Die Kirchenväter legten mit der allegorischen Methode jahrhundertelang den übertragenen Sinn eines Bibeltextes aus. Theologe Horacio Lona warnt: Der Bibelleser entdeckt dadurch nur das, was er bereits weiß und sagen will – was die Methode bei Sekten beliebt macht.
Der Terminus „Allegorie“ bedeutet „etwas anderes sagen“ und wird besonders in der Textauslegung verwendet, wenn eine Aussage oder ein Begriff nicht in seinem gewöhnlichen Sinn verstanden wird, sondern in einem anderen Sinn. Das Wort will „etwas anderes sagen“ als das, was man unmittelbar liest.
Als Beispiel: „König“ meint nicht immer den irdischen Herrscher, sondern auch Gott; die Beziehung zwischen Mann und Frau wurde auf die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk übertragen und vieles mehr.
Schon das hellenistische Judentum fand in der Allegorie ein hilfreiches Mittel, um den jüdischen Glauben mit Begriffen und Vorstellungen der griechischen Philosophie in Einklang zu bringen. Für das Christentum war die Allegorie ebenso wichtig, um das Alte Testament im Sinn des christlichen Glaubens zu deuten. Dazu gehörte auch die Auslegung der Psalmen.
So deutet Augustinus die Psalmen allegorisch
Wir beschränken uns hier auf wenige Beispiele und nehmen nur Augustinus als Quelle. Seine „Enarrationes in Psalmos“, ein umfangreiches Werk mit Erklärungen zu allen Psalmen, stellen ein hervorragendes Beispiel für die konsequente Anwendung der Allegorie in der Deutung der Psalmen dar.
Gleichwohl sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die interpretative Leistung des Augustinus weit über die Beherrschung der Allegorie hinausgeht. In der Erklärung der Psalmen zieht er alle Register seiner überragenden Kenntnis der Schrift, seines Scharfsinnes und seiner Spiritualität, um den Texten einen Sinn abzugewinnen, so dunkel und rätselhaft sie auch sein konnten.
Wir schauen zuerst auf Psalm 1,1-2: 1Selig der Mann, der nicht nach dem Rat der Frevler geht, nicht auf dem Weg der Sünder steht, nicht im Kreis der Spötter sitzt, 2sondern sein Gefallen hat an der Weisung des Herrn, bei Tag und bei Nacht über seine Weisung nachsinnt.
Christologischer Fokus
Der Mann, der nicht nach dem Rat der Frevler geht, ist, nach Augustinus, der Herr Jesus Christus, der sich vom irdischen Mann unterscheidet, welcher seiner Frau zustimmte, die von der Schlange getäuscht wurde, um die Gebote Gottes zu übergehen.
„Er steht nicht auf dem Weg der Sünder, weil, ob schon er auf dem Weg der Sünder kam, indem er wie die Sünder geboren wurde, nicht stehen geblieben ist, weil die Verführungen der Welt ihn nicht festhalten konnten. Dass er nicht im Kreis der Spötter sitzt, bezieht sich auf den Herrn, der kein irdisches Königtum mit Stolz wollte …“ (Enarrationes 1).
Ein anderes Beispiel ist Psalm 110,7: Er trinkt auf dem Weg aus dem Bach; so kann er das Haupt erheben. Psalm 110 ist ein messianischer Psalm, in dem Gott seinem Gesalbten den Sieg über seine Feinde zusichern lässt und ihn als Priester auf ewig nach der Ordnung Melchisedeks proklamiert. Nach der Beschreibung seiner Taten: Er hält Gericht unter den Völkern, er häuft die Toten, die Häupter zerschmettert er weithin auf Erden (V. 6), steht die zitierte Aussage (V. 7).
Gemäß der lateinischen Fassung (de torrente in via bibet) fragt Augustinus nicht nach der Bedeutung von „Bach“, sondern vom „Strom“. Was ist damit gemeint? Die Antwort lautet: „Der Strom ist die menschliche Sterblichkeit“, denn wie ein Strom verläuft das menschliche Leben bis hin in den Tod. Aus diesem Strom wollte Christus trinken, von seiner Geburt bis zu seinem Tod.
„Weil er aus dem Strom auf dem Weg trank, darum erhob er sein Haupt“ (propterier exaltabit caput): Wie er sich erniedrigte und gehorsam wurde bis zum Tod, so hat Gott ihn erhöht … (Philipper 2,9-11). Die Erniedrigung und Erhöhung des Erlösers wird hier als tiefere Botschaft von Psalm 110,7 dargestellt (Enarrationes 109,20).
Das leistet die allegorischen Deutung
Die allegorische Deutung setzt immer zuerst einen Rahmen voraus, auf den sich die Aussagen beziehen und von dem sie ihre Bedeutung erhalten. Bei Augustinus ist dieser Rahmen die Heilige Schrift, die er gründlich kennt und die ihm ein unerschöpfliches Material bietet, um jedes Wort durch ein anderes Wort der Schrift zu interpretieren.
Hier bewahrheitet sich die Einsicht, dass die Schrift nur durch die Schrift erklärt werden kann. Freilich reicht die Schrift nicht aus, um den Deutungsrahmen zu bestimmen. Die Schrift wird streng christologisch gelesen und verstanden. Die christologische Deutung ist die andere Komponente, die den Bezugsrahmen der allegorischen Deutung bestimmt.
Da jedes Bildelement innerhalb dieses Rahmens seine Entsprechung findet, wird der ganze Text durch die Anwendung der Methode restlos entziffert.
Philo von Alexandrien schrieb einen Traktat über „Die Gesetze der Allegorie“. Der Titel trägt der Tatsache Rechnung, dass die Allegorie einer klaren Systematik folgt, deren Ergebnis als „Kunst der Allegorie“ bezeichnet werden könnte.
Da jedes Bildelement innerhalb dieses Rahmens seine Entsprechung findet, wird der ganze Text durch die Anwendung der Methode restlos entziffert. Die Allegorie enthält den Schlüssel, der den Zugang zu allen Räumen des Textes gewährt. Nichts mehr wird als fremd wahrgenommen, sofern es übertragen werden kann.
Bibel problemlos lesen dank der allegorischen Methode
Es liegt auf der Hand, dass der Leser sich unter diesen Voraussetzungen den Text weitgehend problemlos zu eigen machen kann, wenn er die Komponente des Bedeutungsrahmens kennt und bejaht. Wenn er den „Mann“ von Psalm 1,1 mit dem Herrn seines Glaubens identifiziert, ist die folgende Erklärung einsichtig und bestätigt das, was er ohnehin weiß und glaubt.
Ähnliches gilt für Psalm 110,7, worin er die Eckdaten des christologischen Bekenntnisses, Erniedrigung und Erhöhung, wiederfindet. Er braucht sich nicht in eine andere historische Lage zu versetzen, um den Text zu verstehen. In der allegorischen Deutung herrscht eine Gleichzeitigkeit, die alle historischen Unterschiede nivelliert. Darum fühlt sich der Leser unmittelbar vom Inhalt des Textes angesprochen. Er partizipiert am Verstehenshorizont der Botschaft, die er liest.
Die allegorische Deutung hat sich nicht nach der Überprüfung anderer Auslegungsmodelle durchgesetzt, sondern war die logische, unreflektierte Übernahme der gängigen Praxis in der Textauslegung. Es gab zwar einen anderen, eher wörtlichen Zugang, aber zum Verständnis von philosophischen und religiösen Texten galt die Allegorie als beste Methode, den „tieferen“ Sinn einer Schrift zu erfassen. Origenes in der griechischen Kirche und Ambrosius von Mailand und Augustinus in der lateinischen Kirche waren die großen Meister der allegorischen Deutung der Schrift, die bis zum hohen Mittelalter maßgebend blieb.
Die Grenzen und Gefahren der allegorischen Deutung
Erst das Aufkommen des historischen Bewusstseins als Folge der Aufklärung und der Renaissance besonders im Bereich der klassischen Literatur führte zur kritischen Distanzierung von der allegorischen Deutung. „Systemimmanent“ wird eine Denkform bezeichnet, die sich im Rahmen bestimmter Koordinaten entfaltet, ohne ihn zu überschreiten.
Sie ist deswegen nicht immer falsch, aber sie stößt unausweichlich an die Grenzen, die ihr durch die in diesen Koordinaten wirkenden Faktoren gesetzt werden. Die Allegorie verfährt „systemimmanent“ in der Deutung des Textes, indem sie die Schrift und die „regula fidei“ (den Kern des überlieferten Glaubensbekenntnisses) als interpretative Parameter setzt.
Beide Elemente bestimmen die Hauptrichtung der Auslegung, aber sie lassen einen breiten Raum für die jeweilige Interpretation. Die Bewegung vom Bild zur Sache geschieht nur in diesem Rahmen, aber ihre Ausrichtung vollzieht sich innerhalb von vielen Möglichkeiten.
Die Autoren der Alten Kirche beherrschten die Kunst, hinter jedem Bild einen Hinweis auf eine andere Wirklichkeit zu entdecken […]
Dabei spielt die Begabung des Auslegers eine maßgebliche Rolle. Die erwähnten Autoren der Alten Kirche beherrschten die Kunst, hinter jedem Bild einen Hinweis auf eine andere Wirklichkeit zu entdecken, die sie nun zur Sprache bringen.
Psalm 92 ist eine Einladung, Gott zu loben: 2Gut ist es, dem Herrn zu danken, deinem Namen, du Höchster, zu singen und zu spielen 4zur zehnsaitigen Laute und zu Harfe, zum Spiel auf der Leier. Was heißt nun: zur zehnsaitigen Laute? Augustinus antwortet: Die zehnsaitige Laute bedeutet die Zehn Gebote des Gesetzes. „Das Singen meint die Worte, das Spielen die Werke. Darum sollst du gut sprechen und gut handeln.“
In der Erklärung zu Psalm 144,9: Gott, ein neues Lied will ich dir singen, auf der zehnsaitigen Harfe will ich dir spielen, verbindet Augustinus das Thema der Zehn Gebote – die zehnsaitige Harfe – mit dem „neuen Lied“: die Gnade, der neue Mensch, das Neue Testament. Und sogleich fügt er an, dass die Christen ohne Liebe zwar auf der Harfe spielen, aber das neue Lied nicht singen können.
Keine sachliche Begründung für die Auslegung
Ein assoziatives Verfahren verbindet eine nicht vielsagende Angabe, wie eine zehnsaitige Harfe, mit einer reichen Wirklichkeit wie den Zehn Geboten, weil bei beiden die Zahl „zehn“ steht. Dazu kommt die Ergänzung durch andere Einzelheiten wie „singen“ und „spielen“, die eine Zuwendung zum Leser bzw. Hörer erlauben, der direkt angesprochen wird. Ähnliches geschieht mit dem „neuen Lied“.
In den genannten Fällen wählt der Ausleger einen Bezugspunkt aus, der seiner Aussageintention entspricht, aber die Entscheidung geht aus keiner sachlichen Begründung hervor, sondern folgt dem eigenen Gedankenduktus. Zu der „zehnsaitigen Harfe“ passen gut die „Zehn Gebote“, aber nicht die „Zehn Plagen Ägyptens“. Zum „neuen Lied“ passen die Gnade, der neue Mensch und das Neue Testament, aber es wären ebenso geeignet ein „neues Herz“, „der neue Himmel und die neue Erde“, das „neue Jerusalem“ und vieles mehr.
Den alten Meistern der Allegorie gelang es meistens, eine Erklärung zu bieten, die verständlich und überzeugend war […]
Den alten Meistern der Allegorie gelang es meistens, eine Erklärung zu bieten, die verständlich und überzeugend war, wie ihre Aufnahme und Weitergabe im Verlauf der Jahrhunderte beweist. Der Übergang von der Sache zum Bild war nicht zwingend, manchmal war die Verbindung wenig überzeugend, dennoch stießen die Allegorien selten auf klare Ablehnung.
Für die Allegorie gilt das über den Zusammenhang zwischen Verstehen und Aneignung Gesagte. Aber die Aneignung hat in diesem Fall einen besonderen Charakter. Es ist nicht die Aneignung des Fremden, sondern des Eigentums, worüber der Ausleger verfügt. Es überrascht dann nicht, wenn die allegorische Deutung die „eigene“ Wahrheit bestätigt und verteidigt gegen die „Heterodoxie“, gegen die „anders Denkenden“.
Bei der echten Aneignung hingegen bleibt immer eine Distanz gegenüber dem, was man sich zu eigen gemacht hat. Wie bei einem Gespräch das „Anders-Sein“ des Gesprächspartners die Grundbedingung für jede Begegnung ist, so hebt das Verstehen die Alterität [die Andersartigkeit; Anm. d. Red.] des erfassten Inhaltes nicht auf. Unter diesen Bedingungen lässt sich die Allegorie mehr mit einem Monolog vergleichen als mit einem echten Dialog.
Bestätigung dessen, was man schon wusste
Allegorie heißt „etwas anderes sagen“. In der allegorischen Deutung entspricht das „andere“ dem, was der Ausleger weiß und sagen will. Es ist anders, weil es sich von der konkreten Aussage unterscheidet, wie sich das äußerlich Gesagte von seinem tieferen Sinn unterscheidet. Aber es ist nicht anders im Verhältnis zum Denken und zur Überzeugung des Auslegers. Aus dieser Perspektive haftet der Allegorie eine grundsätzliche Willkür an.
Gewiss ist sie nicht blind wählerisch oder dem Einfall des Einzelnen überlassen. Sie entfaltet sich innerhalb der Grenzen des eigenen Deutungssystems, wie der Schrift als Einheit und der „regula dei“, aber der Text selbst ist nicht die Quelle der Erkenntnis. Bildlich kann man einen solchen Umgang mit dem Text mit einem Spiegel vergleichen, der nur das eigene Bild – oder das des Auslegers – reflektiert. In ihm kann er sich wiedererkennen, aber etwas Neues wird er wohl nicht finden.
Allegorische Methode beliebt bei Sekten
Die allegorische Auslegungsmethode hat nicht nur in der Frühzeit der Kirche Wirkkraft entfaltet. In neuerer Zeit wird sie oft von religiösen Sondergruppen angewandt, um deren Lehren zu untermauern. So kann man das Bibelverständnis der „Christlichen Wissenschaft“, gegründet von Mary Baker Eddy (1821– 1910), als stark allegorisch bezeichnen.
Auch die in jüngster Zeit sehr aktive christliche Shincheonji-Sekte legt die Bibel mit stark allegorisierenden Elementen aus. Demnach sei zum Beispiel unter den „Überwindern“, von denen die sieben Sendschreiben sprechen (Offenbarung 2–3), der (angeblich) verheißene endzeitliche Hirte zu verstehen (der dann mit dem Sektengründer identisch sein dürfte).
All diesen Deutungen ist gemeinsam, dass sie bereits enthalten, „was der Ausleger weiß und sagen will“.
Die Frucht des Baums der Erkenntnis von Gut und Böse (1. Mose 2) wird als „Wein der Schlange“ und „Drachengift“ gedeutet. Von hier aus nimmt man zwei verschiedene Arten von Wein und von Weinstöcken an – den des „Hirten Gottes“ und den des „Hirten des Teufels“.
Im Jesus-Gleichnis vom alten bzw. neuen Wein und dessen Schläuchen (Matthäus 9,17) stehen die neuen Schläuche für die „neuen Hirten“, die das offenbarte Wort kennen und lehren (im Sinne der Shincheonji-Lehre). Diese sind unterschieden von allen bisherigen „Hirten“ bis zur Gegenwart. All diesen Deutungen ist gemeinsam, dass sie bereits das enthalten, „was der Ausleger weiß und sagen will“.
Horacio E. Lona, geb. 1942 in Buenos Aires, war von 1976 bis zu seiner Emeritierung 2010 Professor für Neues Testament und Geschichte der altchristlichen Literatur an der Theologischen Fakultät in Benediktbeuern; er lehrte auch in Buenos Aires und Córdoba (Argentinien).
Der Beitrag ist ein freundlich genehmigter Abdruck aus Horacio Lonas Buch „Mit den Psalmen beten. Eine Einführung“, das 2021 im Herder-Verlag (Freiburg) erschienen ist. Die Zwischenüberschriften und Zitate wurden redaktionell hinzugefügt.
Weiterlesen:
Geistliche Schriftauslegung am Beispiel „Jerusalem“:
historisch als Stadt der Juden,
allegorisch als die Kirche Christi,
anagogisch als himmlische Stadt,
tropologisch als Seele des Menschen
(Unterredungen mit den Väter 14 (8) , übers Gabriele Ziegler 2014)
Diese Bedeutungsebenen sind zutiefst biblisch.
Wer tief in den Psalmen, den Propheten und im NT liest, wird erkennen können, das „Jerusalem“ für alle diese vier Dimensionen je nach Kontext als Synonym verwendet wird.
Jesus Christus ist die Wahrheit über alles
Das mag ja alles richtig sein was hier möglicherweise zurecht gegen die allegorische Auslegung bibischer Texte ins Felde geführt wird. Aber ich gehe davon aus, dass man dabei nicht das berühmte Kind mit dem Bade ausschüttet: Also alles in den Bibel wörtlich zu nehmen, was man dann Verbalinspiration nennen würde. Wenn ich nicht völlig irre, sind sich auch die allermeisten Evangelikalen offiziell mit dem überwiegenden Rest der bekennenden und biblisch informierten Menschen einig: „Gottes Wort ist immer Gottes Wort durch Menschenwort“! Damit wird das Wort Gottes nicht relativiert, eher die Aussagen von Menschen die es predigen, oder die es uns in der heutigen Fassung der Bibel überlieferten. Immerhin haben Menschen entschieden, welche Texte/Bücher in den Kanon der heutigen Bibel gehören sollen, und welche anderen es aber trotzdem lohnt zu lesen und sich zu Herzen zu nehmen. Ich stelle ja dabei gar nicht infrage, dass der Geist Gottes diese Menschen inspirierte. Bibeltexte sind dann gewissermaßen wie eine Predigt immer Gottes Wort. aber dieses Wort Gottes wird transportiert durch die mündliche und später verschriftlichte Form. Bibeltexte müssen ausgelegt werden, weil sie antike Weltbilder beinhalten, Vorurteile, Meinungen und Irrtümer mit einbringen. So sind die Überlieferung hier vor allem der Gottes- und Glaubenserfahrungen auch Deutungen jener Menschen, die sie überlieferten und als gute Botschaft verbreiteten. Gottes unmittelbares Wort müssten wir gewissermaßen von Jesus selbst persönlich hören, dann wäre es 1zu1 Gottes Wort. Es verhält sich wie beim Pfarrer, der Pfarrerin oder des Priesters bzw. des Prädikanten, der völlig unbeabsichtigt mit seiner Sonntagsansprache auch eigene Meinung verbreitert. Solche Meinungen, die wir heute nicht mehr teilen, tragen auch Bibeltexte in sich. Es würde ja heute niemand mehr einfallen für richtig zu halten, dass die Frau dem Mann nach der Schöpfungsgeschichte (die auch ein gutes antikes Glaubensbekenntnis ist) untertan sein soll.. Und das Vorurteil des Paulus, oder dessen Ärgernis über Frauen, bzw. seine zeitgemäße Sicht, drückt sich in dem Bibelvers aus: „Die Frau aber schweige in der Gemeinde“. Daher hat wohl, wenn ich nicht irre, schon Luther gewusst, dass die Bibel vom Neuen Testament bzw. von Jesus her ausgelegt werden soll, und dies dürfte heute kaum jemand infrage stellen. So wie die Bibel uns als Heilige Schrift vorliegt, so ist sie für mich Gottes Wort. Weil Gott es so gewollt hat wie er auch will, dass ich etwa hier schreibe, obwohl das auch keine absolute und immer stimmige Wahrheit sein kann. Christinnen und Christen dürfen m.E. eine geistliche Sichtweise Gottes haben. Denn er ist immer größer als wir ihn zu denken vermögen. Gott ist und damit Jesus Christus selbst die Wahrheit über alles.
Die allegorische Auslegung der Bibel ist in jedem Fall falsch. Sie bringt nicht zum Ausdruck, was der Bibeltext selbst sagen will, sondern was der Ausleger sagen will. Und wenn es noch so fromm ist. Der Hauptzweck der allegorischen Auslegung ist, dass der Ausleger sich selbst damit wichtig macht, indem er mit seiner „Erkenntnis“ seine Zuhörer oder Leser beeindruckt. Das Wort Gottes wird Mittel zum Zweck. Es ist eine weit verbreitete Methode, einen frommen Anschein zu wahren ohne den Bibeltext ernstzunehmen.
Bezeichnenderweise ist die allegorische Auslegung in jener Zeit aufgekommen, als der Abfall vom neutestamentlichen Gemeindevorbild geschehen und die „Kirche“ entstanden ist.
HEILIGER GEIST = Ausleger!
Da der Autor der Bibel der HEILIGE GEIST ist, ist er auch ihr Ausleger , denn er ist der „Geist der Wahrheit“! Joh. 14, 15-18/16, 7-15
Daher ist es „brandgefährlich“, sein Buch ohne ihn auszulegen!
GOTT gibt seinen HEILIGEN GEIST nur denen, die ihm gehorchen, seinem Evangelium, seinem SOHN JESUS CHRISTUS, dem WORT GOTTES, gehorsam geworden sind und bleiben; „Glaubenskinder rechter Art“, aus GOTT gezeugt und neu geboren. Joh. 1, 12-13/3, 5-8
Wie könnten sie sonst, wie JESUS, ihr großer Freund, Bruder und HERR, GOTT ihren VATER nennen? Joh. 20, 17
Nun aber rufen sie zu Recht GOTT als Abba, VATER an, und zwar im „Geist der Sohnschaft“, im Einssein mit ihrem Haupt und darum „im Namen JESU“! Apg. 5, 32/Röm. 8, 12-17
Alle eigenwilligen menschlichen, gottlosen Bemühungen, die Bibel ohne das wahre Licht, JESUS CHRISTUS, verstehen und auslegen zu wollen, widersetzen sich dem Willen GOTTES, der beschlossen hat, sich durch seinen CHRISTUS, sein Evangelium, zu offenbaren -, und zwar wem er will! Joh. 1, 9/6, 44;65/Röm. 9, 14-18/Gal. 1, 15-16
Und für die in ihm Geliebten und Heiligen gilt, da wir noch oftmals straucheln (Jak. 3, 2) und nicht erkennen (1. Kor. 8, 2/13, 9), wie man erkennen muss:
„Aus ihm (aus GOTT) aber kommt es, dass ihr in CHRISTUS JESUS seid, der uns geworden ist Weisheit von GOTT und Gerechtigkeit und Heiligkeit und Erlösung; damit, wie geschrieben steht: Wer sich rühmt, der rühme sich des HERRN!“ 1. Kor. 1, 30-31
„Und ihr! Die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibt in euch, und ihr habt nicht nötig, dass euch jemand belehre, sondern, wie seine Salbung euch über alles belehrt, so ist es auch wahr und keine Lüge; und wie sie euch belehrt hat, so bleibt in ihm.“ 1. Joh. 2, 27
„Er ist das Geheimnis, das von den Weltzeiten und von den Geschlechtern her verborgen war, jetzt aber seinen Heiligen geoffenbart worden ist.“ Kol. 1, 26ff
Schriftstellen: EBF 1982 KaRo
Bibel entstand auch durch den Heiligen Geist
Ich habe nicht behauptet, die Bibel als Heilige Schrift sei ohne Mitwirkung des Heiligen Geistes entstanden. Das bedeutet aber nicht, dass uns die Bibel eine (quasi wie vom Himmel gefallene) wortwörtliche göttliche Wahrheit übermittelt. Wer dies aber glaubt, muss auch mit den dann vielen entstehenden Widersprüchen der biblischen Überlieferungen leben. Natürlich ist es immer möglich widersprüchliches so auszulegen, dass daraus ebenfalls ein Textverständnis mit Auslegungen entsteht. Haarsträubend war das bei einem Menschen, der behauptete die Paradiesgeschichte sei eine Geschichte von zwei wirklichen Menschen auf unserer Erde – und nicht wie es die bösen Ausleger und Erklärer verstehen – nämlich dass die Schöpfungsgeschichte ein im guten Sinne antikes Glaubensbekenntnis und ein Schöpfungshymnus ist. Man darf vielleicht Adam und Eva auch als den Mensch an sich verstehen, der vorher im Paradies war und wieder dahin zurückkehrt (so wie unsere Seele sich wieder mit Gott vereint in der Neuen Schöpfung). Jedenfalls sagte ich, wenn es sich um eine historische Geschichte handelte, müssten wirklich alle Menschen von Adam und Eva abstammen. Ein solch schnelles Bevölkerungswachstum sei völlig undenkbar. Zudem würde jedwede wissenschaftliche Erkenntnis auch der Biologie damit ad absurdum geführt. Und wir hätten doch von Gott ein großes Gehirn bekommen, damit wir einen kleinen Teil der Schöpfung in ihrer Funktion verstehen Darauf er: „Eva hat 30 Kinder geboren“! Dadurch sei die Bevölkerung stark gewachsen. Ich war schockiert. Auf eine weitere Frage, wie dann die aus dem Paradies geworfenen Menschen bald anderen Menschen begegneten, wusste er keine vernünftige Antwort, obwohl seine vorherige Antwort schon unvernünftig genug war. Warum – um alles in der Welt – soll die Bibel nicht die große Wahrheit über Gott und die Welt sein, wenn sie doch vor allem die Glaubens- und Gotteserfahrung aus Jahrtausenden übermittelt und das was Jesus auf Erden sagte und wie er durch Tod und Auferstehung gegangen ist ? Jede und jeder von uns könnte doch seine eigene Bibel schreiben, wenn wir doch unsere eigenen Erfahrungen mit Gott und vielleicht sogar die Gebetserhörungen und Wunder aufschreiben würden. Das wäre dann leider auch alles nicht unbedingt widerspruchsfrei, aber unzweifelhaft Gottes Wort. Dann wandte sich mein Gesprächspartner beleidigt ab.