Nach der Untersuchung der Staatsanwaltschaft im Kloster Ettal hat die Abtei ihren Willen zur Aufklärung der Missbrauchsfälle bekräftigt. Bei den Ermittlungen am Dienstag habe es sich lediglich um eine Ortsbegehung und ein anschließendes Gespräch gehandelt, erklärte eine Sprecherin des oberbayerischen Klosters dem epd am Mittwoch.
Vertreter der Klostergemeinschaft hätten der Justiz dabei «aus freien Stücken» Unterlagen zu zwei bereits bekannten Fällen ausgehändigt. Es gehe nicht um neue Missbrauchsvorwürfe.
In den Medien war zunächst von einer Durchsuchung die Rede gewesen. Die zuständige Staatsanwaltschaft München war für eine Stellungnahme bis Mittwochnachmittag nicht zu erreichen.
Der eine Fall betreffe einen Vorwurf des sexuellen Missbrauchs gegen den Pater G. aus dem Jahre 2005, sagte die Sprecherin. Der mittlerweile am sächsischen Kloster Wechselburg tätige Pater war bereits in der vergangenen Woche vorläufig vom Dienst suspendiert worden. Gegen ihn läuft jetzt ein Ermittlungsverfahren. Zwei andere ehemalige Ettal-Pater aus Wechselburg waren ebenfalls vergangene Woche suspendiert worden. Der Vorwurf gegen sie laute aber nicht auf sexuellen Missbrauch, sondern auf «unangemessene körperliche Züchtigung», erläuterte die Sprecherin.
Der zweite Fall, zu dem die Staatsanwaltschaft jetzt Unterlagen sichtet, beziehe sich auf einen Pater, der sich in der vergangenen Woche bei der Staatsanwaltschaft selbst angezeigt habe. Diese Anzeige habe jedoch weder etwas mit Missbrauch noch mit Schülern zu tun, so die Sprecherin. Der vom Kloster eingesetzte externe Ermittler, Rechtsanwalt Thomas Pfister, will am Freitag auf einer Pressekonferenz den aktuellen Ermittlungsstand bekanntgeben.
In der Abtei waren in der vergangenen Woche der Abt Barnabas Bögle und kurz darauf der Prior und Leiter der Klosterschule, Pater Maurus Kraß, mit sofortiger Wirkung von ihren Ämtern zurückgetreten. Sie übernahmen damit die Verantwortung dafür, dass das Kloster seiner Pflicht nicht nachgekommen war, mögliche Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch an den Beauftragten der Erzdiözese zu melden.
Der CDU-Politiker und frühere Jesuitenschüler Heiner Geißler verlangte unterdessen von der katholischen Kirche eine Abkehr von ihrer «verlogenen Sexualmoral und Körperfeindlichkeit». Das seien «Irrlehren», sagte er der «Frankfurter Rundschau» (Mittwochsausgabe). Mit Blick auf die Missbrauchsfälle in katholischen Schulen sagte Geißler: «Die katholische Kirche nimmt in Sexualfragen für sich eine sehr hohe Moral in Anspruch. Das Sexualleben steht bei ihr unter dem Verdacht, etwas potenziell Schlechtes zu sein.» Die Missbrauchsfälle stünden in einem eklatanten Widerspruch zu diesem Anspruch. Die Kirche verliere dadurch ihre Glaubwürdigkeit.
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) warnte davor, nur die katholische Kirche an den Pranger zu stellen. Probleme mit Kindesmissbrauch gebe es in kirchlichen und säkularen Internaten ebenso wie in Sportvereinen oder Familien, sagte sie der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Mittwochsausgabe). Schröder begrüßte deshalb den Vorschlag des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, einen gemeinsamen Runden Tisch mit allen Vertretern von Kinder- und Jugendarbeit einzurichten, um gemeinsame Strategien zu entwickeln.
(Quelle: epd)