Das deutsche Bildungssystem setzt nach Auffassung des Pädagogen, Theologen und Buchautors Bernhard Bueb zu sehr auf Belehrung und zu wenig auf Charakterbildung.
Die Persönlichkeitsentwicklung zu Disziplin und Verantwortung müsse an erster Stelle stehen, forderte der ehemalige Leiter des Elite-Internats «Schloss Salem» am Bodensee am Donnerstag vor rund 300 evangelischen Pastoren in Rotenburg (Wümme) bei Bremen. Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann sagte, Disziplin ohne Liebe helfe nicht weiter. Sie forderte die Politik auf, mehr als bisher für Bildungsgerechtigkeit zu sorgen
Bueb sagte, Charakterbildung stärke das Selbstwertgefühl der Jugendlichen, und das sei «das vornehmste Ziel von Bildung». Wer Charakter besitze, folge moralischen Grundsätzen und könne Stärken entwickeln, sagte der 70-jährige. «Es geht kein Kind verloren, an das ein Lehrer glaubt», betonte der Autor der vieldiskutierten Streitschrift «Lob der Disziplin»: «Um an ein Kind glauben zu können, muss ich aber seine Stärken kennen.» Die Lehrer sind Bueb zufolge aufgefordert, ihr Selbstverständnis zu ändern: «Wir brauchen Erzieher.»
In den biblischen Erzählungen sieht Bueb eine «bildende Kraft», die nicht verloren gehen dürfe. «Vielleicht sollten die Kirchen nicht für den Religionsunterricht kämpfen, sondern für die Integration der ethischen Botschaft Jesu Christi in den allgemeinen Unterricht», schlug Bueb vor.
Käßmann sagte, wenn es im Bildungssystem darum gehe, arme Kinder zu unterstützen, sei letztlich der Staat gefragt. Die Kirche könne mit Aktionen wie «Zukunft(s)gestalten» nur ein Vorreiter sein. Mit der Initiative geht die hannoversche Landeskirche in derzeit rund 80 Einzelprojekten gegen Kinderarmut vor. Diese finanzieren unter anderem warmes Mittagessen und Nachhilfe-Unterricht für Kinder aus benachteiligten Familien. Andernorts stellt die Kirche Erstausstattungen für die Schule zur Verfügung.
Die etwa 300 Pastorinnen und Pastoren im Sprengel Stade der hannoverschen Landeskirche kommen jährlich zu einem Generalkonvent zusammen. Zu dem Sprengel gehören elf Kirchenkreise zwischen Elbe und Weser mit rund 590.000 Gemeindemitgliedern.
Internet: www.sprengel-stade.de
