Dieses Buch zeigt, wie schnell ungesunde finanzielle Abhängigkeiten in Mission und Gemeindegründung entstehen können und deren negative Auswirkungen auf die entstandenen Kirchen. Nächstenliebe ist eines der zentralen Themen der Christen. Wir reichen Christen in Europa und Amerika wollen und sollen den Armen in der Dritten Welt helfen. Wir unterstützen mit Spenden und Nowhow. Wenn wir helfen, fühlen wir uns gut. Aber ist diese Hilfe immer angebracht und zielführend? Fühlt sich der „Geholfene“ auch gut? Oder wird er sogar durch unsere Hilfe in seiner Würde verletzt und in seiner Eigenverantwortung und Kreativität blockiert? Gelangt er so in eine ungesunde und schädliche Abhängigkeit von den gebenden Sponsoren? Der Autor Glenn Schwartz zeigt anhand von vielen Beispielen, wie sinnvolle Hilfe aussehen kann und welche Hilfe eher kontraproduktiv ist.
Eigentlich richtet sich dieses Buch vor allem an Verantwortliche in Gemeinden und Missionare. Es handelt primär von Gemeindegründung und Mission in der Dritten Welt. Meistens gehen diese Gemeindegründungen von Missionaren und Gemeinden in Amerika und Europa aus. Dabei werden oft viele Grundsätze nicht beachtet. Missionare sind unzureichend auf andere Kulturen vorbereitet. Sie wollen die eigenen, erprobten Erfahrungen in Afrika oder Asien umsetzen, ohne zu berücksichtigen, dass der kulturelle Hintergrund, das soziale Gefüge und die Art zu denken ein ganz anderer ist. Glenn Schwartz plädiert anstelle von amerikanisch-europäischen Tochtergemeinden für indigene Kirchen, deren Leitung, Verantwortung und Finanzen in der Hand der eigenen Bevölkerung, bzw. Gemeindemitglieder liegen.
Dieses Sachbuch ist aber auch hilfreich für alle anderen Leser, die sich darüber Gedanken machen, wie am besten Menschen in Notlagen geholfen werden kann. Hier in Deutschland leben viele Migranten. Nachdem ich dieses Buch gelesen habe, hat sich meine Sichtweise, wie diesen Menschen geholfen werden kann, ohne ihre Würde zu verletzen, verändert. Es hat mir gezeigt, wieviel Überheblichkeit und Arroganz in jedem von uns steckt und dass es wichtig ist, sich mit der Kultur der Menschen auseinander zu setzten. Ich habe über interkulturelle Zusammenarbeit nachgedacht, Patenschaften, Kurzzeiteinsätze, den Zehnten, über die Freude am Geben und die Unterstützung von Waisenheimen. Und letztendlich läuft alles auf ein Ziel hinaus: Hilfe zur Selbsthilfe und Respekt vor den Menschen.
Das Buch selbst ist etwas langatmig geschrieben. Schwartz wiederholt sich des Öfteren. Aber immer wieder bringt er interessante Aspekte hinein, die nachdenklich machen und anregen das eigene Handeln zu reflektieren. Am Ende jedes Kapitels werden Fragen zur Vertiefung und zum Gespräch gestellt. Die Aufmachung ist eher preisgünstig. Die Seiten sind dick und der Buchdeckel des Taschenbuchs sieht nach einmaligem Lesen schon sehr ramponiert aus. Das Buch ist ein Arbeitsbuch für Leser, die entweder in Mission und Gemeindegründung tätig sind oder Menschen, die gerne spenden. Für die einen eine Arbeitsanleitung – für die anderen Impulse, die eigene Hilfsbereitschaft mal in einem ganz neuen Licht zu sehen.
Von Brigitte Keune