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Christliche Videospiele: Was läuft da schief?

Wenn Kirchen und christliche Organisationen neue Wege gehen, um für (Neu-) Mitglieder attraktiver zu werden, dann ist das lobenswert. Wenn sie dazu noch die Vielfalt der Medien nutzen, ist das in der Theorie fantastisch. In der Praxis kann das jedoch oft ein Schuss in den Ofen sein, wie jüngst die Spiele-App „Follow JC Go“ zeigt. Der Grund: Christen versuchen zu oft, nach den Sternen zu greifen.

Ein Kommentar von Nathanael Ullmann

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Wenn christliche Initiativen sich an das Medium Videospiel wagen, dann ist daran erst einmal nichts auszusetzen. Ganz im Gegenteil: Wieso sollten Christen nicht alle Register ziehen, um die Frohe Botschaft zu verkünden? Trotz allem macht mir die Art und Weise oft Bauchschmerzen. Denn zu oft wollen die Gläubigen bei den ganz Großen mitspielen. Und der Schuss kann eigentlich nur nach hinten losgehen.

Ein wunderbares Beispiel ist der „Pokémon Go“-Klon „Follow JC Go“, den wir zuletzt getestet haben. „Pokémon Go“ war ein Kassenschlager. Die Sammelmonster kennen viele noch aus ihrer Kindheit, das Spielprinzip passte perfekt zur Marke. Und vor allem kommt die App in einem schicken Design daher. Tritt „Follow JC Go“ nun in die Fußstapfen seines geistigen Vaters, wird es unweigerlich mit diesem verglichen. Und um diesen Vergleich zu gewinnen, hätte es in einer ganz anderen Liga spielen müssen, hätte es ein nahezu perfektes Spiel noch besser machen müssen. Da ist das Scheitern programmiert. „Heilige fangen“ ringt selbst vielen Christen ein Lächeln ab, wie soll es dann auf Menschen wirken, die nicht zur „christlichen Familie“ gehören?

Zu wenig Geld für zu viel Erwartung

Eine ähnliche Entwicklung befürchte ich bei dem Adventure „One of the 500“, das sich gerade in Deutschland in Entwicklung befindet. Mit nur sieben Millionen Euro will das Spiel moderne 3D-Grafik bieten und „den weltweiten Markt erobern“. Sieben Millionen Euro mag für den Unbedarften erst einmal nach einer Menge Geld klingen, ist es aber in der Spielelandschaft nicht. Eines der letzten international erfolgreichen Spiele aus Deutschland war seinerzeit Crysis. Und das hat 15 Millionen Euro verschlungen, alleine für die Entwicklung. GTA V hat sogar 200 Millionen Dollar gekostet. So groß wie Letzteres dürfte „One of the 500“ nicht werden. Trotz allem sollte klar sein: Sieben Millionen Euro sind für ein zeitgemäßes 3D-Game nicht gerade viel Geld. Vor allem, weil dieses Spiel nicht auf einen Vorgänger und damit bereits vorhandene Programmteile zurückgreifen kann. Ich hoffe sehr, dass mein erster Eindruck hier täuscht und „One of 500“ den Erwartungen der Entwickler gerecht wird. Aber die Wahrscheinlichkeit schätze ich als gering ein.

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Heißt es also: den Kopf einziehen? Mitnichten. Aber der Modus Operandi muss sich ändern. Die christlichen Entwickler müssen sich bewusst machen, dass es enorme Summen braucht, um einen Spiele-Blockbuster zu programmieren oder ein gutes Spielprinzip vernünftig zu adaptieren. Und dafür ist der christliche Markt einfach zu klein. Allerdings war die Chance, auch mit einer kleinen Produktion Erfolg zu haben, dank Digitalisierung noch nie besser. Ein beachtlicher Teil von Spielen wird mittlerweile digital vertrieben. Und da haben auch kleinere Titel die Möglichkeit, entdeckt zu werden. Der Spieledesigner Kan Gao hat mit „To the Moon“ beispielsweise quasi im Alleingang ein Meisterwerk der Spielgeschichte gebaut. „To the Moon“ kommt im Pixelstil daher und verzichtet auf eine Sprachausgabe. Aber es setzt auf andere Stärken wie die Geschichte oder die Musik. Es ist sich seiner Schwächen bewusst, bleibt klein und ist genau deswegen so erfolgreich. Andere solcher Beispiele wären „Gone Home“ oder die „The Stanley Parable“.

Ich bin mir sicher, auch christliche Inhalte können Spieler auf der Welt bewegen. Nur müssten diese Games nicht mit 3D-Bombast beeindrucken oder sich als Klone erfolgreicher Meisterwerke verkaufen wollen. Sie müssten klein denken, eine eigene Idee entwickeln und diese mit geringen Mitteln umsetzen. Ein Positiv-Beispiel könnte das kleine Spielchen „That Dragon, Cancer“ sein, in dem ein Entwicklerpaar den Krebstod ihres Sohnes verarbeitet. Die beiden sind überzeugte Christen und bezeugen auch im Spiel ihren Glauben – ganz nebenbei. Dieses Spiel rennt keinem großen Vorbild hinterher, es protzt nicht mit Grafik, sondern hat seinen ganz eigenen Weg gefunden, den Glauben zu verkünden. Und vielleicht bewegt es gerade deswegen auch Nichtchristen. Bitte mehr davon!

Nathanael Ullmann ist Volontär beim SCM Bundes-Verlag, zu dem auch Jesus.de gehört. Seine Masterarbeit schrieb er über das Verhältnis von Theater und Videospiel.

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