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Vom Rocker zum Pastor: „Ich hatte Todesangst“

Thomas Baur wurde von seinem Vater verprügelt, steckte voller Hass. Als Rocker erlebte er einen Bandenkrieg mit. Erst der Glaube an Gott gab ihm eine Perspektive für sein Leben.

Herr Baur, Ihr Vater hat Sie verprügelt, Ihre Klamotten auf die Straße geworfen. Sie haben viel Gewalt in der Familie erlebt. „Vererbt“ sich so etwas?

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Thomas Baur: Das ist total vererbbar. Ich hab die Wutausbrüche meines Vaters geerbt. Auch meine Tochter ist sehr impulsiv. Und ich kenne viele Leute mit einer ähnlichen Geschichte. Man verändert sich, aber es steckt tief in einem drin.

Sie berichten, dass Sie große Hassgefühle hatten. Andererseits war Ihr inneres Leben so taub, dass Sie drei Selbstmord-Versuche unternommen haben – die aber kläglich gescheitert sind.

Ich hatte zwei ältere Geschwister, die sind mit 18 zu Hause raus. Mein kleiner Bruder und ich, die Nachzügler, waren übrig. Und ich wusste nicht, wo ich hätte Hilfe kriegen können. Ich war in der Schule unbeliebt, keiner wollte mich. Da schien für mich der Selbstmord die Lösung.

Sie sind als Jugendlicher schon mit dem Tod konfrontiert worden: ein Freund ist an Krebs gestorben.

Das war direkt vor meiner Rocker-Phase. Ich habe den Todeskampf meines Freundes jahrelang mitgemacht, mit 15, 16! Als er dann tot war, fühlte ich mich total ohnmächtig. Dann habe ich die Rocker kennengelernt, mit 17 – und die wurden mein Familien-Ersatz. Unser Motto war: Einer für alle, alle für einen – und das war auch so! Wir haben alles miteinander geteilt.

Wie tief geht denn die Kameradschaft unter Rockern tatsächlich?

Es gibt zwei Welten bei den Rockern. Es gab damals die kleinen Rockergruppen, wie unsere, die eher familiär geprägt waren. Wir haben Kutten-Taufen gemacht, im Matsch, mit Bier, sind mit dem Motorrad drübergefahren, waren zusammen auf dem Münchener Oktoberfest …

Einige der großen Rocker-Klubs heute sind Organisationen wie die Mafia, die betreiben Drogenhandel, Prostitution, Waffendeals; das hat mit Rockerromantik nichts mehr zu tun. Ich habe später einen Bandenkrieg miterlebt, da ging es nur noch ums Überleben. Ich hab keine Ruhe mehr gehabt, mich ständig umgedreht, hatte Todesangst.

Sie haben dann den Ausstieg aus der Szene geschafft, im August 1989. Was haben Sie damals entdeckt, was Sie nicht kannten?

Nach einer brutalen Prügelei bei einer Rockerparty hab ich realisiert: Dieses Gelabere von „Brüderschaft“ und „Ehre“ ist alles nur verlogen. Ich habe keinen Sinn mehr darin gesehen, bin in ein großes „Loch“ gefallen – und war überzeugt: Du wirst keine 25 Jahre alt, sondern kommst vorher um: durch Drogen, das Motorrad oder Gewalt. Ich wollte auch nicht älter werden.

„Es war auf einmal ein Frieden in mir.“

Ausgerechnet da hat mich meine Schwester zu einer christlichen Veranstaltung mitgeschleppt, obwohl sie mir mit ihrem frommen Gerede unheimlich auf den Wecker gegangen ist. Aber ich hatte immer die Frage nach Gott in mir. Also bin ich mit. Dann sprach eine Predigerin – und mir wurde heiß und kalt.

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Jahrelang war Angst mein Thema gewesen – vor meinem Vater, meiner Mutter, vor der Zukunft, den Rockern … Und diese Angst war an dem Abend komplett weg! Es war auf einmal ein Frieden in mir. Ich habe mich total frei gefühlt … Ich habe tatsächlich Gott gefunden. Das ist alles real!

Was hat sich verändert: Was ist heute entscheidend für Sie?

Ich bin seit 2010 Pastor. Und meine Vergangenheit hilft mir heute. Ob jemand Junkie ist, Alkoholiker, psychisch krank, aus der Szene … ich kenn das alles.

Entscheidend ist: Gott liebt die Menschen. Er liebt mich so wie ich bin – das ist der Punkt.

Sie haben irgendwann auch Ihren Eltern vergeben – bei allem, was die ihnen körperlich und seelisch angetan haben …

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Oh ja! Erst mit dem Geschenk der Gnade Gottes wurde es gut, dadurch hat sich etwas verändert. Und ich sage denen, die ähnliche Dinge erlebt haben, heute: Du vergibst nicht um deines Vaters willen oder wem auch immer – sondern um deiner selbst willen! Wenn man vergibt, wird man frei.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Jörg Podworny.


Lebenslust Special Ostern 22

Dieser Artikel ist in der Zeitschrift lebenslust erschienen. 
Lebenslust wird vom SCM Bundes-Verlag herausgegeben, zu dem auch Jesus.de gehört.

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1 Kommentar

  1. Wenn man vergibt

    „Wenn man vergibt, wird man frei“! Dieser Satz hat mir bei Rockerpastor Baur am besten gefallen. Nach meinem Eindruck geht durch unsere ganze Bibel ein roter Faden, denn dort werden Geschichten erzählt, dass Gott eine Vorliebe für einsichtige aber unvollkommene Leute hat. Da denke ich an den altbekannte Vers „wir sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhmes, den wir vor Gott haben sollten“! Ich bin kein Rocker, und andere sind es auch nicht. Die meisten von uns Christinnen und Christen leben einigermaßen wohlanständig, vielleicht eher unauffällig und angepasst. Wenig revolutionäres geht meist von uns Jesusnachfolger*innen aus. Wir sind oft nicht die Zöllner aus der Bibel, die vorher die Leute wie Raubritter und fehlgeleitete Steuereintreiber ausgenommen haben. Selten tritt von uns jemand als Moses auf, der doch so stotterte, dass er vor dem mächtigsten Mann der Welt nicht erscheinen will. Nicht bin ich ein Saulus, habe vorher meine Mitchristen verfolgt oder getötet und daher wurde auch kein Paulus aus mir und kein Völkerapostel. Aber auch ich bin wie alle Menschen ein Sünder, sogar der Kirchenpräsident, der Papst oder andere große Vorbilder sind es. Doch auch wenn ich nicht vom Rocker zum Pfarrer mutierte, sie füllt mir und jedem anderen der es will, Gott jeden Tag die leere Hand. Er vergibt jeden Tag unsere Schuld. Daher dürfen auch wir genauso unseren Nebenmenschen vergeben: Unseren gemeinen Kollegen. Den ungeratenen Eltern oder Kindern. Den Arroganten mit den Sonnenbrillen am Strand, die den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Aber auch uns selbst. Denn da ist einer der sagt, er sei nicht für die Gesunden gekommen, sondern für die Kranken. Für die, welche sich schuldig fühlen, also bereits vor 2000 Jahren sich schon hinter den Tempelsäulen versteckten .Oder die sich heute vor ihrem Gewissen verbergen, weil es bildlich gesehen in ihrem Leben einige Leichen zu viel gibt. Da kommt Gott, der vergibt ohne dass wir es verdient haben. Auch nicht, dass wir uns auf Dauer bessern. Er hat einfach notariell am Kreuz alle unsere Defizite dort angenagt, und damit gewissermaßen perfekt himmlisch-notariell für alle Zeiten als ungültig erklärt: Für Rocker, Drogenaussteiger, Haftentlassene, noch viele bösere Frauen und Männer, aber auch für den wohlanständigen Fritz Müller und die brave Hausfrau Marianne Schmidt. Oder die vielen Kleinen und Unauffälligen mit wenig Selbstsicherheit, deren Leben nicht im Netz geteilt werden. Mit dieser Vergebung gibt Gott uns die allergrößte Freiheit, uns freiwillig und in Dankbarkeit in seine gnädige Hand zu geben. Niemand ist freier als wir und niemand ein größerer Revolutionär als derjenige oder diejenige, die vergeben kann, weil Gott von aller Last befreit. Aber vergeben ist nicht ein zuckersüßes Übertünchen der Vergangenheit mit der Gnade des perfekten Vergessens, sondern davon fest überzeugt zu sein: Wenn ich jemanden vergebe, vergibt ihm Gott dies gleichzeitig auch. Wenn ich ihm nicht vergebe, wird Gott ihm trotzdem vergeben. Denn derjenige der vollkommene Liebe ist, wird nur mit Liebe herrschen, dienen und richten. Sein Gericht geschah am Kreuz. Unsere einzige Bringschuld ist nur die Dankbarkeit und der gute Wille. Mein Lieblingsrocker war kein Rocker sondern ein SS-Offizier, zuvor gottlos genauso wie auch formal gefordert religionslos. Aber dann erhielt er in den letzten Kriegstagen den Befehl, alle Menschen in einem kleinen Dorf zu erschießen. Er tat es nicht, verweigerte den Befehl und nur das Eintreten des Kriegsendes rettete sein Leben. In diesem Moment war er Gott begegnet und ein großartiger Ein-Mann-Theaterspieler in vielen Kirchen ebenso erschaffen. Sein Grundthema: Es gibt auch Hoffnung für Judas, denn auch für ihn ist Jesus am Kreuz gestorben. Denn er wusste: Gott hat mir vergeben

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