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„Jede Gemeinde braucht eine Vision“

Die evangelische Kirchengemeinde Niederhöchstadt hat in ihrem Papier „Vision 2030“ große Ziele für die nächsten 13 Jahre formuliert. Warum alle Gemeinden groß träumen sollten, erklärt der pastorale Leiter Kai Scheunemann im Interview mit dem „HauskreisMagazin“.

HauskreisMagazin: Warum war euch das wichtig, eine Vision für 2030 zu formulieren?

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Kai Scheunemann: Wir haben schon mal so einen Visionsprozess durchlaufen. Das war 2007/8, als sich anbahnte, dass unser Pfarrer Klaus Douglass gehen wird, der diese Gemeinde 20 Jahre geprägt hatte. Es war mir damals ganz wichtig, dass wir für die Zeit nach Klaus überlegen, in welche Richtung wir gehen wollen. Daraus ist die Vision 2012 entstanden, die uns in stürmischen Zeiten geholfen hat, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Das war einfach eine gute Erfahrung, die wir gemacht haben. Jetzt wollten wir einen größeren Wurf wagen und mal 15 Jahre vorausdenken, um auch langfristigere Projekte wie den Neubau anzudenken – da war uns eine Frist von fünf Jahren ein bisschen zu kurzfristig.

Stoßt ihr mit eurem Kirchengebäude an Grenzen?

Ja, das ist jetzt eigentlich schon seit ein paar Jahren immer wieder Thema gewesen, weil im Augenblick „der Schuh dem Fuß sagt, wie groß er werden darf“. Es ist sehr eng bei uns. Wir feiern jeden Sonntag drei Gottesdienste, unter anderem, weil wir nicht alle Besucher in einen oder zwei Gottesdienste bekommen. Aber auch für die wöchentlichen Veranstaltungen fehlt es einfach an Platz. Von daher ist das eines unserer Ziele bis 2030.

Helmut Schmidt hat ja gesagt: „Wer Visionen hat, der soll zum Arzt gehen.“ Er hat offensichtlich Visionen für Hirngespinste gehalten. Wie viel Realismus steckt in eurer Vision 2030?

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Kai Scheunemann (Foto: Andreasgemeinde / Christian Hatzfeld)

Wir hatten im Januar 2016 unseren Visionstag, wo wir die Gemeinde das erste Mal mit der Vision 2030 konfrontiert haben. Dazu luden wir unseren Mentor ein – Eckart Krause. Er hat seine Predigt mit diesem Satz von Helmut Schmidt begonnen und gesagt: „Genau das tun wir. Wir gehen zum Arzt aller Ärzte, Jesus.“ Für uns war immer schon die Frage: Hat Gott noch Platz in der Vision oder ist sie so realistisch, dass wir sie mehr oder weniger alleine schaffen könnten? In unserer Gemeinde sind sehr viele Banker, die natürlich ein ganz anderes Denken haben. Die uns die Frage nach Realität und Realisierbarkeit öfter stellen. Ganz bewusst haben wir auch scheinbar unrealistische Ziele formuliert.

Zum Beispiel?

Wir sind eine Gemeinde, die bisher noch keine andere Gemeinde aufgebaut oder neu gegründet hat. In unserer Vision haben wir formuliert, dass wir bis 2030 neu 100 Gemeinden aufbauen und inspirieren wollen. Wir wollen in diese Gemeinden unsere besten Leute rausschicken. Das ist schon ein großer Glaubensschritt, alleine können wir das nie schaffen. Auch die Frage nach dem Neubau. Da ist ganz viel Platz, den nur Gott füllen kann. So verstehen wir die Vision, dass sie genau diesen Geist atmen muss.

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In eurem Visionspapier steht auch, dass ihr jeden Niederhöchstädter mit dem Evangelium erreichen wollt. Welche Rolle spielen die Hauskreise dabei?

Eine sehr große Rolle. Wir träumen davon, dass Menschen sich auf drei Arten mit Gott beschäftigen: in Gottesdiensten, wo sie inspiriert werden, in Kleingruppen, in denen sie ganzheitliche Gemeinschaft erleben und als Drittes, indem sie ihr persönliches geistliches Leben entwickeln. Weil die Kleingruppen eine der drei Säulen sind, haben wir ganz neu eine Hauskreispastorin eingestellt. Gerade in einer größeren Gemeinde ist es uns wichtig, dass sich kleine Gemeinschaften entwickeln, in denen Menschen eine Heimat finden. Wir haben da gute Erfahrungen mit Kampagnen gemacht. Sie bieten die Chance, dass Menschen für sechs Wochen Teil einer Kleingruppe werden. Als wir das 2005 zum ersten Mal gemacht haben, haben wir unsere Hauskreiszahl von 25 auf 50 Hauskreise verdoppelt. Wir sind dann nach den sechs Wochen auf 32 Hauskreise zurückgefallen, aber trotzdem war das schon ein sehr starker Start. Jetzt versuchen wir jedes Mal, wenn wir eine Kampagne machen, nochmal drei bis fünf neue Hauskreise zu eröffnen. Aber die größte „Hauskreisgeburtsmaschine“ ist unser Glaubenskurs. Wir bieten zwei Mal im Jahr Glaubenskurse an und ich versuche immer, den Kurs mit einem Menschen zusammen zu leiten, der diesen Kreis dann weiterführen kann. Auf diese Weise sind aus 70 bis 80 Prozent der Glaubenskurse Kleingruppen entstanden, die auch über Jahre zusammenbleiben.

Würdest du sagen, dass jede Gemeinde eine Vision braucht?

Ja, absolut. Einfach, um der Gemeinde eine Ausrichtung zu geben. Und diesen Prozess gemeinsam mit Gott zu gehen, ist so fruchtbar, zu fragen: Was hat er für Ideen für meine Gemeinde? Was will er? Wofür sind wir da? Das muss jede Gemeinde, jede Gemeindeleitung tun. Immer wieder Gott zu fragen: Wozu sind wir überhaupt hier, was ist unsere Existenzberechtigung? Wo willst du uns in den nächsten Jahren sehen, wo liegt der Schwerpunkt?

Danke für das Gespräch!

Kai Scheunemann (Jahrgang 1966) ist seit September 1996 pastoraler Mitarbeiter und inzwischen pastoraler Leiter in der Andreasgemeinde. Er ist maßgeblich an der Erarbeitung und Umsetzung der „Vision 2030“ beteiligt.

Das Fragen stellte Christof Klenk, Redaktionsleiter des HauskreisMagazins.

QuelleJesus.de

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