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Evangelikale in Deutschland: Wir müssen reden!

Die Theologen Thorsten Dietz und Heinrich Derksen sprechen über die bröckelnde Einheit der Evangelikalen. Differenzen sehen sie vor allem im Schriftverständnis.

„Wie ist es um die Einheit der frommen Christen in Deutschland bestellt?“ Das war die zentrale Frage im Gespräch des Magazins „EiNS“ mit Thorsten Dietz, Professor an der Theologischen Hochschule Tabor, und Heinrich Derksen, Direktor des Bibelseminars Bonn. Letzterer fasste das Gespräch mit den Worten zusammen: „Im Wesentlichen Einheit, in Zweifeln Freiheit und in allem die Liebe.“

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Jesus ist Zentrum des Glaubens

Zu den Details: Dietz und Derksen sind einer Meinung, dass Jesus im Zentrum des Glaubens zu stehen hat. Unaufgebbare Punke seien sein Tod am Kreuz, die Auferstehung, die Erlösung von den Sünden und die Jesusnachfolge. Außerdem herrschte im Gespräch Konsens darüber, dass Jesus für die Menschen der einzige Weg zu Gott sei.

Bezüglich des Schriftverständnisses vertreten die beiden Theologen unterschiedliche Ansichten. Thorsten Dietz sagte: „Nicht für sämtliche weltanschaulichen Fragen in der Bibel, wie das Alter der Erde, halte ich die Idee der Irrtumslosigkeit der Bibel für hilfreich.“ Heinrich Derksen erwiderte: „Ich möchte an der Irrtumslosigkeit der Bibel nicht rücken.“ Er wolle sich „absolut auf Gottes Wort verlasse[n]“.

Es gibt trennende Fragen

Dietz bezeichnete die 90er Jahre mit ihrer „positiven Sammlungsbewegung“ rund um ProChrist und das Christival als großen Aufschwung für die Evangelikalen. Heute fehle dagegen die Mitte, die alles zusammenhalte. Die frommen Christen wüssten nicht mehr, was zentral und unaufgebbar sei. Es gäbe trennende Fragen, die Unruhe auslösten. Die teils hitzigen Diskussionen über das evangelikale Selbstverständnis hätten „Kollateralschäden“ hinterlassen. Aber, so Dietz: „Gott kann auch aus Zerriss große Dinge machen, man denke an die Brüder Josef.“

Heinrich Derksen kritiserte, dass zurzeit versucht werde, „irgendwie alles unter einen Hut zu bringen, auch wenn gar nicht alles zu vereinen ist.“ So müssten Themen wie Homosexualität inzwischen gemieden werden, um größeren Debatten aus dem Weg zu gehen. Er stelle sich die Frage, ob es noch eine gemeinsame Mitte gebe. “ […] wir zerreißen uns in Lagern. Gibt es noch die Möglichkeit, in Streit fragen Einigung zu erzielen?“

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„An der Liebe werden sie euch erkennen“

Beide Theologen waren sich einig, dass Evangelikale nicht in allem einer Meinung sein müssten. Stimme das Fundament, dann könnten gemeinsame Projekte geteilt werden. Thorsten Dietz sagte, dass er an der Evangelischen Allianz schätze, dass sie dieses gemeinsame Fundament definiere. Außerdem helfe sie, für missionarische, diakonische und evangelistische Zwecke Frieden zu schließen. Derksen zitierte dazu Jesus: „An der Liebe werden sie euch erkennen – nicht an irgendwelchen Positionen.“

Damit diese Einheit praktisch gelebt werden könne, müssten die Evangelikalen laut Dietz gutes Streiten lernen. Heinrich Derksen ergänzte, dass es für eine gute Streitkultur wichtig sei, den anderen zu respektieren und ihm mit christlicher Nächstenliebe zu begegnen. Allerdings müsse die Allianz sich seiner Meinung nach nicht verkrampft am Miteinander festhalten. „Es gibt Situationen, in denen das gute Nebeneinander besser ist als der ständige Konflikt.“ Am Ende sei sonst kein Profil mehr übrig und es werde ewig um die Mitte gestritten, die am Ende gar nicht findbar sei.

EiNS ist das Magazin der Deutschen Evangelischen Allianz. Die PDF der Ausgabe 3/21 mit dem vollständigen Interview kann auf der Homepage der Allianz heruntergeladen werden.

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1 Kommentar

  1. Einigung auf das Wesentliche ist Optimum

    Die Theologen Dietz und Derksen haben sich auf das Wesentliche geeinigt, und jenes Wesentliche bzw. Fundamentale ist kein Formelkompromiss wie er in der Politik üblich ist. Es ist Jesus Christus selbst, warum er kam, wie er lebte, predigte und warum bzw. wozu er starb. Sodann seine heilsbringende Auferstehung, mit der wir mit Gott versöhnt werden. Allerdings glaube ich, dass Gott immer größer ist als wir ihn denken (können). Gottes Sohn, einer von drei Aspekten seines unbegreiflichen Wesens, ist für alle Menschen in der Vergangenheit, Gegenwart sowie der Zukunft gestorben – sowie auch für die Erlösung alle Kreaturen. Versprochen ist ein Neuer Himmel und eine Neue Erde, in und mit Gott. Also sogar ein völlig neues Universum, obwohl wir das derzeitige kaum verstehen. Mich stören hier eher minimalistische Annahmen vom Schöpfer aller Dinge.

    Dies meine ich ist genug Übereinstimmung. Denn wenn Gott uns als Menschen erschuf, wenn er sehr große Barmherzigkeit und Liebe verkörpert, dann weiß er absolut um die menschliche Unmöglichkeit, auch im Rahmen unserer von ihm gewollten Freiheit eine vollständige Einigkeit zu haben. So lange es Menschen gibt auf Erden, wird es immer unterschiedliche Meinungen über alles denkbare geben und auch verschiedene Sichtweisen von der himmlischen und irdischen Welt. Dazu gehört auch das Schriftverständnis .Es ist mir aber unverständlich, die ganze Bibel für wortwörtlich, statt in ihrem Zusammenhang für wahr zu halten, und so von Gott als seinem Wort an uns alle vorgesehen. Sonst müsste ja auch die Predigt meines Gemeindepfarrers bzw. Gemeindepfarrerin frei von Irrtümern, eigener Meinung und auch von Vorurteilen sein. Also Gotteswort in Reinkultur, nicht als eine Überlieferung der Glaubenszeugen und Glaubenserfahrungen, sondern als in ihre Gehirne und Federn diktierte vom Himmel gefallene Wahrheit. Wahrscheinlich gibt es genauso viele Gottesbilder wie es Menschen leben, die von Gott nicht mehr loslassen möchten, wobei doch des Schöpfers allesumfassende Wirklichkeit niemand in einem perfektionistischen Sinne begreifen kann. Er ist kein Wesen in einem physikalisch-biologischen Sinne, nicht an Raum und Zeit gebunden, nach der Überzeugung von Albert Einstein würfelt er nicht (es herrscht kein Zufall) und Jesus fasst daher alle Lehre und Richtigkeiten über Gott (nur sehr kurz) zusammen: Dass wir Gott lieben sollen, unseren Nächsten und genauso auch uns selbst. Die (christliche) Liebe ist der Zement und Kitt, der alle Wahrheit zusammenhält und ohne diese Liebe wäre die Lehre bzw. Wahrheit des Glaubens sowie unsere Hoffnung auf Ewigkeit so gut wie nichts wert. Der (kleinliche) Streit von Gottes Geschöpfen ginge dann möglicherweise auch im Himmel weiter. Deshalb ist Versöhnung aller (bzw. vieler) Christenmenschen bereits auf Erden das bestmögliche Zeugnis für die Welt. Die manchmal unterschiedlichen Ansichten des Glaubens und in der Theologie (auch als Wissenschaft) sind daher überhaupt kein wirklicher Gegensatz. Jeder und auch ich dürfen daher eine eigene Meinung haben, ich darf meine die mir eigene Frömmigkeit leben und im Rahmen meiner zugestandenen Irrtumsfähigkeit soll ich an einer Richtung in der Theologie und/oder der Kirche auch sachliche Kritik üben dürfen. Allerdings bin ich fest davon überzeugt, dass wir bei uns und weltweit in die Kirche Jesu Christi, also einer Kirche in allen Kirchen und christlichen Gemeinschaften, mehr Ökumene als Einheit in der Vielfalt, mehr Geschwisterlichkeit und auch eine weltweite Neuevangelisation praktizieren sollten. Die Gräben zwischen uns gilt es zuzuschütten, das gemeinsame Gebet ist erforderlich. Die Weisheit über uns selbst erhalten wir – jede und jeder für sich – von Gott. Er dagegen ist allwissend, er (oder sie) verkörpert alle Wahrheit und erst im Himmel werden wir staunend davon wissen. Manchmal kommen mir die Widersprüche vor wie der Streit um des Kaisers Bart oder die Barthaare des Propheten.

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