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Die 10 Gebote: Was sie wirklich wollen

Sie sind zentrale Bestandteile der Bibel – genauer des Alten Testaments: die Schöpfungsgeschichte und die Zehn Gebote. Wie beide einander befruchten und was wir als Christen aus ihnen lernen können, hat der Theologe Julius Steinberg in seinem Buch „Wie Gott uns Raum zum Leben schenkt“ beschrieben.

Die Zehn Gebote schließen an diesen Schöpfungsauftrag an. Sie beschreiben genauer, wie wir einander im menschlichen Miteinander Raum geben können und sollen. Sie sind auch literarisch miteinander verknüpft. Beispielsweise nimmt das Sabbat-Gebot direkt Bezug auf den siebten Schöpfungstag: Denk an den Sabbat und heilige ihn … Denn in sechs Tagen hat der Herr den Himmel, die Erde, das Meer und alles, was darin und darauf ist, erschaffen; aber am siebten Tag hat er geruht. Deshalb hat der Herr den Sabbat gesegnet und für heilig erklärt (2. Mose 20,8.11).

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In zehn Worten ordnet Gott die Welt, damit wir Raum zum Leben haben – und in zehn Worten ordnet Gott die Gesellschaft, damit wir einander Raum zum Leben geben.

Last und Lust der Gebote

Die Zehn Gebote – Gottes guter Wille für unser Leben? Eine Aussage, die unter uns Christen ein eigentümliches Doppelleben führt. Mir scheint, sie wird manchmal mehr verkündet als geglaubt, ist eher Kopfsache als Herzenssache. Zu fremd ist das Alte Testament mit seinen vielen und strengen Geboten. Zu kritisch äußert sich das Neue Testament gegenüber dem Gesetz. Ist es nicht die Liebe, auf die es in erster Linie ankommt? – Und selbst wenn wir die Gebote für uns annehmen: Freude ist es nicht gerade, sondern eher unser Pflichtbewusstsein, das uns dazu anleitet.

Und so sind wir mitunter überrascht, wenn wir im Alten Testament auf Stellen wie diese stoßen:

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Die Gebote des Herrn sind richtig und erfreuen das Herz. …

Sie sind wertvoller als das feinste Gold und süßer als der beste Honig. (Psalm 19,9.11)

Ich will deinen Willen gerne tun, mein Gott, denn dein Gesetz ist tief in mein Herz geschrieben. (Psalm 40,9)

Wie freue ich mich an deinen Geboten, die ich so sehr liebe! (Psalm 119,47)

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Foto: Pixabay

Diese Psalmen schwärmen geradezu von den Geboten. Wie kommt es zu dieser gänzlich anderen Einschätzung, zu dieser Freude und zu diesem Stolz auf das Gesetz?

Von Menschenwürde, Freiheit und Demokratie

Wer sich mit anderen Gesetzestexten aus dem Alten Vorderen Orient beschäftigt, wird feststellen: Tatsächlich – im Vergleich dazu ist die politische Verfassung, die in den fünf Büchern Mose enthalten ist, geradezu revolutionär modern! Menschlich gesprochen muss sie von den klügsten Philosophen und Staatstheoretikern ihrer Zeit erdacht worden sein. Mose und seine Berater und Schreiber waren offensichtlich hochgebildet aus Ägypten aufgebrochen. Die alten Bibelfilme zeichnen in dieser Hinsicht ein falsches Bild.

Tatsächlich sind die Gesetzestexte des Alten Testaments sehr weise und gerecht gestaltet (auch wenn heute manches fremd erscheint, aber das muss uns bei einem über 3000 Jahre alten Text nicht wundern). Die Gesetze schenken Freiheit, sie geben Raum zum Leben und legen so Zeugnis ab von der besonderen Nähe des lebendigen Gottes zu seinem Volk – so, wie es auch die oben zitierte Stelle aus Moses Ansprache sagt.

Der allererste Gesetzestext, den Gott im Zusammenhang mit dem Bundesschluss gegeben hat, ist die Liste der Zehn Gebote. Die Zehn Gebote stellen gewissermaßen das Grundgesetz der Thora-Verfassung dar. Auch sie enthalten mehr Weisheit, Gerechtigkeit und Freiheit, als man auf den ersten Blick meint.

Zwischen Gesetz und Evangelium

Über das Gesetz reden, ohne „gesetzlich“ zu werden – wie geht das? Die Botschaft des Evangeliums besagt ja, dass wir ohne eigenen Verdienst von Gott gerechtfertigt werden, wenn wir auf Jesus Christus vertrauen. Jesus Christus starb am Kreuz, um unsere Schuld stellvertretend zu sühnen. Das tat er aus Liebe für uns. Nicht weil wir so fromm und rechtschaffen wären, sondern weil er uns so sehr liebt, dürfen wir Gottes Kinder sein.

Wenn das alles ist, was zählt: Wozu brauchen wir dann noch Gebote? Könnten die uns nicht egal sein? Und wenn Gebote aber doch wichtig sind – widerspricht das nicht der Aussage „ohne eigenen Verdienst“?

Foto: Pixabay

Die entscheidenden Fortschritte bei der Beschäftigung mit diesen Fragen wurden meiner Ansicht nach in der Zeit von Martin Luther und der Reformation gemacht. (Das schreibe ich als evangelischer Theologe; aber ich meine, dass wir heute durchaus gemeinsam, als Protestanten und Katholiken, über diese Fragen nachdenken können.) Im Jahr 1517 veröffentlichte Luther seine berühmten 95 Thesen. In ihnen kritisierte er den damals florierenden Ablasshandel, bei dem man sich mit Geld aus dem „Fegefeuer“ freizukaufen meinte. Kann man vor Gott schlechte Taten durch gute Taten aufwiegen? In den folgenden Jahren formulierten Luther und andere Theologen genauer, wie gemäß des Neuen Testaments der Anspruch und der Zuspruch des Glaubens miteinander in Beziehung stehen. Sie definierten drei verschiedene „Gebrauchsweisen“ des Gesetzes:

1. Der „zivile“ Gebrauch des Gesetzes: Das Gesetz wird angewandt, um die äußere Ordnung in der Gesellschaft zu erhalten. In dieser Form drückt das Gesetz den Schöpferwillen Gottes aus. Es hat aber keine Bedeutung für unsere Erlösung.

2. Der theologische Gebrauch des Gesetzes: Das Gesetz zeigt die Maßstäbe Gottes auf. Es führt uns zu der Erkenntnis, dass wir diesen Maßstäben niemals gerecht werden können. Wir verstehen, dass wir auf die Gnade angewiesen sind, die Jesus Christus uns anbietet. Damit bereitet uns das Gesetz für das Evangelium vor.

3. Der Gebrauch des Gesetzes für das Leben als Christ: Das Gesetz soll uns als Christen helfen, unser Leben nach dem Willen Gottes zu gestalten. Die Kraft dazu kommt allerdings nicht aus dem Gesetz selbst, sondern vom Geist Gottes, der unser Herz erneuert.

Der oben aufgeführte dritte Punkt wurde von den Schweizer Reformatoren J. Calvin und H. Zwingli in den Vordergrund gestellt. Sie begründeten den Zweig des evangelischen Glaubens, der als „reformiert“ bezeichnet wird.

Wie auch immer wir persönlich an dieser Stelle die Akzente setzen – die theologischen Erkenntnisse der Reformationszeit helfen uns, das Verhältnis von „Gesetz“ und „Evangelium“ klarer zu sehen. So können wir die Gesetze des Alten Testaments wie auch die Ermahnungen des Neuen Testaments für unser Leben fruchtbar machen, ohne dadurch in eine Gesetzlichkeit zu verfallen.


Dieser Text stammt aus dem Buch „Wie Gott uns Raum zum Leben schenkt“ von Julius Steinberg.

Leseprobe (PDF) – SCM R.Brockhaus. Hier bestellen.

Für die Veröffentlichung auf Jesus.de wurde der Textauszug etwas gekürzt und minimal angepasst. 

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