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Wie halte ich es mit der Hoffnung?

Out of the Box – Weil wir wunderbar gemacht sind

Die zweiwöchentliche Kolumne von Tom Laengner


„Die Hoffnung stirbt zuletzt“ ist mehr als ein Kalenderspruch. Das erfährt Tom Laengner, als er einer kongolesischen Band körperbehinderter Menschen begegnet.

Kein Mensch wird so blöd sein, die Hoffnung als überflüssig zu bewerten. Allerdings muss ich schon für mich selber entscheiden, wo ich Hoffnung schöpfen will. So manches finde ich, sagen wir mal, zu wenig durchdacht. Es erinnert mich an einen Film, in dem ein Mann aus einem Wolkenkratzer springt. Als er beim 148. Stockwerk ankommt, sagt er: „Bis jetzt ist alles gut gegangen. Hoffen wir, dass es so bleibt!“ Ich weiß leider nicht, wie die Geschichte ausgegangen ist. Aber wohin mich diese Haltung zur Hoffnung führt, das ahne ich.

Townes van Zandt gehörte zu den Menschen, die mit der Hoffnung rangen. Auf jeden Fall schrieb der US-amerikanische Sänger nicht nur ergreifend melancholische Songs. Nein, als Songwriter komponierte er, soweit ich weiß, auch schaurig hoffnungslose. Als er dann eines schönen Tages den Folgen seines exzessiven Lebensstils erlag, war er gerade einmal 53 Jahre alt geworden.

Nicht alles, was gut klingt, ist wahr

Für die Stilikone des Alternative Country gingen die gut gemeinten Worte von Oscar Wilde ins Leere. Der irische Schriftsteller hatte nämlich mal gesagt: „Am Ende wird alles gut werden. Und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende“. Wenn das nicht ermutigend klingt! Aber nicht alles, was cool klingt, ist eben auch wahr.

Dabei fällt mir ein: Umgekehrt ist es genauso. Auf einer Geburtstagsfeier durfte ich am letzten Wochenende zuschauen, wie eine Suppe aufgewärmt wurde. Sie sah aus wie die stark verdünnte Farbe Umbra aus dem Pelikan-Malkasten meiner Grundschulzeit. Das blieb auch auf den zweiten Blick so.

Doch dann war sie derart geschmacksintensiv, dass ich viermal nachgenommen habe. Was auf den ersten Blick nicht so erhebend ausschaut, kann also durchaus grandios sein. Das Leben hatte wieder ein Mal beschlossen, mich zu überraschen!

Geschichten, die ermutigen

Melancholie und Hoffnungslosigkeit ertrug ich früher ganz gut. Ergänzt durch ein paar Gläser Bier konnte ich mich im Selbstmitleid suhlen. Mit Gleichgesinnten wurde das nahezu ein Fest. Aber: Hoffnungslosigkeit ist eine Katastrophe. Wie für den texanischen Sänger. Kein Mensch säuft sich ins Delirium, weil der Fusel ihm so gut schmeckt. Sehr traurig! So richten mich Geschichten von Leuten auf, die vor ihrem Elend nicht kapituliert haben.

Ich erinnere mich an die Band Staff Benda Bilili. Diese Kapelle aus Straßenmusikern der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa hatten es durch ihre Beharrlichkeit auf eine Europatournee geschafft. Sie hatten sogar einen Plattenvertrag. In ihren Liedern sagen sie Polio den Kampf an. Und sie erzählen vom harten Leben auf der Straße, wo Straßenkinder die Pappe verteidigen müssen, auf der sie schlafen.

Voller Leidenschaft

Die Bandmitglieder saßen im Rollstuhl oder hielten sich auf Holzkrücken senkrecht. Es war der Sänger Coco Yakala Ngambali, der sich während eines Songs im niederländischen Zwolle aus dem Rollstuhl wuchtete und auf dem Boden tanzend über die Bühne wirbelte. Dabei ragte er kaum über die Bühnenlautsprecher hinaus. Er schwitzte und strahlte, dass ich meinte, die Sonne könne sich eine Pause gönnen.

Soll ich ihm nicht glauben, wenn er später singt: „Es ist nie zu spät im Leben. Das Glück trifft eines Tages auch dich und du kannst dir eine Matratze kaufen.“ Wir wissen, dass die zu Pappe einen enormen Unterschied macht!

Hoffnung bis zum Ende

Mein Sohn und ich hatten damals einen Termin für ein Interview in dem Theater im niederländischen Zwolle. Wir haben das sehr ernst genommen, als diese Männer uns sagten: „Ein Mensch ist erst am Ende, wenn er am Ende ist“. Hoffnung gibt es demnach bis zum letzten Atemzug.

Will ich mein Leben in diesem Sinne ergreifen? Mich haben diese Männer ein wenig an Abraham erinnert, von dem in der Bibel geschrieben wird, dass er hoffte, wo es nichts mehr zu hoffen gab. Sehr steil, äußerst kraftvoll! Er vertraute offenbar Gott nicht nur bei schönem Wetter. Und das auch noch über viel Jahre.

Ob der Mann, der im freien Fall vom Dach des Wolkenkratzers gesprungen war, sich an Abraham orientieren wollte, bezweifle ich aber stark. Vielleicht hatte er nur nicht alle Tassen im Schrank. Soll ja öfters vorkommen.

Alle Kolumnen von Tom Laengner findet ihr hier.


Tom Laengner ist ein Kind des Ruhrgebiets. Nach 20 Jahren im Schuldienst arbeitet er journalistisch freiberuflich und bereist gerne unterschiedliche afrikanische Länder. Darüber hinaus arbeitet er als Sprecher für Lebensfragen und Globales Lernen. In seiner Kolumne „Out of the Box – Weil wir wunderbar gemacht sind“ schreibt er regelmäßig über Lebensfragen, die ihn bewegen.

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1 Kommentar

  1. Am Ende wird wirklich alles gut

    „Am Ende wird alles gut werden“! Dies ist tatsächlich das Fundament meines Glaubens: Ich kann nicht tiefer fallen als in die geöffneten Hände meines Schöpfers. Daraus abgeleitet ist der Glaube immer eine sehr große Hoffnung auf die Wirklichkeit Gottes. Allerdings gibt es auf Erden auch keinen Menschen, der im Vollbesitz der Wahrheit über das Universum, die Geheimnisse des Lebens und damit über den letzten Sinn unserer irdischen Existenz ist. Unser Glaube kann – zumindest radikal (in einem friedlichen Sinne) gedacht – wie der Sprung mit verbundenen Augen von einem höheren Kasten sein. Das Vertrauen besteht bei (diesem Vertrauensspiel) darin, fest zu hoffen und gleichsam zu hundert Prozent überzeugt zu sein, dass die Untenstehenden ihre Hände und Arme ausbreiten. Also aufgefangen zu werden, im übertragenen Sinne auch von Gott, dies ist eigentlich Glaube und Vertrauen. Allerdings haben wir viele Geschenke in dieses Leben mitgenommen. Einmal ein GROSSES GEHIRN: Niemand zwingt uns ohne Grund, nicht daran zu glauben dass 1+1=2 ergibt. Nirgends steht geschrieben, Jesusnachfolger sollten ihr Denken in der Garderobe des Lebens an den Haken hängen. VERNUNFT: Auch und gerade Christinnen und Christen dürfen logisch nachdenken, alles diskutieren und jede Überlegung in ihr Leben einbeziehen, der zur Vernünftigkeit rechnet. Also vom Hochhaus zu springen ist tödlich. Niemand kann (sinnbildlich) auch über den eigenen Schatten springen. Allmachtsphantasien persönlicher Art oder von Ideologien bzw. Staaten führen dazu, dass dieser „Turmbau zu Babel“ einstürzt und soziale Beziehungen zerstört werden können. FREIHEIT: Jeder und jeder darf in unsere Gotteshäuser hineingehen und ist immer willkommen. Aber die Tür ist auch offen, jederzeit dem Glauben an den Rücken zu kehren. Unsere Freiheit ist mit der Aufgabe verknüpft die gute Schöpfung zu bewahren. Aber Gott macht uns auf Kosten unserer Freiheit nicht zu seinen Marionetten. Immer wäre es möglich, durch Irrtum oder Absicht mit einem Atomkrieg unsere Zivilisation auslöschen. GLAUBE besteht darin, dass mich und uns Gott nie fallen lässt, um unserer selbst willen, und nicht wegen meiner oder unserer Schuld. Dieses unbedingte Vertrauen macht unsere selbstgewählte Nähe/ Ferne zu Gott nicht zur Automatik. Der Verlorene Sohn, auch die ganze Menschheit, darf/muss immer zurückkehren. Gott ist mit uns stets versöhnt, nicht aber wir. AM ENDE WIRD ALLES GUT: Weil Gott nicht scheitern kann, sich alle Menschen freiwillig mit ihm versöhnen und auch das Himmlische Gericht eines mit den Mitteln der Liebe ist: Also alles wieder in Ordnung zu bringen. Recht hat Tom Laengner auf jeden Fall wenn er schreibt: „Ob der Mann, der im freien Fall vom Dach des Wolkenkratzers gesprungen war, sich an Abraham orientieren wollte, bezweifle ich aber stark. Vielleicht hatte er nur nicht alle Tassen im Schrank. Soll ja öfters vorkommen“!

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