An drei Orten hat der Eröffnungsgottesdienst des Kirchentags stattgefunden. Beim Gottesdienst mit Frank-Walter Steinmeier am Ostentor schauten die Zuschauer gleich von vier Seiten zu.
Von Nathanael Ullmann
Mitten auf Dortmunds größter Kreuzung haben die Veranstalter die 360-Grad-Bühne für einen der drei Eröffnungsgottesdienste aufgebaut. Schon lange vor Beginn sichern die ersten Besucher sich die besten Plätze. Bei Temperaturen um die 30 Grad ist das eine Herausforderung. Auch während des Gottesdiensts ertönen immer wieder die Sirenen – Gottesdienstbesucher kollabieren unter der Sonne.
In alle vier Himmelsrichtungen spricht das Team auf der Bühne kleine Meditationen. Vergewaltigung, die Angst vor dem Tod und die Kluft zwischen der heilen Welt sozialer Netzwerke und den Nachrichten thematisieren die Redner. Erst sind die Redebeiträge voller Fragen, voller Frustration. Doch dann dringt ein Vertrauen durch, die Lebensfreude: Wer Vergewaltigung erlitten hat, kann aufstehen und für sein Recht einstehen. Und die täglichen Nachrichten berichten immer wieder auch Positives. Zeitgleich werden Luftballons durch die Reihen gereicht, werden zum Kreuz auf der Kreuzung. Sie sind das Hoffnungssymbol des Kirchentags und auch im Logo zu finden.
Vertrauen wie Hiskia
Die Lesung behandelt Hiskia. Er, der König, der trotz einer feindlichen Übermacht auf Gott vertraute – und siegt. Diese biblische Geschichte macht auch Annette Kurschus, die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, zum Predigtthema. „Wir singen, wir beten, und glauben, dass dadurch etwas in Bewegung kommt“, sagt sie. Wie Hiskia könne man sich einlassen auf das Leben, auf Gott.
Auch, dass das nicht immer leicht ist, davon weiß sie zu erzählen. „Vertrauen schwindet, an so vielen Stellen.“ An vielen Stellen würden heute die Grundfesten erschüttert. Und doch sei noch Hoffnung: „Was ist das für ein Vertrauen, dass die Erde doch noch zu retten ist?“ Überall ließen sich solche Hoffnungsplätze finden. Diese Hoffnung sei ein heilsames Gegengift, mit dem Gott „so unerhört zart, so unerhört stark dein Leben kreuzt.“
Kurschus ist sich sicher: „Geschichten wie die von Hiskia werden wir nicht aufhören zu erzählen.“ Vertrauen wird es auch weiterhin geben. Und um neues Vertrauen zu gewinnen, dafür ist der Kirchentag ein guter Ort.
Big Band unterstreicht das Thema
Kirchentagspräsident Hans Leyendecker setzte dann praktische Akzente. Gegen Rechtsextremismus und die Zerstörung der Umwelt müsse man aktiv werden – voller Vertrauen. „Da kann man nichts machen“, zitiert er nach Dorothee Sölle, „ist ein gottloser Satz.“
Untermalt wird der Gottesdienst von einer Big Band, Sängern, Tänzern und einem Bläserchor. Aus ganz Deutschland sind die Bläser angereist und spielen auf dem Kirchentag erstmals zusammen. Voller Schwung setzen sie die positiven Botschaften des Gottesdiensts in Musik um.
Nach dem Gottesdienst folgen Grußworte unter anderem vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. „Weil wir vertrauen auf Gott und unsere Fähigkeiten, diese Welt zu einer besseren zu machen, sind wir zum Kirchentag gekommen“, greift er das Kirchentagsthema auf. Die Notwendigkeit zum Vertrauen sieht er an vielen Stellen: Das Vertrauen auf die Verfassung, die Demokratie, Ost und West, auf die jungen Menschen und Anhänger anderer Religionen. Auch er ruft, wie Leyendecker, dazu auf, aktiv zu werden.