Verlag: Adeo
Seitenzahl: 208
ISBN: 978-3-86334-213-5

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Harald Glööckler: „Kirche, öffne dich!“

Irgendwie hatte ich ja eine Vorahnung, auf was ich mich hier einlasse, war aber trotzdem neugierig, was Harald Glööckler, der ja eindeutig zu den Schrillen im Lande gehört, in seinem Buch zur Situation der (Amts-)Kirche(n) zum Besten geben würde. Was mich überrascht hat: Der Mann kennt sich richtig gut in der Bibel aus und hat sich auch etwas näher mit der Kirchengeschichte befasst. Positiv auch, dass er trotz schwieriger Kindheit sein Leben in die Hand genommen und viel daraus gemacht hat. Ein klassischer Selfmademan eben. Und einer, der nicht auf Kosten anderer leben, sondern andere glücklich machen will. Sicher nicht die schlechtesten Voraussetzungen, um Jesus nachzufolgen.

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Allerdings hat sich Glööckler hier für einen Weg entschieden, der zumindest in der Bibel nicht ganz so vorgesehen ist: Er ist selbst nämlich weder Kirchenmitglied (bzw. vor längerer Zeit ausgetreten) noch hat er sich einer Freikirche angeschlossen. Auch hat er bisher keine eigene Kirche gegründet, wie es manche seiner Fans ihm wohl schon nahegelegt haben sollen. Sicher etwas suboptimal, um sich als Kirchenreformer zu präsentieren.

Glööckler liefert wichtige Ansätze

Einige seiner Analysen und Ansätze sind in jedem Fall bedenkenswert. Er hat Recht, wenn er auf die nach außen getragenen Moralvorstellungen mancher Kirchenführer verweist, die nun gar nicht zu den vielen Missbrauchsskandalen, die wiederum lange vertuscht wurden, passen möchten. Oder die Lieblosigkeit, auf die er als junger Mann (und Homosexueller) gestoßen ist. Ähnlich ging es Mahatma Gandhi, der auch am christlichen Glauben interessiert war, dann aber Erfahrungen mit Rassismus machen musste und deshalb keinen Zugang mehr zum Christentum fand.

Letzten Endes ist Glööcklers Bibelverständnis aber eben doch selektiv. Dem kritischen Leser wird nicht verborgen bleiben, dass trotz ansonsten reichlich angeführter Bibelzitate beim Kapitel über Homosexualität, das in diesem Buch ja nicht ausbleiben konnte, kein einziges angeführt wird. Das ist dann doch sehr durchschaubar und passt auch nicht wirklich zu anderen Aussagen im Buch, laut denen er die Bibel als „das Kochbuch des Lebens“ bezeichnet und auch sonst davon überzeugt ist, dass sie fast alle Fragen des Lebens beantworten kann.

Dazu neigt er an anderer Stelle deutlich zu dem in der pfingstlich-charismatischen Ecke häufiger anzutreffenden Wohlstandsevangelium und scheint in seinem Buch – wie man eigentlich erwarten konnte – generell sehr von sich selbst und seinem Weg überzeugt zu sein. Was im Buch fehlt ist ein Eingehen auf die Freikirchen, möglicherweise, weil er sie zu wenig kennt.

Von Johannes Renz

ZUSAMMENFASSUNG

Ein Buch, das der Kirche ein Stück weit den Spiegel vorhält und das man auch als konservativer Christ nicht zwingend gleich ungelesen beiseite legen muss. Andererseits aber auch keines, das ich völlig unkritisch bejubeln kann.
Ein Buch, das der Kirche ein Stück weit den Spiegel vorhält und das man auch als konservativer Christ nicht zwingend gleich ungelesen beiseite legen muss. Andererseits aber auch keines, das ich völlig unkritisch bejubeln kann.Harald Glööckler: "Kirche, öffne dich!"