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Christsein in China: Getaufte Kinder können der Karriere schaden

Es gibt zwar seit einigen Jahrzehnten eine Öffnungspolitik Chinas gegenüber dem Christentum. Aber der christliche Glaube muss sich laut des Berliner Professors Christian Meyer dem Staat unterordnen – und vorauseilenden Gehorsam leisten.

Von Michael Müller (pro)

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„Man kann in Peking durch die Stadt gehen und christliche Kirchen sehen“, sagte der Sinologe Christian Meyer in seinem Vortrag am Dienstagabend in Berlin. Allerdings hänge neben dem großen Kreuz dann auch eine chinesische Flagge, um dem Staat seine Treue zu versichern. Menschenrechte und Religionen im kommunistischen China waren die Themen im „Forum Dialog“. Dabei wurde klar, dass es in den vergangenen Jahrzehnten eine Öffnung Chinas gegenüber dem Christentum gegeben hat. Deutlich werden aber auch die Bedingungen, an die der autokratische Staat diese relative Freiheit knüpft.

Meyer, der neben Chinawissenschaften auch Theologie studiert hat und an der Freien Universität Berlin lehrt, erzählte von befreundeten Professoren in China, die ihre Kinder noch nicht taufen lassen, um ihre Karriere nicht einzuschränken. Meyer zeigte ein Flugblatt der offiziellen karitativen Stelle der evangelischen Kirche in China, „The Amity Foundation“. Darin betont die Organisation bewusst, chinesisch zu sein und keine Mission zu betreiben.

In China gebe es keine offene Gesellschaft wie im Westen, sagte Meyer: „Es ist ein autokratisches und atheistisches Staatssystem, in dem nicht Religionen von unten aus der Bevölkerung heraus gegründet werden können.“ Trotzdem gebe es seit 1978 eine Reform- und Öffnungspolitik in China, erklärte Meyer. So entstand eine gewisse Normalisierung nach der Kulturevolution für die Religionen. China hoffte dadurch auf eine Image-Verbesserung bei christlichen und muslimischen Ländern für den Handel.0

Verfassung garantiert keine Freiheit der Ausübung von Religionen

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Religionen müssten sich aber in der Einheitsfront der kommunistischen Partei einfinden. Die Verfassung garantiere zwar Glaubensfreiheit, aber keine Religionsfreiheit. Das heißt: Es gibt keine garantierte Freiheit der Ausübung von Religionen. Der Staat definiert „normale religiöse Tätigkeiten“, welche „die öffentliche Ordnung nicht stören“ oder das „Erziehungssystems des Staates nicht beeinträchtigen“. Das gebe laut Meyer einen großen Spielraum, um zu definieren, was normal ist.

Zu den offiziellen Religionsvereinigungen, die insgesamt auf fünf beschränkt sind, zählt China die Chinesische Katholische Patriotische Vereinigung und das Chinesische Patriotische Komitee der protestantischen „Drei-Selbst-Bewegung“. Diese würden auch gegenüber anderen Religionsbewegungen besonders gefördert. Meyer sprach gleichzeitig von „einem vorauseilenden Gehorsam“ der christlichen Religionen in China, was die Anpassung an das sozialistische System angeht. Wenn durch die deutschen Medien Verbote in Artikeln thematisiert werden, betreffe das häufiger evangelische Hauskirchen. Diese wollen sich laut Meyer nicht der staatlich anerkannten evangelischen Kirche anschließen.

Hauskirchen fallen in Grauzone

Meyer stellte das Gliederungssystem eines chinesischen Professor-Kollegen vor. Danach gibt es einen „roten“, „schwarzen“ und einen „grauen“ Markt der Religionen. Im „roten“ Markt befinden sich die fünf staatlich anerkannten Religionen. Sekten und Wahrsagungen fallen zum Beispiel in den „schwarzen“, verbotenen Markt. Die tolerierten Hauskirchen fallen in die Grauzone. Sie sind dem Staat bekannt, werden aber nicht sofort geschlossen. Laut Meyer gebe es da eine gewisse Flexibilität. „Es gibt aber auch eine Kontrolle darüber, dass der Staat jederzeit zuschlagen kann“, sagte Meyer. Deswegen würden die Hauskirchen sich stark unter dem wahrnehmbaren Radar bewegen und nicht auffallen wollen.

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Für Meyer ist es schwierig, verlässliche Zahlen zu Christen in China zu bekommen, weil der atheistische Staat diese bewusst niedrig schätzt. Der Protestantismus einschließlich der Hauskirchen habe aber mindestens 23 Millionen Menschen, eher seien es aber insgesamt 60 Millionen evangelische Chinesen. Demnach haben Hauskirchen also einen größeren Anteil an der Bevölkerung als die offiziell anerkannte evangelische Kirche. Den Katholizismus beziffert Meyer mit mindestens 3,2 Millionen Menschen. Realistischer erscheint für ihn aber die Spanne von 8,5 bis 13 Millionen. Laut den Zahlen der Organisation Open Doors sind sogar 97,2 Millionen Chinesen Christen.

 

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