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Kerngedanken Calvins: Was kommt nach dem Tod? Wer wird von Gott erwählt?

Der Kirchenreformator Johannes Calvin, an dessen 500. Geburtstag in diesem Jahr erinnert wird, steht in Deutschland seit Jahrhunderten im Schatten von Martin Luther (1483-1546).

Die Schriften des am 10. Juli 1509 in Noyon im Nordosten Frankreichs geborenen Calvin zeichnen sich zwar durch Eleganz, Klarheit und Scharfsinn aus, gelten aber als spröde – ganz im Gegensatz zu Luthers oft mit kernigen Sprüchen gespicktem Werk. Doch Calvin birgt auch für heutige Christen viele Schätze, sind sich Experten einig. Daran soll das Calvin-Jahr 2009 erinnern. Hier einige Schlaglichter seiner Theologie:

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Wie kann man Gott erkennen? Wer Gott erkennen will, muss sich zunächst selbst erforschen und nach innen schauen, denn Selbsterkenntnis und Gotteserkenntnis hängen für Calvin untrennbar zusammen: „Denn es kann von einem eigentlichen Erkennen Gottes keine Rede sein, wo Ehrfurcht und Frömmigkeit fehlen“, schreibt der Reformator 1559. Gott trete dem Menschen in dreifacher Form entgegen: Als Schöpfer der Welt, in Gestalt des Erlösers Jesus Christus und als spirituelle Kraft des Heiligen Geistes. Calvin gebraucht den Begriff des Spiegels – in Form von Bibel und Predigt des Evangeliums – in dem sich Gott den Menschen indirekt zu erkennen gibt.

Ist die Bibel Gottes Wort? Wer Gott und die Menschen verstehen will, kommt Calvin zufolge nicht an der Bibel vorbei. Die Heilige Schrift steht im Zentrum seines Glaubens. Die Autorität der Bibel leitet Calvin ab von ihrem Alter, der literarischen Qualität und der aus seiner Sicht historischen Zuverlässigkeit. „Nun weiß natürlich auch Calvin, dass die Bibel nicht vom Himmel gefallen, sondern von Menschen geschrieben ist“, räumt der Theologieprofessor Georg Plasger ein. Wer aber zu Gott gelangen will, muss Calvin zufolge „die Schrift zum Leiter und Lehrer haben“.

Was passiert nach dem Tod? Martin Luther entwickelte die Lehre von einem tiefen, traumlosen, zeit- und raumentrückten „Seelenschlaf“ ohne Bewusstsein und Empfindung: „Sobald die Augen sich schließen, wirst du auferweckt werden. Tausend Jahre werden sein gleich als du ein halbes Stündlein geschlafen hast.“ Calvin glaubte dagegen an eine große „Wachheit der Seele“ nach dem Tod. Die Toten sind danach vorerst weder verloren noch endgültig gerettet, sondern in einer Art Gemeinschaft von Toten und Lebenden verbunden. Calvin glaubt zudem an die Unsterblichkeit der Seele und an eine leibliche Auferstehung der Toten nach dem Vorbild des auferstandenen Jesus Christus.

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Wer findet Gnade bei Gott? Die Erwählungslehre Calvins – wer von Gott angenommen und wer verworfen wird – gehört zu den schwierigsten und auch umstrittensten Lehren des Reformators. Calvin zufolge werden die Menschen von Gott nicht alle mit der gleichen Bestimmung erschaffen. Den einen wird das ewige Leben, den anderen die ewige Verdammnis zugeordnet, ohne dass sie darauf einen Einfluss haben. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass Gottes Ratschluss letztlich unergründlich ist. Reformierte Theologen weisen heute darauf hin, dass Calvin eine Theologie für religiöse Flüchtlinge entwickelt hat, die aus Frankreich in Scharen nach Genf kamen, um dort Schutz zu finden. Seine Lehre von der Erwählung (Prädestination) ist vor diesem Hintergrund zu verstehen: Auf ihrer Flucht gab ihnen die Zusage Kraft, dass sie zu den Auserwählten gehören, wenn sie im festen Glauben zu Christus stehen. Calvin spendete durch seine Lehre so auch noch in den folgenden Jahrhunderten Menschen Trost, die unter Unterdrückung und Verfolgung leiden.

Brauchen Christen die Kirche? In Calvins Mitte des 16. Jahrhunderts entwickelten berühmten Genfer Kirchenordnung sehen viele ein Modell der späteren staatlichen Gewaltenteilung. Bis heute sind reformierte Gemeinden antihierarchisch geprägt, im Gegensatz zu episkopal-bischöflich geleiteten Kirchen. Im 20. Jahrhundert engagierten sich viele evangelisch-reformierte Kirchen oder reformierte Theologen für Frieden und soziale Gerechtigkeit, zum Beispiel gegen die Apartheid in Südafrika. Die Kirche ist für Calvin eine von Gott eingesetzte Einrichtung zum Wohl der Menschen. Kirche hat die Aufgabe, die an Jesus Christus glaubenden Menschen zu versammeln und zu stärken. Calvin war zugleich ein früherer Förderer der Ökumene. Es könne nicht sein, dass es mehrere Kirchen gibt, weil Christus sonst zerstückelt werde. Unermüdlich mahnte Calvin zu Einheit und Eintracht unter den Christen.

Wie ist Jesus Christus im Abendmahl präsent – nur symbolisch oder wirklich körperlich? Wie Jesus Christus im Abendmahl zu den Menschen kommt, war für Calvin letztlich ein Mysterium: „Ich erfahre es mehr, als dass ich es begreife.“ Diese Frage war jahrhundertelang auch ein Hauptstreitpunkt zwischen den Konfessionen und auch innerhalb des Protestantismus. Lutheraner glauben, Jesus Christus ist „in, mit und unter Brot und Wein“ wirklich gegenwärtig, was dem katholischen Verständnis vom Abendmahl sehr nahe kommt. Reformierte Christen, die sich auf Calvin berufen, deuten Brot und Wein im Abendmahl als Zeichen, die Christi heilbringende Gegenwart garantieren sollen. Die Differenzen zwischen Lutheranern und Reformierten in theologischen Fragen war über die Jahrhunderte allerdings so groß, dass die beiden großen evangelischen Traditionsfamilien erst seit den 1970er Jahren gemeinsam Abendmahl feiern.

Quelleepd

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