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Wolfgang Thierse: „Christen sollen sich in Politik einmischen“

Welche Rolle der christliche Glaube in der Politik spielt und warum Christen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen sollten – darüber sprach Wolfgang Thierse, Bundestagsvizepräsident und bekennender Katholik, am Sonntag in einem Gottesdienst in der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Zoar in Berlin.

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Despotismus kommt ohne Religion aus – Freiheit nicht." Mit diesem Zitat des französischen politischen Philosophen Alexandre de Tocqueville begann Thierse seine Predigt. Dem Satz stellte er den Vorwurf von Kritikern gegenüber, Religion sei freiheitsfeindlich und solle sich aus der Politik heraushalten. Aus Sicht der Bibel sei das eine nicht haltbare Forderung, sagte Thierse: "Es gibt viele Bibelstellen, in denen von christlicher Verantwortung für das Miteinander von Menschen die Rede ist. Deshalb ist nicht allein ein geglaubter christlicher Glaube, sondern vielmehr ein gelebter Glaube notwendig."

 Als wichtigstes Ziel von Politik nannte Thierse, der sieben Jahre Präsident des Deutschen Bundestages war und seit 2005 dessen Vizepräsident ist, den Schutz der Menschenwürde. Er begründete dies damit, dass Gott jedem Menschen die gleiche Würde verliehen hat, und kritisierte, dass der Mensch in einer Marktwirtschaft auf "Arbeitskraft und Konsument reduziert" würde. Das Evangelium jedoch bemesse den Wert eines Menschen nicht nach dessen Leistung, Geldbeutel oder Erfolg. Stattdessen handele die Bibel von der Würde der Leidenden, der Scheiterten, der Behinderten, der Armen und der Kranken. "Das Evangelium ist ein befreiender Einspruch gegen die Entmoralisierung der sozialen Beziehung und gegen die Absolutsetzung des ökonomischen Erfolgs", sagte Thierse.

 Vor diesem Hintergrund ist die Schaffung eines sozialen Ausgleiches laut Thierse ein weiteres zentrales Ziel von Politik. Den Sozialstaat, wie es ihn in Deutschland gibt, bezeichnete er als die "größte europäische Kulturleistung", den Politiker bewahren und weiterentwickeln müssten. Auch Christen sollten politische und gesellschaftliche Verantwortung für sich und ihre Mitmenschen übernehmen. Thierse: "Die Frage an dieser Stelle ist, lässt man andere über sich entscheiden oder versucht man, Einfluss zu nehmen?" Christen, die sich hier angesprochen fühlen, könnten sich beispielsweise auf kommunalpolitischer Ebene oder in Verbänden und Initiativen engagieren, riet Thierse.

 Er selbst ist seit 1990 Mitglied in der SPD und war bis 2005 einer der stellvertretenden Parteivorsitzenden. Zudem gehört der heute 68-Jährige dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken an. Was ihm an Politik am meisten interessiert? "Ich bin ein leidenschaftlicher Diskutierer", antwortete er und erklärte: "Demokratische Politik ist größtenteils Kommunikation, Gespräch und friedlicher Streit – nach Regeln der Fairness." Allerdings nerve es ihn manchmal, dass demokratische Politik "mühselig und langsam" sei, weil möglichst viele ihren "Senf" dazugeben sollen.

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 Dass die Übernahme politischer Verantwortung unter Umständen einfach und bequem sein kann, zeigte sich am Ende des Gottesdienstes: Eine Frau appellierte an die Gemeinde, sich an einer Unterschriftensammlung für eine Petition zugunsten der Finanzierung von persönlichem Pflegepersonal für Behinderte während eines Krankenhausaufenthaltes zu beteiligen. Fast alle Unterschriftenlisten waren am Ende ausgefüllt.

(Quelle: Christliches Medienmagazin Pro)

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