlichen Dienst eingebunden werden, um dem Priestermangel zu begegnen, äußerte sich der Papst nicht näher.
Ob er in diesem Jahr anlässlich von 500 Jahren Reformation nach Deutschland kommen werde, ließ Papst Franziskus offen. Er deutete aber an, dass es in nächster Zeit aufgrund vieler anderer Reisen wohl nichts werde. Er wies darauf hin, dass er 2016 im schwedischen Lund das Reformationsgedenken zusammen mit den dortigen Lutheranern gefeiert habe.