Immer mehr Menschen treten aus den beiden großen Kirchen aus. Im Gegensatz dazu steigt die Zahl der orthodoxen Christen in Deutschland. Das hat vor allem einen Grund.
Die Zahl der orthodoxen Christinnen und Christen in Deutschland wächst stetig. Dies berichtet die Deutsche Welle (DW) unter Berufung auf Zahlen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland (OBKD).
So gehe die EKD von rund 3,8 Millionen orthodoxen Christen in Deutschland aus (2010: 1,5 Millionen). Ähnliche Zahlen schätzt auch die 2010 gegründete Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland. Der griechisch-orthodoxe Vikarbischof Emmanuel von Christoupolis, der die Gemeinde in Berlin leitet, spricht sogar von mindestens „vier Millionen orthodoxen Gläubigen in Deutschland – Frauen, Männer, Kinder“.
Laut OBKD stellen rumänisch-orthodoxe Christen mit 900.000 Mitgliedern mittlerweile die größte Einzelgruppe.
Großkirchen schrumpfen
Dagegen sinken die Mitgliederzahlen der katholischen und evangelischen Kirche seit Jahrzehnten. Rund 47,5 Prozent der Deutschen zählen noch zu einer der beiden Großkirchen. Nach der deutschen Wiedervereinigung 1991 waren es noch über 70 Prozent. Anders als bei Katholiken und Protestanten, die ihre Mitgliederzahl wegen der rechtlichen Regelungen genau erfassen, gibt es bei den orthodoxen Kirchen nur Schätzungen.
Hier finden Sie den gesamten Bericht der DW.
Es müssen/können nicht alle Christen werden
Liebe Chey: Ich möchte als bekennender (liberaler !!) Christ, gemeinsam mit den weiteren Glaubensrichtungen (Traditionen) des christlichen Glaubens, die wie ein Netzwerk (nicht ein Gegeneinander) wirken sollten, sammeln statt zu streuen. Keinesfalls können Christinnen und Christen guten Gewissens das Missionarische aufgeben, was aber nicht die Sichtweise ausschließt, dass der Gott des fast unendlichen Universums über die Geschichte herrscht und ein Vater (oder Mutter) aller Menschen und Völker ist. Wer in Gott Liebe sieht, und in der Herrschaft Gottes nicht jene wie zu Zeiten unbarmherziger Alleinherrscher der Antike, der allerdings transportiert im Handeln und Denken keine Machtgefühle oder -ideen. Wie das Judentum, auf dem unser Christsein auch in Sachen Emanzipation (Befreiung) aufbaut, geht es immer noch um die Befreiung der Israeliten aus der Versklavung. Dies steht bildlich auch für unser Christsein, dann aber zusätzlich als eine Befreiung von falschen Vorstellungen von Macht, eine Befreiung zur Freiheit eines Christenmenschen und damit für Solidarität, Mitmenschlichkeit und Dienst. Die Botschaft Jesu lässt es deutlich anklingen, dass man dem Kaiser geben muss was des Kaisers ist, und Gottes was Gott ist, aber dies kann nicht mehr sein als eine nur vernünftige Akzeptanz in die Formen auch von irdischer Herrschaft, sodann in heutigen Zeiten. Selbstverständlich sind wir Christinnen und Christen dann auch für Demokratie, Freiheit, Menschenwürde und für die Anwendung der Goldenen Regel: Gib jedem das, was du auch von ihm erwarten würdest. Die Evangelisation bzw. Mission kann daher auch nicht getrennt werden von jeden Form notwendigen Dialogs: Die Weltreligionen sollten unbedingt zusammenarbeiten und sich für ihre Werte ebenso gemeinsam einsetzen. Weil Jesus nach unserem Glauben für alle Menschen, also auch den größten Verbrechern und Gaunern gestorben ist, wird am Ende aber alles gut, es werden sich freiwillig alle erlösen lassen und niemand kann in eine Hölle kommen. Denn Gott liebt (auch) seine Feinde. Sonst wäre die Botschaft vom Kreuz absolut widersprüchlich. Übrigens ist der Glauben an die Hölle eine ursprüngliche heidnische Vorstellung, vom Feuer unter der Erde. Weil Gott Liebe und Freiheit ist (und will), darf niemand auf die Idee kommen, mit dem christlichen Glauben eine unterdrückende Macht auszuüben, oder Gehirnwäsche zu betreiben. Liberale Christen sind für die Zusammenarbeit in Netzwerken aller Formen von Christentum und auch aller Religionen, für den Wohlstand und das Brutto-Sozialglück aller Menschen. Aber sie sind gegen jede Form von Fundamentalismus, der für sich die alleinige Wahrheit beansprucht. Stellt dich dies zufrieden? Es ist selbstverständlich nur eine Zusammenfassung von Idealen und solchen kann man sich in Vernunft immer nur annähern. (Im übrigen ist es völlig absurd, dass alle Christen werden. Wenn wir den Krieg ächten könnten, wäre das schon Wunder genug und mehr wirkliche Menschlichkeit).
Ich bin eher froh, dass ich Christen kenne, die weder deiner Art des Glaubens noch der von Ulrich folgen.
Ich kann mit beiden wenig anfangen. Ihr seid euch ähnlicher als ihr wohl vermutet. Ihr beide setzt euer jeweiligen Christentum als absolut.
Ich bin für friedlichen Streit und Toleranz
Liebe Chey, ich toleriere deine Meinung, ich sei wie Ulrich und würde mein Christentum absolut setzen. Mitnichten: Ich kämpfe schon immer um Toleranz. Aber Toleranz ist nicht die Kunst, eine absolute Wahrheit zu verkündigen. Ich halte unterschiedliche Meinungen, wie ich auch eine habe, aufgrund unterschiedlicher Traditionen, Prägungen und Überzeugungen – über den christlichen Glauben – für sehr erlaubt und legitim. Heute gibt es keine Ketzer mehr. Aber für Ulrich bin ich ein Ketzer. Wir können also über alles streiten und Gründe für noch mehr (friedlichen) Streit ist Intoleranz und auch das Übersehen von Widersprüchen, die theologisch fundamentalistisches Gedankengut in jeder Menge generiert. Im übrigen war die Ewige Verdammnis im Christentum noch nie ein Dogma. Da gibt es bei den Katholiken gewissermaßen eine himmlische Resozailisierung durch das (wie immer auch zu verstehende) Fegefeuer. Die Orthodoxen glauben, dass sich mit Gott unversöhnte Menschen mit ihm noch versöhnen werden. Die anderen Reformatoren haben sich dazu nicht näher geäußert, ausser der Absurdität auch schon mal Glaubensabweichende am Kirchturm der Schweiz aufzuhängen und zu töten. Vor dem Ewigen Leben kann man höchstens vom Himmel noch bestraft, aber nicht mehr (hin)gerichtet werden, weil diese Todesstrafe nach christliche Lehre von Jesus stellvertretend am Kreuz für alle Menschen übernommen wurde – und zwei mal darf jemand nicht für eine Fehltat verurteilt werden. Man könnte vielleicht einwenden, wenn es denn Strafe gibt, dann nur mit den himmlischen Mitteln der Liebe. Nahtoderfahrene berichten so etwas und haben da wohl einen als lebenslang gefühlten Lebensrückblick erlebt, der sie entsetzte und endgültig heilte. 70×7 mal sollen wir unseren Mitmenschen vergeben, also über niemanden endgültig (versuchen) den Stab zu brechen. Dann soll ausgerechnet dies Gott gegenüber Milliarden Menschen tun, die seit Beginn der Menschheit nicht einer Lehre folgen konnten, die sie so nicht kannten. Natürlich wird ohne Jesus niemand erlöst. Aber Jesus erlöst deshalb jeden. Und jede und jeder wird sich daher freiwillig spätestens im Ewigen Leben für Gott entscheiden. Wenn dies aber nicht geschieht, der Himmel also leer bleibt und nur ein winziges Grüppchen Heiliger hineinkommt, wäre das Versprechen Jesu der Erlösung nur Magulatur. Aber kann Gott wirklich versagen??
Dass aber am Ende alle Menschen vor Christus auf die Knie fallen und sich freiwillig mit Gott versöhnen, steht jedenfalls in meiner Bibel. Auch sich Gott gegenüber zu verweigert, halte ich so unwahrscheinlich wie die theoretische Möglichkeit, Saulus hätte sich vor Damaskus nicht für Jesus entscheiden, sondern weiter die Christen verfolgt. Er wurde aber Paulus als der Völkerapostel. Es war in Gottes Plan vorgesehen, dass Saulus/Paulus sich freiwillig für ihn entscheidet, und freiwillig bleibt immer freiwillig. Nur Gott weiß es vorher wirklich.
Ich gehe von 2 Sachen aus:
Meines Erachtens hast du die christliche Lehre und damit auch die Bibel nicht richtig verstanden.
Zweitens halte ich die Inhalte der christlichen Lehre für falsch. Ich habe folglich nicht vor, nach meinem Tod mein Knie vor Jesus zu beugen. Ich denke, meine Erlösung ist eine Sache zwischen mir und Gott. Da ist für einen Jesus bei Nichtchristen wie mir kein Platz.
Wir werden ja sehen , wer Recht hat.
Vielleicht begegnen wir uns ja auch als wiedergeboren Regenwürmer. Dann hätten die Buddhisten richtig gelegen und keiner von uns. 😉
Geistliche Kirchenreformation ist dringend erforderlich
Dass die Mitgliederzahlen in den beiden großen Kirchen sinken, befördert vorallem durch den Traditionsabbruch, ist die eine Wahrheit. Die andere Wahrheit ist, dass es nirgends wie beim Glauben – der eine große Hoffnung auf Gott ist – immer auch wesentlich um das Grundsätzliche geht. Der Traditionsabbruch ist m.E. weniger eine größer werdenden Gottlosigkeit, sondern eine soziologische Veränderung unserer Gesellschaft. Wenn in vielen größeren Städten selbst die Kerngemeinde nicht mehr besteht – also eine zahlenmäßig größere Sonntagsgemeinde, die Gemeindegruppen, Kreise und Angebote – dann fehlen die auch für Christinnen und Christen wichtige Angebote, die eigentlich eine Gemeinde ausmachen. Nämlich Gemeinschaft zu vermitteln, die nicht nur soziales Kuscheln und seelische Tankstellen ermöglichen, sondern auch das gemeinsame Tragen von Lasten und zudem Licht der Welt, Salz der Erde und Sauerteig der Gesellschaft zu sein.
Wie immer, fast schon mit langem Bart, vertrete ich hier die Auffassung, dass Kirche d r i n g e n d umsteuern muss. Nämlich aus einer reinen Komm-Struktur hin zu einer Geh-Hin-Struktur zu kommen: An die Ränder der Gesellschaft, zu den Armen und Abgehängten, an die Hecken und Sträucher der Welt. Gut wäre es, wenn wie bei den Brüder von Taize, wenigstens eine begrenzte Zeit mit armen und abgehängten Menschen das Leben teilten. Wir könnten aus Taufen große gemeinschaftliche Feste für alle Menschen an hierzu geeigneten Seen, Flüssen oder an anderen Gewässern machen. Salbungs- und Segnungsgottesdiensten, auch ganz andere Formen von Gottesdiensten, machen zeichenhaft die Nähe und Zärtlichkeit Gottes greifbar. Schon vor über 50 Jahren entwarfen die Deutschen Jesuiten eine im wesentlichen ökumenische christliche Sichtweise einer Zukunftskirche, die nicht mehr große soziale Antriebsfeder der Gesellschaft ist und sein könnte, aber das ökumenische Angebote der vielen kleinen Gruppen von Menschen, die ihren Glauben exemplarisch leben. Wohlgemerkt: Kirche kann durchaus aussterben wie die Dinosaurier, die dieses Ende wegen ihrem kleinen Gehirn nicht vorausahnen konnten. Kirchen sind nur menschliche Organisationen, aber mit dem menschlich-göttlichen Anspruch auf Liebe und Gemeinschaft. Gott könnte auch ohne Kirchen den Neuen Himmel und die Neue Erde erschaffen, wenn wir es vorher sträflich verabsäumen, eine auch geistlich verstandende Reform an Haupt und Gliedern durchzuführen. Der Heilige Geist wird nicht nach der Rasenmähermethode auf alle versprüht, sondern er kann uns trösten und kräftigen, sowie die müden Glieder aktiv werden lassen. Der große Irrtum ist, dass christliche Regsamkeit nicht zu verwechseln ist mit der Ansicht, wir könnten uns das Heil erarbeiten. Wir werden nicht durch das Tun gerechtfertigt, aber Nichtstun ist nicht ein automatisiertes gerechtfertiges Nichtstun. Letztlich müssen wir weltweit die Ökumene als ein Netz ausbauen, indem wir alle Christen in diese einbinden. Netze haben die Funktion, davor zu schützendurch die Maschen hindurch zu fallen. Bei Ökumene geht es nicht um Vermischung zu einer christlichen Gemüsesuppe, die für jeden etwas zu bieten hat, sondern um die exemplarische Stärkung schwacher Geschwister nach dem Motto, den Schlaf der Gerechtigkeit zu beenden. Die Anzahl der auf Erden lebenden Christen ist nicht eine quantitative Größe, sondern die qualitative Fähigkeit, weltweite kirchliche Trennungen zurückzuführen zu einer Einheit in der Vielfalt. Zur Vermehrung der Pfunde reicht es nicht, wenn der Küster sonntäglich die Häupter der verbliebenden Gottesdienstgemeinde zählt, sondern Menschen in der Gemeinde eine Aufgabe zu geben, die wiederum anderen Menschen der Gemeinde eine Aufgabe geben, weil das Mitleben und Mittun in der Gemeinde die Fäden des Reiches Gottes weben.
Ich denke, dass du zu kurz denkst, eben in den Grenzen des Christentums. Letztlich möchtest du eben doch, dass möglichst alle Christen werden.
Vielleicht wäre es aber auch eine Möglichkeit, das Missionarische aufzugeben und sich als ein Teil einer heterogenen Gesellschaft zu verstehen, in der alle ihren Platz haben.
Allerdings traue ich das vielen Christen insbesondere in Leitungsfunktionen nicht zu.
Andererseits kenne ich Christen, die das genauso sehen. Von diesen kann ich lernen.