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Im dritten Versuch: Katholik Christian Wulff ist Bundespräsident

In einem neunstündigen Abstimmungsmarathon ist der bisherige niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) zum neuen Bundespräsidenten gewählt worden.

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 Im dritten Wahlgang, in dem schließlich die einfache Mehrheit gereicht hätte, erhielt Wulff am Mittwoch in der Bundesversammlung in Berlin mit 625 Stimmen die absolute Mehrheit. In den ersten beiden Wahlgängen war Wulff an dieser Hürde gescheitert. Dies wurde als herbe Schlappe für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gewertet.

 In seiner Antrittsrede sagte der 51-jährige Wulff, er wolle vor allem zur inneren Einheit Deutschlands und zum gegenseitigen Verständnis zwischen Ost und West beitragen. Parallelgesellschaften könnten am besten vermieden werden, «indem wir aufeinander zugehen anstatt aneinander vorbeizugehen». Wulff, der der zehnte Bundespräsident der Bundesrepublik ist, dankte seinem Amtsvorgänger Horst Köhler sowie dem Kandidaten von SPD und Grünen, Joachim Gauck. Er sei überzeugt, dass er auch mit jenen, die für andere Kandidaten gestimmt hätten, gedeihlich zusammenarbeiten werde.

 Der evangelische Theologe und ehemalige Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde, Gauck, erhielt im letzten Wahlgang 494 von 1.240 gültigen Stimmen. Die beiden anderen Kandidaten Luc Jochimsen von der Linken und Frank Rennicke von der rechtsextremen NPD hatten vor dem dritten Wahlgang ihre Kandidaturen zurückgezogen. 121 Delegierte enthielten sich der Stimme. Zwei Stimmen waren ungültig.

 In den ersten beiden Wahlgängen war Wulff durchgefallen. Er erhielt erst 600, im zweiten Wahlgang dann 615 Stimmen. Damit verfehlte der CDU-Politiker die erforderliche absolute Mehrheit um acht Stimmen. Gauck erhielt im zweiten Wahlgang 490 der 1.238 gültigen Stimmen. Für Jochimsen stimmten 123 Delegierte. Union und FDP kamen zusammen auf 644 Delegierte in der Bundesversammlung.

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 Vor dem dritten Wahlgang bemühten sich SPD und Grüne darum, die 124 Delegierten der Linken in das Gauck-Lager zu ziehen. Offenbar entschied sich der Großteil von ihnen jedoch, sich der Stimme zu enthalten.

 Wulff ist mit 51 Jahren der bisher jüngste Bundespräsident. Bereits mit 19 Jahren wurde er Bundesvorsitzender der Schüler-Union. Im Alter von 35 Jahren stand der Jurist an der Spitze des niedersächsischen CDU-Landesverbandes. Nach zwei Wahlniederlagen gegen Gerhard Schröder wurde der Katholik 2003 Ministerpräsident in Niedersachsen. Wulff ist in zweiter Ehe verheiratet und hat mit seiner jetzigen Frau Bettina einen gemeinsamen Sohn (2). Das Paar hat zudem aus vorigen Beziehungen eine Tochter und einen Sohn.

 Bundeskanzlerin Merkel sagte nach der Wahl, Wulff sei «genau der Richtige, um in dieser Zeit Bundespräsident zu sein». Die absolute Mehrheit im dritten Durchlauf habe deutlich gemacht, dass Wulff eine große Zustimmung habe, die er auch in der Bevölkerung finden werde.

 Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) lobte Wulff als Brückenbauer, der die Menschen zusammenführe. CSU-Chef Horst Seehofer betonte, im dritten Wahlgang habe eine große Mehrheit in der Bundesversammlung die Bedeutung der Wahl erkannt. «Wulff wird ein Anwalt der Bürgerinteressen in Deutschland sein», sagte Seehofer.

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 Auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gratulierte Wulff zu dessen Wahlsieg. Wulff übernehme sein neues Amt in einer «unruhigen Zeit», schrieb der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider, in seinem Glückwunsch. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch verwies in seinem Glückwunschschreiben auf Wulffs politische Erfahrung. Somit sei er geübt, große Herausforderungen zu bewältigen.

 Die Präses der EKD-Synode, die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt, sagte der in Bonn erscheinenden Wochenzeitung «Rheinischer Merkur», Wulff sollte bei den Menschen «Lust auf Demokratie» wecken und das Vertrauen zwischen Volk und Volksvertretern stärken. Wulff solle dabei «keine der beiden Seiten schonen und sich weder mit Politikverdrossenheit und Parteienschelte bei der Bevölkerung beliebt machen noch erweitertes Sprachrohr von Parlament und Regierung sein». sagte die Bundestagsvizepräsidentin.

 Die Wahl war wegen des überraschenden Rücktritts des damaligen Amtsinhabers Horst Köhler Ende Mai notwendig geworden. Bundestagspräsident Lammert ging in seiner Eröffnungsrede im Reichstagsgebäude auf den Rücktritt Köhlers ein. Dieses in der deutschen Demokratiegeschichte einmalige Ereignis «war alles andere als ein normaler Vorgang, hat aber keine Staatskrise ausgelöst». Das parlamentarische System habe sich bewährt.

 Lammert übte an Köhler deutliche Kritik: «Niemand von uns unter Denkmalschutz, weder die Parlamente noch die Regierung, nicht einmal das Staatsoberhaupt.» Aber den Anspruch auf Wahrhaftigkeit und Respekt habe Bundespräsident Köhler mit vollem Recht nicht nur für sich, sondern für die politische Kultur des Landes im Ganzen reklamiert. Köhler war am 31. Mai nach heftiger Kritik wegen Äußerungen über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr zurückgetreten. In seiner kurzen Erklärung hatte Köhler gesagt, dass er den notwendigen Respekt vor dem Amt vermisse.

 Am Morgen hatten die beiden großen Kirchen mit einem festlichen ökumenischen Gottesdienst in der Berliner St. Hedwig-Kathedrale auf die Bundesversammlung eingestimmt. In seiner Predigt machte der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesregierung, Prälat Bernhard Felmberg, den Kandidaten Mut. Gott habe nicht den Geist der Furcht, sondern der Liebe und Besonnenheit gegeben. Die Kandidaten bräuchten ebenso Zuspruch, wie die Gesellschaft «Ermutiger und Hoffnungsspender» benötige.

(Quelle: epd)

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