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Schweizer Minarett-Votum: Sorge vor Konflikt zwischen Islam und Westen

Eine Tag nach dem Schweizer Votum gegen den Bau von Minaretten wächst die Sorge vor einer Vertiefung der Kluft zwischen dem Westen und der islamischen Welt.

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«Das Ergebnis dieser Abstimmung richtet sich gegen die Werte der Toleranz, des Dialogs und des Respekts vor den religiösen Überzeugungen anderer», erklärte der Präsident des Europarats-Parlaments, Lluís Maria de Puig, am Montag. Europaweit stieß der Ausgang der Volksabstimmung bei Politikern und Kirchen überwiegend auf Kritik.  

 Die Entscheidung reflektiere die Angst der Schweizer und ganz Europas vor dem islamischen Fundamentalismus, sagte der Präsident des Europarats-Parlaments weiter. Sie werde aber an den Ursachen des Fundamentalismus nichts ändern, so de Puig.

 Mit Unverständnis reagierte auch die Europäische Union auf das Votum. «Das ist eine Frage für Stadtplaner, eigentlich nicht für ein Referendum», sagte der schwedische Einwanderungsminister Tobias Billström im Namen der EU-Präsidentschaft am Montag in Brüssel. «Es ist problematisch, wenn Politiker anfangen, über Architektur und ähnliche Dinge zu entscheiden. Dafür sind wir nicht wirklich qualifiziert.» Schweden hat die EU-Präsidentschaft noch bis Ende des Jahres inne. Die Schweiz ist kein EU-Mitglied.

 Die Bundesregierung sieht die Religionsfreiheit in der Schweiz durch das Votum gegen den Bau von Minaretten nicht gefährdet. «Die Religionsfreiheit ist in der Schweiz ein ebenso hohes Gut wie in Deutschland», sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans am Montag in Berlin. Die Schweizer Entscheidung sei nicht auf die Bundesrepublik übertragbar, das es hier keine vergleichbaren Volksentscheide gebe.

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 SPD, Grüne und Linke in Deutschland übten dagegen heftige Kritik am Ausgang des schweizerischen Referendums. Muslime müssten Moscheen bauen können, sagte der Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Olaf Scholz. «Dazu gehört auch ein Minarett, so wie der Kirchturm zur Kirche.»

 Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach rief dazu auf, das Votum der Schweizer ernst zu nehmen. Das Ergebnis der Volksabstimmung sei Ausdruck einer auch in Deutschland verbreiteten Angst vor Islamisierung der Gesellschaft, sagte er der «Berliner Zeitung». Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) bezeichnete den Bau von Moscheen als Bestandteil der Religionsfreiheit und damit als religiöses Grundrecht. «Ein Grundrecht ist ein Grundrecht und steht auch einer Minderheit zu», betonte er im Deutschlandfunk.

 Bei der Volksabstimmung hatten am Sonntag 57,5 der Schweizer für ein Bauverbot für Minarette in der eidgenössischen Verfassung gestimmt. Auch eine Mehrheit der Kantone stimmte dafür. Eine Gruppe rechtsnationaler Politiker hatte die Initiative gestartet. Nach dem Votum planen Schweizer Politiker jetzt ein Burka-Verbot. Die Ganzkörperverhüllung sei «frauenverachtend», erklärte die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) in Bern.

 Der in der Schweiz geborene katholische Theologe Hans Küng (81) sprach am Montag von einer «gewaltigen Eintrübung» des Verhältnisses zur islamischen Welt. Bisher seien die Muslime in der Schweiz gut integriert gewesen. «Das gefährdet man jetzt.» Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) rief die Religionsgemeinschaften auf, ihren Beitrag zu einem friedlichen Zusammenleben zu leisten. «Sie können vorleben, dass ein gelingendes Miteinander in der Schweiz heute möglich ist», erklärte der Kirchenbund.

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 Der Präsident der Schweizer Föderation islamischer Dachverbände, Hisham Maizar, warnte die Gewinner der Volksabstimmung vor Überheblichkeit. Er betonte, es dürfe nicht zu einer weiteren Einschränkung religiöser Rechte für Muslime kommen. Die Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam, Saida Keller-Messahli erklärte, dass die Muslime durch das Minarett-Verbot «klar diskriminiert» worden seien.

 Die Schweizer Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf räumte ein, die Regierung sei mit ihrer «vorsichtigen Strategie» gegen das Bauverbot gescheitert: Die Abstimmung «war so stark emotionalisiert, dass wir mit unseren Argumenten nicht durchgedrungen sind.» Regierung, Parlament und die meisten Parteien sprachen sich gegen das Bauverbot aus.

 Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Katrin Göring-Eckardt, zeigte sich bestürzt: «Ich bin erschüttert», sagte sie im ZDF-«Morgenmagazin». Das Votum verstoße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, erklärte die Grünen-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin. Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy erklärte, wer Religionsfreiheit garantiere, müsse den Anhängern verschiedener Religionen auch die Möglichkeit geben, Gotteshäuser zu bauen.

 Der Europaabgeordnete Bernd Posselt (CSU) warnte vor «pseudo-christlichem Jubel» über die Schweizer Minarett-Abstimmung. «Wer heute Minarette verbietet, wird morgen Kirchtürme schleifen und Kreuze abhängen», erklärte Posselt in München.

 Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sagte der «Berliner Zeitung»: «Dieses Ergebnis ist sehr bedauerlich.» Über ein Grundrecht wie die Religionsfreiheit sollte man nicht abstimmen dürfen. «Ein Minarett gehört zu einer Moschee.»

 Jürgen Micksch, Vorsitzender des interkulturellen Rates in Deutschland, nannte den Ausgang des Votums «katastrophal». Er warnte davor, dass Rechtsextremisten und Rassisten in Europa dieses Ergebnis ausnutzen könnten. «Die Wahl wird Auswirkungen auf ganz Europa haben – auch auf Deutschland.» 

(Quelle: epd)

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