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„Ein Gottesdienst sollte wie ein Espresso sein“

Der Theologe Lars Hillebold liebt Espresso. Er findet, dass Gottesdienste wie ein schöner Espresso sein sollten: kurz und gut.

Hallo Herr Hillebold, heute schon einen Espresso genossen?

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Lars Hillebold: Kaum vergeht ein Tag ohne. Mein Morgen beginnt mit einem Kuss und einem Kaffee.

Was ist für Sie der Mehrwert eines Espresso?

Erstmal mag mein Magen ihn lieber. Zweitens mag ich die Spannung von bitter und süß. Drittens sind Espresso-Bohnen wie Menschen: geschmackvoll, mild oder kräftig. Manche mit weniger und andere mit mehr Säure – je nach Anbaugebiet oder Lebenserfahrung.

Der Mehrwert liegt im Feinen. Wie in Italien, die kleine Geste von Daumen und Zeigefinger, die jeder versteht. Bestellen ohne Worte. Es ist der Moment in der Bar auf dem Heimweg: kurz zusammenkommen, sich sehen und reden.

Es ist der dichte, bekömmliche Abschluss einer schönen Tischgemeinschaft. Es ist mehr Energie, die – wie im Glauben – nicht aus mir, sondern nur von außen kommen kann.

Sie sind Mitherausgeber des Buches „Fasse dich kurz – Gottesdienste im Espresso-Format“. Welche Idee steckt dahinter?

Die Idee ist: kurz und gut. Für Liebeserklärungen braucht es manchmal nur drei Worte oder den richtigen Augenblick. Trostworte können sehr still sein und in zwei Armen liegen, die mich umarmen. Dass mich ein Gottesdienst glücklich macht, liegt oft am richtigen Ton der Musik.

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Für das Gefühl der Gemeinschaft im Abendmahl brauche ich nicht viele Worte, sondern gerade wenige. Weniger ist mehr – ist Idee und Programm. Weniger kann kräftig sein, dichter, dunkler, wie ein Espresso. Manchmal sogar bitter und traurig.

Es ist die Kunst des Moments, in dem alles zusammenkommt: die Menschen, die Worte, die Töne, der Raum. Das kann ein kleiner Moment sein, wie eine Tasse, mit großer Wirkung.

Das Format „Espresso-Gottesdienst“ ist während der Corona-Pandemie entstanden. Ist es mehr als ein Notprogramm?

Ich bin versucht zu sagen, dass jeder Gottesdienst ein Notprogramm ist. Ein Programm angesichts unserer Not und Träume. Wir kommen mit Tränen und Lachen zusammen. Zweifelnd, tastend, bekennend.

Und für alle soll sich dieser Moment ereignen: Eine kleine Zeit lang feiern wir, als gäbe es keine Not. Und wir feiern, weil es immer eine Not gibt. Darum ist Gottesdienst immer ein Notprogramm. Das Wort „Notprogramm“ erweckt den Eindruck, als gäbe es ein klares Normalprogramm. Ich sehe es eher so: Vielfalt wird Programm – mit allen Herausforderungen. Und der einen Chance: Wir fragen wieder wie Christus: Was willst du, dass ich dir tun soll? Was willst du für einen Gottesdienst, den wir gemeinsam feiern können? Einen kurzen und wirksamen? Wenn der Espresso-Gottesdienst diese Not lindern kann, dann mag er zum Programm werden.

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Welche Bohnen finden Leserinnen und Leser in der Lektüre? Worauf wollen Sie Geschmack machen?

Auf die Vielfalt. Auf den Mut zur Kürze. Das heißt nicht, dass wir banaler werden! Sätze, die zu Herzen gehen, statt in die Länge. Mir soll es schmecken. Ich will den Gottesdienst so vorbereiten, dass ich selber hingehen würde, auch wenn ich nicht müsste. Freude in der Vorbereitung. Eine Idee nehmen und mit ihr in die Tiefe gehen. „Ich“ sagen und persönlich werden.

In der Fülle der vielen Aufgaben, die Haupt- und Ehrenamtliche haben, mit gutem Gewissen und guter Qualität Gottesdienste vorbereiten, die kurz und gut sind. Da nimmt man eine Idee aus dem Buch und entwickelt sie weiter. Darum findet sich für die wichtigen Themen im Jahr, im Lebens- und Kirchenjahr, je ein Entwurf.

Ihre Lieblingssorte Espresso ist …

Beim Eis könnte ich das jetzt schneller sagen: Pistazie. Beim Espresso habe ich das nicht. Es ist eben nicht einfach nur die eine Bohne. Die Geschichte der beiden Geschwister Arabica und Robusta ist auch nicht schnell erzählt.

Es ist wie im Leben. Je nach Tag und Wetterlage schmeckt es mal so, mal so. Es ist auch eher die Kombination: der Lieblingsort. Das Lieblingswetter. Der Lieblingsespresso. Der Lieblingsmensch. 

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Rüdiger Jope.

Die Herausgeberinnen und Herausgeber des Buches „Fasse dich kurz – Gottesdienste im Espresso-Format“ (Neukirchener) sind verbunden durch die Arbeitsstelle Gottesdienst in Kurhessen-Waldeck. Diese Arbeitsstelle wird gefördert durch die Karl-Bernhard-Ritter-Stiftung, deren Vorsitzender Dr. Stephan Goldschmidt ist, Gemeindepfarrer in Hannover und Referent am Michaeliskloster in Hildesheim. Lars Hillebold ist Leiter des Referats Gottesdienst und Theologie in der Ev. Landeskirche von Kurhessen-Waldeck. Dort ist Margit Zahn Studienleiterin der Arbeitsstelle Gottesdienst und Pfarrerin in der Hanauer Kasualien-Projektstelle „Leben feiern“.


Ausgabe 3/22

Dieser Artikel ist in im Kirchenmagazin 3E erschienen. 3E ist Teil des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.

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7 Kommentare

  1. Joerg hat recht

    Deinen Kommentar vom 13. Oktober kann ist vollinhaltlich unterschreiben. (Ich würde aber das Bild des Gottesdienstes als Espesso nicht überinterpretieren). Meine Gemeindeleitung, und ich gehörte ja dazu, verstand sich nicht als Dienstleister, aber leider waren wir als Träger einer Kindertagesstätte und der Sozialstation ein Bürokratiemonster und permanent damit beschäftigt zu verwalten und Konflikte zu bereinigen. Der Mangel an geistlich-geistliches Reflexion war uns wohl sehr bewusst und neben ständigen Veränderungsbemühungen konnten wir aber nichts verändern. Nach heutiger Sicht ist dieses Problem nicht nur ein geistliches, sondern beinhaltet auch Notwendigkeiten einer Strukturreform. Die in der EKHN vorhandene Gemeindeberatung hat uns mehrfach supervisiert, aber gleichfalls mangelte es an wirklichen Umsetzung(smöglichkeiten).

  2. Lächele und mache ein freundliches Gesicht

    Gottesbegegnung und qualitative Gemeinschaftserfahrungen gibt es nicht „to go“! Da bin ich bei Charly Lücker. Allerdings ist die (zu) lange Predigt ebenso ein nicht seltenes Problem. Bezüglich Predigt geht es – zunächst mal nur rein geistig gemeint – um die Qualität und nicht um die Quantität. Ich will das auch mal vergleichen mit einem Film. Wenn sich da zu viele Personen und Handlungsebenen vermischen, wird auch der Inhalt leicht unübersichtlich. Als Schreiberling habe ich mal gelernt, obwohl ich mich nicht immer daran halte, dass ich den Volltreffer beim Thema am Anfang machen muss. Da fasse ich im Vorspann schon mal alles zusammen, falls der geneigte Leser mir eben nicht so geneigt ist und gar nicht alles verkonsumieren will. Andererseits kann der Einstieg in ein Thema, oder sogar die Überschrift (aber bitte nicht zu reisserisch) auch dazu beitragen, Appetit zu machen alles zu lesen, und alles sollte eben nicht zu lang sein. Nun ist aber eine Predigt kein Artikel in einer Zeitung. Aber ich denke schon, obwohl ich Laie bin, in einer guten Predigt sollte das was er oder sie am Altar oder auf der Kanzel eigentlich sagen wollte, nicht erst nach 20 Minuten endlich fertig formuliert sein. 15 Minuten wären besser. Auch wünsche ich mir, dass die beste Botschaft des Universums auch eine ist. Nun muss nicht jeder Gottesdienst immer gleich sein, da es neben der Pflicht wie im Eiskunstlauf auch eine Kür geben sollte: Also nicht zu oft aber regelmäßig auch andere Gottesdienstformen anzubieten, versteht sich von selbst. Allerdings gefallen mir auch die Taize-Gottesdienste ( am besten die im Original vom Originalschauplatz) mit viel Stille, Lesungen, schöne viele Kerzen und wunderbares gemeinsames Singen. Unsere Gottesdienste, wie immer sie auch gestaltet sind, und egal wie lange er geplant dauern sollen: Sie sind immer eine gemeinschaftliche Feier. Viele sollten darin eine aktive Rolle haben. Was Sprache betrifft: Am besten sollte die Sprache im Gottesdienst einfach aber nicht banal sein, aber so wie wir im Alltag auch reden. Nirgend werden wir aufgefordert, dass wir von den Gestalter*innen der gottesdienstlichen Feiern salbungsvolles Reden erwarten müssen. Wenn ein Chor singt dann müssen die Sänger und Musizierenden keine Trauermine aufsetzen. Außerdem ist Lachen und Klatschen nicht an allen Stellen im Gottesdienst sinnvoll, aber es gehört dazu. Humor darf in der Glaubensverkündigung stattfinden. Das was in der Kirche rituell beabsichtigt ist, sollte eine liebevoll gedachte und gestaltete Angelegenheit sein. Nichtbekannte Teilnehmer*innen freuen sich, wenn sie persönliche begrüßt und angesprochen werden. Von unseren landeskirchlich evangelischen Pfarrer*innen würde ich mir wünschen es wäre ihnen erlaubt, nicht die schwarzen mittelalterlichen Gerichtsroben zu tragen, sondern lieber was buntes und freundliches, eher wie unsere katholischen Geschwister. Mehr Gesang in der Liturgie wäre schön und er darf auch schön sein. Es ist manches einfach auch nur menschlich und nachvollziehbar: Wenn jemand durch unsere Kirchentüren geht, sollte er gerne wiederkommen, weil es einfach auch angenehm, gemeinschaftlich und schön war. Warum sollten wir unserem Gott keine wunderbaren Gottesdienst feiern ? Einer meiner alten Pfarrer hatte auf seiner Bank ein Bild, das ihn stets auffordere: „Lächele – mache ein freundliches Gesicht“!

    • Das kommt auch immer: Predigten sollten soundsoviele Minuten lang sein. Was für eine oberflächliche Beurteilung.
      Halten wir mal fest: Bei einer guten Predigt kann sich eine Stunde wie 10 Minuten anfühlen, bei einer schlechten 10 Minuten wie zwei Stunden. Es kommt nun wirklich nicht auf die Anzahl der Minuten an. Es kommt auf die Qualität an. Sowohl des Inhalts, als auch der Präsentation.

      • Die beste Botschaft des Universums

        Es kommt auf die Qualität an, auch die theologische. Ich gehe lieber in ein guter Restaurant als an eine Bratwurstbude. Theologisch ist das aber auch so. Andererseits sprengt eine Stunde Predigt die Aufnahmefähigkeit der allermeisten Menschen und daher sind solche Versuche eher kontraproduktiv. Und selbstverständlich geht es nicht nur um die Präsentation, sondern der oder die Rednerin sollte man abnehmen was sie sagt. Da würde ich dann noch anfügen: Auch die Ausstrahlung, die Persönlichkeit eines Menschen, ist maßgebend ob man ihm die beste Botschaft des Universums abnimmt. Für unser aller Leben gilt: Wir selbst sind die Botschaft, auf vier Füßen und nicht zuletzt mit einem Kopf (Predigten sollten intelligent sein, Andachten auch und was wir Atheisten erzählen ebenso dazu).

        • Das mit der Qualität habe ich genau so geschrieben. Schön, dass du das nochmal bestärkst.
          „Andererseits sprengt eine Stunde Predigt die Aufnahmefähigkeit der allermeisten Menschen und daher sind solche Versuche eher kontraproduktiv.“ Klar, da gehen wir doch lieber ins Kino und sehen uns Filme von wenigstens 1 1/2 h bis zu 3 h an. Oder wir besuchen ein Theater, eine Oper oder andere Vortragskünstler. Da reicht die Aufmerksamkeitsspanne plötzlich auch noch viel länger. Dieses Argument hört man regelmäßig als Zweites. Die alltägliche Praxis beweist zwar, dass das nicht stimmt, aber was soll, es hört sich ja anscheinend plausibel an.
          Es hängt hier viel mehr davon ab, wie gut der Prediger sein „Publikum“ mitzunehmen weiß. Die meisten Prediger, dich ich in über 40 Jahre meines Christseins erlebt habe, kennen nicht mal irgendwelche Grundlagen der Rhetorik* und wundern sich, dass ihre Zuhörer einschlafen. Dazu kommt, dass nur ganz wenige Prediger das Leben derjenigen, die ihnen zuhören, aufgreift und ihre Thematik entsprechend aufbauen. Die predigen lieber von irgendwelchen theologischen Wolkenkuckucksgeschichten – weit weg vom Leben der Menschen.
          (* Sprich: Arten der Betonung, Redepausen, Zwischenzusammenfassung, etcpp. Also noch lange keine großartige Sprecherausbildung.)

  3. Soso, macht er das bei seiner Frau auch so? Dass er sich für sie immer nur so kurz wie möglich Zeit nimmt?
    Man man, der eine meint, Gottesdienste sollten möglichst langweilig sein, der andere, sie sollten möglichst kurz sein. Ist es die Berufung der Gemeinde, möglichst allen Negativtrends der Gesellschaft hinterherzurennen? Sollte die zunehmend kurze Aufmerksamkeitsspanne der jungen Generationen nicht gerade die Gemeinde motivieren, hier einen Qualitätskontrapunkt zu setzen? Gottesbegegnung und qualitative Gemeinschaftserfahrungen gibt es nicht „to go“! Genauso wie es gute Beziehungen nicht für möglichst wenig Aufwand gibt.
    Mal ehrlich Leute, wenn ihr keinen Bock darauf habt, mit eurem Gott und den Glaubensgeschwistern Gemeinschaft zu pflegen, was sollen wir dann von der Qualität eurer Beziehung zu Gott halten? Da wird doch dann eher wenig bis eigentlich nichts dahinterstecken, oder?

    • Ich glaube nicht, dass das etwas mit jungen Menschen zu tun hat. Die kommen meist eh nicht.

      Und wenn es in einer Gemeinde viele engagierte junge Menschen gibt, muss man sich in der Regel um Gottesdienste keine großen Gedanken machen, weil die Jungen sich da oft kreativ einbringen.

      Ich denke eher, es ist eine Konsumhaltung. Man versteht sich nicht als Teil einer Gemeinde sondern die Gemeinde als Dienstleister für sich. Und schlimmer noch, die Gemeindeleitung versteht sich auch so. Dann kommen eben auch so Ideen wie ‚muss langweilig sein‘ oder ‚Espesso‘.

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