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Bibel kompakt: 1189 Kapitel in 1189 Sätzen

Jonathan Enns hat jedes Kapitel der Bibel in einem Satz zusammengefasst. Warum hat er das getan? Und wie hat das seinen Umgang mit Gottes Wort verändert?

Faszination Bibel: Jonathan, wie bist du auf die Idee gekommen, die Bibel so zu komprimieren, dass du jedes Kapitel in einen einzigen Satz bringst?

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Jonathan Enns: In den letzten Jahren habe ich immer mehr Freude an Gottes Wort entwickelt. Irgendwann habe ich begonnen, die Texte für mich selbst laut zu lesen. Unter anderem im Buch Hiob war das schön, weil die Sprache dort so kunstvoll ist.

Daraus entstand ein erstes Hörbuch, und zwar über den Messias – mit prophetischen Texten aus dem Alten Testament und mit Berichten aus den Evangelien. Danach fragte ich mich, welche weiteren Zugänge zu Gottes Wort es geben könnte. So kam ich auf das Konzept der „Bibel kompakt“.

Was hat dich beim Gedanken des Kompakten gereizt? Warum wolltest du es zusammenfassen?

Vieles ist ja sehr detailreich geschrieben. Doch bald verliert man sich auch in den Einzelheiten. Irgendwann fragt man sich: Worum geht es denn hier eigentlich? Zum Beispiel bei der minutiösen Beschreibung der Stiftshütte … Was ist da der Sinn des Ganzen?

Mir scheint es hilfreich, wenn man da einmal einen Überblickstext bekommt. Man kann dann kurz „drüberschweifen“, den roten Faden der Bibel entdecken und die Details besser ins große Ganze einordnen.

Die Sache mit den Bäumen, bei denen man den Wald nicht mehr sieht?

Ja, so ist es.

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Ist die Bibel kompakt auch für Bibel-Einsteiger geeignet, die ja viele Details noch gar nicht kennengelernt haben?

Ja, solchen Lesern hilft es, wenn sie das Grundkonzept eines biblischen Buches verstehen. Sie können einen ersten Einstieg finden. Andererseits: Je besser man sich in der Bibel auskennt, desto mehr kann man auch aus der Bibel kompakt herausholen, weil hier ja vieles nur durch Stichwörter angerissen werden kann.

Wer mit der Bibel vertraut ist, weiß, was hinter manchen Stichwörtern steckt – an welcher Glocke da geläutet wird. Das erfassen Einsteiger so noch nicht, doch sie können dennoch den großen Bogen erfassen.

„Diese Zusammenfassung soll ja keineswegs ein Ersatz für Gottes Wort sein!“

Wenn du den roten Faden herausarbeiten willst, musst du ja selbst vorab entscheiden: Was ist jetzt das Wichtigste in dem Kapitel? Worauf kommt es wirklich an?

Ja, und natürlich ist das eine subjektive Entscheidung. Ein anderer Autor hätte bestimmt eine ganz andere Kompaktbibel geschrieben. Dennoch habe ich versucht, die großen Meilensteine der Bibel mitzunehmen. Diese Zusammenfassung soll ja keineswegs ein Ersatz für Gottes Wort sein! Ich möchte einen bestimmten Zugang schaffen, um zu einem tieferen Einstieg in Gottes Wort zu ermutigen.

Hat dir an manchen Stellen mal das Herz geblutet, weil du so viel aus einem Kapitel weglassen musstest?

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Ja, vor allem dort, wo es nicht nur um den Inhalt, sondern auch um die Sprachform geht. Im Hiobbuch ist das zum Beispiel so. Das Lied auf die Weisheit dort ist hohe Poesie. Ich habe zwar versucht, das wiederzugeben, aber in einem einzigen Satz gelingt das natürlich nicht immer.

Es lebt ja wirklich eine große Formen-Vielfalt in der Bibel. Gesetzestexte, Gebete, Klagelieder, Argumentationen, dramatische Visionen … Das kann man kaum jeweils in einem einzigen Satz abbilden.

Teilweise stimmt das. Aber auch wenn dadurch eine gewisse Distanz entsteht, ist das erst einmal gar nicht schlimm. Es gibt ja auch Zusammenfassungen von Filmen. Ihr Nutzen besteht darin, dass der Leser erfährt, worauf er sich einlässt, worin die Grundidee besteht. Wenn man den ganzen Reichtum haben will, muss man natürlich das Original schauen – oder, im Fall der Bibel, lesen.

Und wie hast du dann versucht, doch etwas von der besonderen Form rüberzubringen?

Bei Hiob zum Beispiel habe ich die dialogische Form beibehalten. Dadurch wird es lebendiger. Auch in den Psalmen habe ich mich bemüht, den Ton emotional zu halten. Und ich habe die Ich-Perspektive eingenommen. So spüren wir mehr vom Innenleben der betenden Personen.

Du bist für dein Projekt nun die ganze Bibel durchgegangen. Ist dir etwas begegnet, was du – obwohl du die Bibel eigentlich kennst – doch ganz neu gesehen hast?

Ja. Für mich war der Gedanke der Gerechtigkeit eindrücklich: Von Anfang bis Ende zieht sich durch, dass Gott ein gerechtes Miteinander von uns Menschen will. Dass der Wohlstand, den wir erwirtschaften, für alle da sein kann.

Wenn das Volk Israel sich von Gott abgewandt hat, sind sie immer egoistischer geworden, haben andere missachtet, sind auf die Schwächeren nicht eingegangen. Später kommt das bei Johannes dem Täufer wieder: Wer zwei Hemden hat, soll dem eins geben, der keins hat. Und auch Jesus greift das auf.

Ja, die Propheten im Alten Testament reden viel darüber. Hast du das Thema auch schon ganz am Anfang der Bibel gefunden?

Schon bei Noah heißt es: Die Erde war erfüllt von Gewalttat. Wenn Menschen einander gewalttätig begegnen, kann es nicht gerecht zugehen. Deshalb griff Gott durch die große Flut ein, um dieses Unrecht auszulöschen.

„Gerade in Kombination mit dem Alten Testament ist mir die große Bedeutung der Person „Jesus“ bewusster geworden.“

Neue Entdeckungen in der Bibel – hast du die bei deiner Arbeit auch an Jesus gemacht?

Gerade in Kombination mit dem Alten Testament ist mir die große Bedeutung der Person „Jesus“ bewusster geworden. Er ist nicht nur der nette Wanderprediger aus dem Neuen Testament, sondern er wurde schon lange zuvor angekündigt. Er ist das Event in der Menschheitsgeschichte. Selbst der Seher Bileam spricht von jemandem, der kommen wird …

… dem Stern aus Jakob, der aufgehen soll …

… obwohl dieser Bileam das Volk Israel ja eigentlich verfluchen sollte. Durch diese übergreifenden Zusammenhänge ist Jesus noch größer für mich geworden.

Bei welchem biblischen Buch hattest du die meisten Schwierigkeiten, es knapp auf den Punkt zu bringen?

Das waren die Briefe im Neuen Testament. Jedes Kapitel ist voller gedanklicher Konzepte, und das in einer sehr dichten Sprache, viele unterschiedliche Themen werden angerissen … Es war schwer zu erfassen: Was ist der Gedanke hinter diesen Gedanken? Was eint diese verschiedenen Konzepte?

„Den Gedanken hinter den Gedanken erfassen“, die Leitgedanken herausfiltern: Kann man das auch für sein eigenes Bibellesen trainieren – und hilft es zum besseren Verstehen?

Ich denke schon. Ich musste da ganz handwerklich rangehen. Wenn ich beim ersten Durchlesen eines Kapitels noch keine Idee für eine knappe Zusammenfassung hatte, dann habe ich es noch mal gelesen und vieles rausgeschrieben: Stichwörter, zentrale Passagen …

Dann hatte ich eine halbe DIN-A4-Seite mit Notizen und konnte prüfen: Was vereint diese Gedanken? So habe ich Fähigkeiten trainiert, die mir auch künftig beim Bibellesen helfen.

„Je mehr ich einen Acker bearbeite, desto mehr fördere ich zutage – anstatt einfach nur mit dem Auto dran vorbeizufahren.“

Hast du damit vielleicht sogar eine Methode gefunden, abgesehen von deinem Projekt Bibel kompakt, die hilft, Paulus zu verstehen? Indem man seine Gedanken herausschreibt?

Auf jeden Fall. Alles, was ich versuche, mit eigenen Worten wiederzugeben, muss ja im Gehirn verarbeitet werden. Je mehr ich einen Acker bearbeite, desto mehr fördere ich zutage – anstatt einfach nur mit dem Auto dran vorbeizufahren.

Mit welcher Bibelübersetzung hast du gearbeitet?

Bewusst mit einer einfachen, nämlich der Hoffnung für alle. Wenn ich mir über manche Begriffe nicht klar wurde oder mehr Inspiration brauchte, habe ich auch andere hinzugenommen, indem ich online fünf, sechs Übersetzungen nebeneinander aufgerufen habe. Die Hoffnung für alle war aber mein Hauptwerkzeug, denn meine Zusammenfassungen sollten ja gut verständlich bleiben. Da hat diese Bibel schon gute Vorarbeit geleistet.

Ist dies auch für deine persönliche Bibellese deine bevorzugte Übersetzung?

Ich variiere am liebsten. Ich lese auch gern die Neue Genfer Übersetzung. Wenn ich richtig tief einsteigen will und auch die Sprache schätzen möchte, nehme ich die Elberfelder Bibel. Sie hat einen viel stärkeren Ausdruck – auch wenn man sie laut liest. Poetische Bücher kommen hier besser zur Geltung.

„Um mir einen Text bewusst zu machen, lese ich daher laut, egal ob säkulare Texte oder die Bibel.“

Laut lesen, sagst du: Ist das auch eine hilfreiche Methode, dass man sich selbst etwas aus der Bibel vorliest? Zieht einen das noch anders in die Bibel hinein?

Ich denke schon. Ich muss mir dann noch mal ganz anders Gedanken machen. Und es bremst meine Lesegeschwindigkeit. Ich merke an mir selbst: Das Leseverhalten hat sich geändert durch Internet, Smartphone, Hyperlinks. Man scannt den Text eher nach Stichworten ab. Und damit geht etwas verloren.

Um mir einen Text bewusst zu machen, lese ich daher laut, egal ob säkulare Texte oder die Bibel. Es geht doch vielen so, dass man eine ganze Seite Bibel liest und hinterher merkt: Ich war gar nicht bei der Sache, ich habe nichts aufgenommen. Beim lauten Lesen passiert das weniger, denn ich bin fokussierter.

Du bist beruflich ja Sprecher und produzierst zu der Bibel kompakt aus diesem Heft parallel auch ein Hörbuch. Sind die langen Sätze, mit denen du ja jeweils ein ganzes Kapitel zusammenfasst, nicht zu sperrig, um sie hörend aufzunehmen?

Tatsächlich sind viele Sätze lang und haben viele Kommas. Man kann da zwar vieles durch die stimmliche und klangliche Gestaltung auffangen und verständlich machen. Aber beim Durchlesen fand ich schon manche Sätze, die zu verschachtelt waren. Ich habe da im Einzelfall etwas gestrichen – es war schade um das Detail, aber fürs Hören ist es dann nicht so entscheidend.

Welchen Tipp hast du für Menschen, denen das Bibellesen im Laufe der Zeit langweilig geworden ist?

Mal die Übersetzung wechseln. Es gibt ja ein reichhaltiges Angebot. Auch das Gespräch über die Bibel ist hilfreich – nach dem Gottesdienst oder im Hauskreis. Durch die Gemeinschaft findet man neue Verbindungen.

Besonders hilfreich finde ich, wenn man sich für Projekte engagiert, bei denen Leute aus verschiedenen Gemeinden mitmachen. Was in der eigenen Gemeinde ganz wichtig ist, unhinterfragbar und unumstößlich, diese Dinge werden heilsam relativiert. Der Blick wird geweitet.

“ Jedes Gespräch mit jemandem, der andere Ansichten hat als ich, fordert meine Art zu denken heraus.“

Auch dann für das Bibellesen?

Durchaus. Jedes Gespräch mit jemandem, der andere Ansichten hat als ich, fordert meine Art zu denken heraus. Immer wenn ich etwas in der Bibel lese, führen mich meine Gedanken und Assoziationen in eine bestimmte Richtung. Je nachdem, wer ich gerade bin, kann ein Bibelabschnitt eine bestimmte Aussage haben – und zu anderer Zeit eine andere. Die Kernaussagen bleiben, aber andere Nuancen werden deutlich.

Was wünschst du dir für die Leser der Kompakt-Bibel?

Erstens, dass es Aha-Momente gibt. Dass Zusammenhänge neu aufleuchten. Und zweitens, dass dies wiederum einen positiven Einfluss auf das Lesen der wirklichen Bibel hat.

Ich danke dir für das Gespräch!

Die Fragen stellte Ulrich Wendel (Redaktionsleiter von „Faszination Bibel).

Jonathan Enns ist Sprecher und Produzent für Hörbücher und Audioprojekte. Er lebt mit seiner Frau Natalie in Troisdorf. www.voiceovers-enns.dewww.biblicus.de


Dieses Interview ist im „Bibel kompakt“-Special der Zeitschrift Faszination Bibel erschienen. In diesem Heft ist auch die komplette „Kompakt-Bibel“ enthalten.
Faszination Bibel ist Teil des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.

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