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Antisemitismus: Mehr als 1.900 Vorfälle im Vorjahr

Die Zahl der gemeldeten antisemitischen Vorfälle in Deutschland ist weiter gestiegen. Recherche- und Meldestellen registrierten im Vorjahr rund 450 Fälle mehr als 2019. Sie gehen außerdem von einer hohen Dunkelziffer aus.

Die Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) haben im vergangenen Jahr deutlich mehr antisemitische Vorfälle erfasst. Mit bundesweit 1.909 Vorfällen 2020 waren es rund 450 mehr als im Vorjahr, wie der Geschäftsführende Vorstand des Bundesverbands Rias, Benjamin Steinitz, am Montag bei der Vorstellung der Zahlen in Berlin sagte. Mehr als ein Viertel (489) der Taten hatte einen direkten Bezug zur Corona-Pandemie.

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Auf Demonstrationen und Kundgebungen gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen registrierte Rias 284 Fälle, bei denen in Reden, auf Schildern oder auf der Kleidung antisemitische Stereotype verbreitet wurden. Die Corona-Krise habe zu einer bedrohlichen Normalisierung von Antisemitismus geführt, sagte Steinitz: „Juden und Jüdinnen wurden öffentlich zu Sündenböcken gemacht, Politiker, die für die Schutzmaßnahmen eintraten, wurden als jüdisch markiert.“

Regelmäßig wurde von Demonstranten auch die Schoah bagatellisiert. So wurde auf einer Kundgebung in Bamberg die Corona-Krise als ein „Holocaust 2.0.“ bezeichnet. Dazu kam eine sogenannte Selbst-Viktimisierung von Corona-Kritikern, indem sie sich mit den Opfern der nationalsozialistischen Judenverfolgung verglichen.

Berlin meldet die meisten Vorfälle

Drei der vier landesweiten Rias-Meldestellen, die sich im vergangenen Jahr an der bundesweiten Dokumentation beteiligten, registrierten laut Steinitz mehr antisemitische Vorfälle als im Jahr zuvor. In Bayern wurden 30 Prozent, in Berlin 13 Prozent und in Brandenburg drei Prozent mehr Vorfälle dokumentiert. Lediglich in Schleswig-Holstein konnte ein leichter Rückgang um fünf Prozent verzeichnet werden.

Die meisten gemeldeten Vorfälle gab es mit 1.000 in Berlin, wo das Netzwerk bereits seit 2015 aktiv ist. Aus Bayern wurden 239, aus Brandenburg 141 und aus Schleswig-Holstein 53 gemeldet. Auch Vorfälle aus anderen Bundesländern wurden erfasst, allerdings nicht systematisch, weil Rias derzeit noch nicht flächendeckend im Bundesgebiet vertreten ist. Vorstand Steinitz geht deshalb auch von einer hohen Dunkelziffer aus.

Student wurde mit Spaten angegriffen

Konkret verzeichneten die Meldestellen im vergangenen Jahr 1.449 Fälle von sogenanntem verletzenden Verhalten. Dazu gehören Beschimpfungen, aber auch judenfeindliche Plakate und Aufkleber. Zudem registrierten die Meldestellen 167 Sachbeschädigungen, 157 antisemitische Massenzuschriften, 96 Bedrohungen und 39 Angriffe. Die brutalste Attacke war am 4. Oktober 2020 der Angriff mit einem Spaten auf einen 26-jährigen Studenten vor der Synagoge in Hamburg-Eimsbüttel.

Von den Vorfällen waren 677 Personen und 679 Mal Institutionen direkt betroffen. Bei der Hälfte (52 Prozent) konnte kein eindeutiger politischer Hintergrund zugeordnet werden. Ein Viertel der Taten kam aus dem rechtsextremen und rechten Spektrum, 13 Prozent stammten aus dem verschwörungsideologischen Milieu.

Eine geringere Rolle spielte 2020 der sogenannte israelbezogene Antisemitismus. Das sei aber nur eine Momentaufnahme gewesen, sagte Steinitz. So zählte Rias während des Gaza-Konfliktes im Frühjahr dieses Jahres mehr als 250 Vorfälle allein zwischen dem 9. und 24. Mai. Dazu zählten Bedrohungen und Sachbeschädigungen.

Link: Jahresbericht (PDF)

Quelleepd

2 Kommentare

  1. Antisemitismus ist eine geistige Seuche

    Antisemitismus ist eine geistige Seuche, modernisiert, befördert und befeuert im 21. Jahrhundert durch die neue schöne digitale Netzwelt. Sie erlaubt es, ohne sein Gesicht zeigen zu müssen, bösartige und/oder absurde Verschwörungstheorien zur Wahrheit zu verklären. Selbstverständlich ist der heutige Antisemitismus so alt wie das Christentum. Dabei geht auch der aktuelle Antisemitismus auf das holzschnitzartige Bedürfnis mancher Zeitgenossen zurück, einfache Erklärungen zu finden wer Schuld trägt bzw. Verursacher ist. Leider ist mir schon vor wenigen Jahren der Ausspruch begegnet, die Juden hätten viel Geld und einen großen Einfluss hinter den Kulissen der Weltgesellschaft. Gedacht hat dieser Mensch an Waffengeschäfte, angezettelte Kriege und einen Hang dazu, Tod und Vernichtung zum Geschäft zu machen. Solche Personen und Mächte gibt es, aber sie existieren Personen- und Idiologie übergreifend. Mich wundert nicht, dass Juden schuld sein sollen an der Corona-Pandemie. In den so genannten Querdenkerdemos – die gar keine Querdenker sondern Querspinner sind – praktiziert man sehr häufig den Schulterschluss zwischen Corona-Leugnern, den Leugnern der unsäglichen Verbrechen in den Konzentrationslagern der Nazis, mit Reichsbürgern und leider auch mit Teilen der AfD. Es geht auch die Mär um, die Juden seien Schuld dass man sie nicht liebe, sie mischten sich hier bei hierzulande in alles ein und dies sei das Wesen des Juden. Aber deutsche Evangelische, Katholiken, Atheisten, Grüne, Christdemokraten, Linke, Liberale, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften mischen sich auch in alles ein und dies können auch Juden sein. Wobei jüdische Menschen oft keine Israelis sind, sondern in Deutschland auch Menschen mit unserer Staatsbürgerschaft. Sicher darf man Juden kritisieren wie man auch alle anderen Religionsangehörige kritisieren darf, auch wenn sie ihre Religion überhaupt nicht praktizieren. Ebenso ist der Staat Israel nicht das Paradies, aber er besteht aus ganz vielen verschiedenen Menschen, wie Friedens- oder den Nicht-Friedensbewegten, Fundamentalisten, Atheisten und einem Parlament aus mehr als 30 Parteien. Ein Jugendlicher in der Pubertät würde so eine Unsinn-Denkerei vielleicht als etwas „Bluna“ bezeichnen, weil wir doch alle etwas Bluna sind. Aber erstens würde ich mich dagegen verwahren und zweitens wäre dies eine groteske Schönrederei. Antisemitismus ist extrem menschenverachtend.

    Dabei ist Antisemitismus ursprünglich die absurde (theologische ?) Idee, die Juden würden als Rasse von Gott bestraft, weil sie Jesus Christus hingerichtet hätten. Aber Jesus Christus ist der menschgewordene Gott und als Mensch war er ebenfalls Jude. Er würde von der römischen Besatzungsmacht zu Tode gebracht. Die brutale Kreuzigung eines Menschen praktizierten die Römer, jüdisch getötet wurde man in der Antike mit einer Steinigung. Aber es waren an Jesu Tod auch nur die Israeliten und Römer daran beteiligt, die daran beteiligt waren. Im übrigen predigte Jesus selbst die Vergebung. Deshalb vergibt auch Gott 77×7 mal unsere ganz persönliche Schuld und wir sollten es auch tun. Der Himmel schickt keine Strafen, sondern die Juden haben auch in der Bibel eine eigenständige Verheißung. Im übrigen sind auch die Juden nicht alle gläubige Juden und sie sind noch nicht einmal eine Rasse, denn es gibt viele Juden mit schwarzer Hautfarbe. Im Dritten Reich wurde Schulkindern offiziell gelehrt, was Schulhefte ausweisen, Juden hätten ein anderes Gehirn – sie seien als eigentlich keine wirklichen Menschen. Dass wir Menschen wegen ihrer Religion, oder ihrer Nichtreligionsausübung, ihrer Herkunft und aufgrund der sexuellen Orientierung verachten und zu Sündenböcken erklären, ist galaktisch weit entfernt von jeglicher Ethik und Gottesglaube. Ich befürchte, der Antisemitismus und Rassismus wird zukünftig stark anwachsen. Denn wegen der Überbevölkerung und dem sehr zunehmendem Klimawandel braucht man jemand, den man in die Wüste jagt oder ans Kreuz schlägt. Das machen wir nämlich mit Jesus, wenn wir dem Hass und absurdem Denken folgen. Antisemitismus und Rassismus gehen Hand in Hand vereint, um eine höllenartige Ungemütlichkeit hier zu erzeugen. Allerdings: Hass ist ein ganz schlechter Ratgeber und heilt niemand

  2. Sie sind also der Meinung, linksextreme Ideologie spiele keine Rolle beim Antisemitismus?
    Aus meiner Erfahrung als Jude heraus ist sie zahlenmäßig der Hauptgrund.

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