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Jesus als Vorbild für eine Geschlechter-Revolution

Frauen, die Haut zeigen, sind Schlampen und wenn Männer einen Bauchnabel sehen, werden sie zum Tier? Sexologin Veronika Schmidt will – wie Jesus – mit dem Sündenbock-Denken aufräumen.

„Und die Frau sah, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er eine Lust für die Augen wäre und verlockend, weil er klug machte. Und sie nahm von der Frucht und aß und gab ihrem Mann, der bei ihr war, auch davon und er aß.“ (1. Mose 3,6) Eva, die alte Verführerin. Aber hätte Adam nicht auch Nein sagen können?

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Slutshaming hat Tradition. In der Gesellschaft und unter Christen. Männerhass mittlerweile auch. Mit dem aufblühenden Feminismus haben wir einen neuen Sündenbock gefunden. Schuldzuweisung ist ein Muster, das sich Kirchenväter nach Jesu Zeiten unter den Arm geklemmt und an zahlreiche Generationen weitergegeben haben.

Die sündige Frau: Geschlechtsverkehr mit der Schlange

Frauenhass ist so alt wie die postparadiesische Menschheitsgeschichte. Er wurde quasi bei der Vertreibung aus dem Paradies mitgeliefert, in der Ursünde. Das Ganze beginnt mit der Sexualisierung der Sündenfallerzählung in der vorchristlichen Zeit. In zahlreichen apokryphen Texten ist die Frau nicht nur die Sünde in Person, sondern ihr Vergehen wird explizit als ein sexuelles gesehen. Sie hat Geschlechtsverkehr mit der Schlange (im Hebräischen männlich). Später wurde dann aus der Schlange Satan und daraus Sex mit dem Teufel.

Diese Vorstellungen verbreiten sich unterschwellig bis ins Mittelalter und manifestieren sich in der Verfolgung der sogenannten ‚Hexen‘. Die Frau – sündige Ursache allen Übels. Die Folgen dieser Ursünde wurden nicht von Gott, sondern von Menschen eingeführt. Und erst von den Religionen, dann aber auch durch die Medizin, Psychologie und Psychotherapie bis weit in unsere Zeit hinein gestützt.

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Der sündige Mann: „Gefährliches Tier“

Männerhass hingegen ist nicht sehr alt. Als hauptschuldig für dessen Verbreitung gilt der Feminismus. Doch die Ideologie der bösen Männlichkeit ist weit vor dem Feminismus entstanden, an der Schlüsselstelle zur Moderne ab 1800. Von da an bekamen Männer zunehmend ebenso ihr Fett weg. Nachdem zuvor jahrhundertelang die Frau als triebgesteuerte, unersättliche Männerverschlingerin galt, wurde nun dem Mann die Triebhaftigkeit zugeschrieben.

Philosophen charakterisierten den Mann als naturhaft unmoralisch, gewalttätig, egoistisch, asozial, hypersexuell, gefühlskalt, kommunikationsunfähig und verantwortungslos: „Der Mann ohne weibliche Begleitung ist ein gefährliches Tier der Gesellschaft“, so der schottische Aufklärer William Alexander.

Der Bildungsreformer Wilhelm von Humboldt ist überzeugt, nichts als „Härte und Gewalttätigkeit“, nur „Einseitigkeit“ und „Mangel“ zeichne den Mann aus. Er schlussfolgert, der Mann solle sich von seinem Geschlecht lossagen und sich dem Weiblichen nähern, um wahrer Mensch zu werden. Was auf den ersten Blick gescheit wirkt, ist es nicht. Kein Geschlecht wird zum wahren Menschen, indem es mehr wie das andere wird, sondern indem es mehr es selbst wird.

Werten wir Körper (und Seele) ab, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn Menschen anfangen, sich letztlich selbst abzulehnen oder gar zu hassen.

Natürlich hat die Dämonisierung von Sexualität extreme Folgen für das Selbstbewusstsein, die Identität, aber auch für die Partnerschaft zwischen den Geschlechtern. Sie führt zu einer Lehre der Trennung von Körper, Seele und Geist. Und die Folge ist die Abwertung der Sexualität. Aber Sexualität ist ein Grundbedürfnis des Menschen.

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Wir sehnen uns nach Befriedigung wie nach Luft, Wasser, Nahrung, Schlaf, nach körperlichem Schutz oder Abwesenheit von Angst. Werten wir Körper (und Seele) ab, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn Menschen anfangen, sich letztlich selbst abzulehnen oder gar zu hassen.

Und heute?

In der christlichen Sexualethik wird immer noch die enge Verbindung der Frau mit Sexualität betont – sie ist und bleibt die Verführerin. Es ist zurzeit aber auch hart, ein Mann zu sein. Doch nicht die Männer sind falsch – das System ist es. Sowohl das gesellschaftliche als auch das kirchlich-gemeindliche. Weil diese Systeme und Strukturen von Grund auf einem Irrtum unterliegen, sind die Männer als ganze Spezies in die Kritik geraten.

Durch die Ereignisse der jüngeren Vergangenheit in der Gesellschaft und Debatten wie #MeToo finden sich plötzlich viele Männer kollektiv und unverschuldet an den Pranger gestellt. Auch gläubige Männer fühlen sich davon selbstverständlich betroffen, denn sie bewegen sich ja in beiden Welten, die letztlich im Kern dieselben Ungerechtigkeiten zeigen. Hier wie dort ist ihre Rolle immer mehr infrage gestellt.

Als Frau ist man versucht zu sagen: „Willkommen im Klub“. Doch damit sind wir bereits mitten im Geschlechter-Hickhack und nicht auf dem Weg aufeinander zu. Viele Männer sind heute generell verunsichert, weil sie genauso wie Frauen damit konfrontiert sind, ihr Leben individuell gestalten zu müssen, sofern sie sich nicht einfach in die noch bestehenden Machtstrukturen einfügen wollen oder können.

„Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“

Wichtig ist: Jesus hat bereits mit allem Sündenbock-Denken aufgeräumt! Er stellte vor 2.000 Jahren die bestehenden religiösen Strukturen grundsätzlich auf den Kopf, entlarvte Schuldzuweisungen und revolutionierte die Identität von Frauen und Männern. Zum Beispiel als er den Schriftgelehrten, Pharisäern und der Ehebrecherin in Johannes 8,2-11 begegnet.

Es geht um die Frage, ob eine Frau, die soeben beim Ehebruch erwischt wurde, gesteinigt werden muss. Und Jesus antwortet: „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ Wir dürfen uns deshalb von den Mustern und Schuldzuweisungen befreien und uns mit voller Kraft der Revolution anschließen, die Jesus gestartet hat.

Das Gute an der Scham

Der Psychiater Daniel Hell gewinnt der Scham aber auch etwas Gutes ab, nämlich Selbsterkenntnis. Er erläutert die enge Verbindung von Scham und Selbstbewusstsein. Der Blick von Gott, der anderen oder des Über-Ichs konfrontiert einen mit sich selbst: Man schämt sich vor sich. Doch das Gute daran ist, wer sich schämt, setzt sich mit sich selbst auseinander.

Scham ist so gesehen das Pfand, welches uns Gott mitgab, um mit der neu gewonnenen Erkenntnis von Gut und Böse sinnvoll umgehen zu können. Die Scham als Instanz zur Unterscheidung – das Gewissen. Scham als Richtungsweiser, um Verantwortung übernehmen zu können.

Veronika Schmidt ist Sexologin, systemische Beraterin, Autorin und Sprecherin. Sie macht sich für gute Sexualität, gesunde Beziehungen und die Gleichheit der Geschlechter stark. Mehr Informationen auf www.veronikaschmidt.ch

Dieser Artikel ist in der Zeitschrift DRAN erschienen. DRAN ist Teil des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört. In ihrem Buch „Endlich gleich – Warum Gott schon immer mit Männern und Frauen rechnet“ (SCM Hänssler) fragt sich Veronika Schmidt, wie die Welt wohl aussehen würde, wenn der Geschlechterkampf endlich ein Ende hätte.


Aktuell ist Schmidts Buch „Sex – Alles, was dich interessiert!“ erschienen. Es soll Teenager auf dem Weg ins Erwachsenwerden begleiten.

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5 Kommentare

  1. „Und Gott schuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau [männlich und weiblich] schuf er sie.“

    Somit hat niemand das Recht, sich über das jeweils andere Geschlecht zu erheben. Doch mit dem Sündenfall kam eine menschliche Unart in die Welt: Wir suchen die Schuld nur allzu gerne beim Anderen. Und nirgends sind wir so angreifbar, wie bei unserer Sexualität.

  2. Den Artikel finde ich insgesamt gut und fundiert.

    @Jesus.de:
    Auch Überschrift und Teaser sollten das Niveau des Artikels widerspiegeln, denn hier wirken sie eher wie „Click-Bait“, da man überhaupt nicht von einer „Sex-Revolution“ sprechen kann.
    Den Inhalt des Artikels habe ich schon seit meiner Jugend Anfang der 90er im Herzen, und auch damals war es für Christen nichts Neues, sondern etwas biblisch natürliches.

    • Hallo Markus,

      danke für Ihr Feedback. Die Überschrift habe ich inzwischen angepasst: „Jesus als Vorbild für eine Geschlechter-Revolution“.

      Liebe Grüße,
      Pascal vom JDE-Team

  3. Da kenn ich mich aus auf dem Gebiet, es ist gar nicht so schwierig, aber trotzdem nicht einfach. Sex war Gottes Idee und gehört in die Ehe zwischen Mann und Frau ! Damit ist eigentlich schon alles gesagt, Gott ist dann, zumindest in diesem Bereich volle mit uns zufrieden. Und wenn jemand in irgendeiner Form schwach werden und zu Fall kommen sollte, gibt es viel Gnade, man steht auf und übt weiter, den Lebensstil der Heiligen.

    • Unser Gewissen ist maßgeblich

      Lieber Stammtischbruder. Den letzten Satz darf ich gerne loben: „Und wenn jemand in irgendeiner Form schwach werden und zu Fall kommen sollte, gibt es viel Gnade, man steht auf und übt weiter, den Lebensstil der Heiligen“! Ich schreibe das deshalb so, weil wir doch gerne über Ethik diskutieren wenn im Krieg getötet wird, oder bei der Abtreibung oder anderen Gelegenheiten – ganz zurecht. Aber bei der Sexualität, (die doch so eine gute Erfindung Gottes sein soll, und katholische Priester ihr nicht zu nahe kommen sollen) , da erheben wir eher (bildlich gesprochen) den moralischen Zeigefinger. Der Lebensstil der Heiligen in der Bibel ist nicht allzu heilig, aber vielleicht gerade deshalb „ehrlich heilig“. Insbesondere wenn wir einen Lebensstil haben, in dem wir täglich aus der Vergebung leben. Denn sogar der gute Petrus war auch ein Jesusleugner. Paulus hat bitter geklagt, er wolle das Gute, aber tue oft das Schlechte. Außer mit den erwähnten Orgien aus Sodom in der Bibel moralisiert sogar die Bibel allerdings erstaunlich wenig: Denn wenn Adam und Eva von der Frucht der Erkenntnis verbotenerweise genascht haben, geht es dann um eine ganz andere Grenzverletzung als jene einer möglichen sexuellen Art. Sie wollten ja sein wie Gott und deshalb eigenhändig und nach Gutdünken festlegen, was ihnen als Gut oder Böse gerade in ihren Kram passt. Das geht dann weit über Donald Trumps alternative Wahrheiten hinaus. Wir verlieren damit praktisch unsere Gottebenbildlichkeit. Gott ebenbildlich sind wir nicht wenn wir etwas Gott werden, sondern dessen Liebe weitergeben und auch ausbreiten. Vielleicht sollte man – meine ich hier bewusst etwas provokativ – das Wort Sexualität verbannen – und statt dessen nur noch das Wort „Liebe“ verwenden. Denn echte Liebe ist immer, was dem anderen Menschen nicht schadet, sondern nur nutzt. Deshalb tut Liebe nie etwas böses. Und wenn sie es doch tut, ist sie keine Liebe. Allerdings kann man dies nicht auf eine Handlungsebene herunterbrechen, sondern nur auf eine goldene Regel: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst…. Alles andere regelt unser und mein Gewissen ganz gewissenhaft. Oder es funktioniert nicht wirklich. Sogar die Heilige Katholische Kirche sieht lehrmäßig unser Gewissen als eine höhere Instanz als das Wort des Papstes an. Aber dafür soll es arbeiten, in Feinarbeit bei allem was wir tun, nicht nur in deutschen Schlafzimmern. Es meldet sich wie unser Feuermelder völlig automatisch. Selbstverständlich kann jeder Mensch den Heiligen Geist vor der Tür lassen nach dem Motto: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich`s völlig ungeniert“ (Wilhelm Busch)

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