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Ein Schatz auf dem Dachboden – der Bibelmaler (Teil I)

August 2013. Martin Wiedmann entrümpelt die Kunstgalerie seines verstorbenen Vaters Wilhelm im schwäbischen Bad Cannstatt. Aufräumen und Erinnerungen retten. Auf dem Dachboden entdeckt der Sohn in einer Ecke vier verstaubte Alukisten und kann kaum glauben, was er darin findet: Ein riesiges Faltbuch (Leporello) mit 3.333 Illustrationen: das komplette Alte und Neue Testament in Bildern, gemalt von seinem Vater.
Von Laura Schönwies

Rückblende: Wilhelm Richard Heinrich Wiedmann, von allen Willy genannt, wurde 1929 in Ettlingen geboren. Er war ein Universalkünstler: Wiedmann studierte Musik und Malerei. Um sich sein Studium zu finanzieren, aber auch später in seinem Leben, spielte er in Fernsehbands und Jazzclubs – unter anderem mit weltbekannten Künstlern wie Louis Armstrong, Ella Fitzgerald oder Benny Goodman. Er unterhielt mehrere Galerien im In- und Ausland, betrieb Bildhauerei, komponierte 150 Opuswerke, malte rund 30.000 Bilder, schrieb sieben Bücher und verfasste 500 Gedichte.

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„Die Familie kam für ihn erst an 17. Stelle“, erinnert sich sein Sohn schmunzelnd. „Ich selbst bin relativ früh ins Ausland gegangen. Die Verbindung zu meinem Vater war sehr bescheiden.“ Deshalb ist Martin Wiedmann auch nicht enttäuscht, dass ihm sein Vater nie ausführlich von seinem Bibelprojekt erzählt hat. „Ich habe Verständnis für ihn. Das war eben seine Welt, sein Leben. Da sind keine Enttäuschung und keine Wut, sondern große Bewunderung für das, was er geleistet hat.“

Martin Wiedmann auf dem Dachboden der Galerie seines Vaters Willy Wiedmann (Bild: Wiedmann Media AG).

In den besagten Alukisten entdeckt Martin Wiedmann auch Bücher mit schriftlichen Aufzeichnungen seines Vaters. Erst die geben ihm Aufschluss über das Bibelprojekt. „Alles begann mit einem Auftrag der Stuttgarter Pauluskirche im Jahr 1984“, erzählt der Sohn. Die Aufgabe: Großflächige Bilder biblischer Geschichten für Decken und Wände der Kirche entwerfen und malen. Wiedmann schuf innerhalb von sechs Monaten vier Wandgemälde und drei sogenannte Friesen. „Mein Vater war wie ein kleiner Michelangelo“, sagt sein Sohn heute lächelnd.

Inspiriert durch die Arbeiten in der Pauluskirche hatte Willy Wiedmann sein ganz eigenes Bibelprojekt gestartet. Er wollte die Heilige Schrift in einer Sprache verbreiten, die alle Menschen verstehen: der Bildersprache. Sein ehrgeiziges Projekt sollte nicht nur ausgewählte Schriften umfassen, sondern die komplette Bibel von der Schöpfungsgeschichte bis zur Offenbarung. Ein Mammutprojekt.

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„Jedes Bild ist seine Interpretation einer Bibelstelle“

Wie ging Willy Wiedmann bei der Illustration vor? „Mein Vater hat jeden Vers verinnerlicht, um das Gelesene dann in ein Bild zu übersetzen“, erzählt Martin Wiedmann. Willy Wiedmann hatte sich dazu 40 verschiedene Bibelübersetzungen besorgt. „Wenn mein Vater in einer Bibel etwas nicht verstanden hat, dann hat er dieselbe Stelle in einer anderen Ausgabe nachgeschlagen“, erklärt sein Sohn. „Mal setzte er ganze Geschichten, mal Kapitel oder einzelne Verse in seine Bildsprache um.“ Große Flächen malte Wiedmann mit Aquarellfarbe, für Details nutzte er spezielle Filzstifte, bei denen sich die Intensität der Farbe verändert, je nachdem wie man sie einsetzt. „Seine Bibel ist sehr farbenfroh im Vergleich zu anderen Bibelinterpretationen, die eher grau und düster sind“, erklärt Martin Wiedmann.

Adam und Eva in der Wiedmann Bibel (Bild: Wiedmann Media AG)

Insgesamt 16 Jahre arbeitete der Künstler an „seiner“ Bibel. Das Ergebnis in Zahlen: 3.333 Bilder, aneinandergereiht 1.2 Kilometer lang mit einer Fläche von 645,2 Quadratmetern. Doch die nackten Daten allein werden dem Werk nicht gerecht: „Es ist wie ein einzelnes Bild“, beschreibt Martin Wiedmann die Bibel seines Vaters. „Alles geht fließend ineinander über, ähnlich wie bei einer Filmrolle.“

Die Faltbibel vollendete Willy Wiedmann, doch sein großer Plan scheiterte: Er fand keinen Verlag für die Veröffentlichung seiner Bibel. Der Druck sei viel zu teuer und qualitativ nicht machbar, hieß es. Und so begrub Willy Wiedmann seinen Traum von einer gedruckten Bilderbibel in vier Alukisten auf dem Dachboden seiner Galerie. Dort lagerte das Werk 13 Jahre lang – bis zum besagten August 2013.

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In Teil II erfahrt ihr,
wie die Wiedmann-Bibel im Guinnessbuch der Rekorde landete
und wie sie das Leben des Sohnes verändert hat.

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Bild: Wiedmann Media AG

Ende Februar ist die ART EDITION der Wiedmann Bibel im Buchhandel erschienen. In jeweils zwei Bänden sind auf rund 2.000 Seiten alle Bilder abgedruckt und mit erläuternden Texten aus der Lutherbibel 2017 versehen. Außerdem sollen Überschriften und kurze Erklärtexte dem Betrachter helfen, sich zurechtzufinden. Ergänzt werden die Erklärungen durch Zitate und Textausschnitte aus Willy Wiedmanns Aufzeichnungen. Einzelne Seiten lassen sich ausklappen, um an den Leporellostil des Originals zu erinnern. Die Ausgaben erscheinen im Verlag der Deutschen Bibelgesellschaft.

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