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„Hier darf man tanzen“: Techno-Gottesdienst in St. Pauli

„Drei“, „zwei“, „eins“ – los geht’s! Die Discolichter blitzen, wummernde Bässe lassen die Hosenbeine flattern und die Jugendlichen tanzen ausgelassen. Es ist laut, es ist schrill – Technogottesdienst im Kaiserkeller der Großen Freiheit 36. Zwischendurch gibt es leise und ernste Töne. Auch das ist der Kirchentag 2013 in hamburg.

Von Daniel Wildraut

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Break. Stille. Eine Stimme ertönt: „Hallo erstmal. Das kann heute Spaß machen. Muss aber nicht…“ Mit diesen Worten eröffnet Pfarrer Roland Kühne die Veranstaltung. Er trägt Talar, so wie in einem normalen Gottesdienst. „Es wird heute laut und leise, lustig und ernst.“ Danach nickt Kühne kurz in Richtung Mischpult und es geht sofort wieder ab – Zappeln! Die Tanzfläche ist voll. Doch sobald nach fünf Minuten die Technobeats verklungen sind, wird es im Kaiserkeller mucksmäuschenstill. Auf Partystimmung folgen liturgische Elemente, Gebet und Stille. Alle hören zu, wenn Pfarrer Kühne spricht.

Gottesdienst und Technomusik, das klingt nach zwei Welten ohne Schnittmenge. Doch vor sechs Jahren scherzte Jan, einer von Kühnes Schülern im Religionsunterricht am Berufskolleg, man könne doch mal einen Technogottesdienst veranstalten. Warum nicht, dachte sich der Pfarrer, der bis zu diesem Zeitpunkt selbst noch nie Techno gehört hatte. Und so kam das Projekt auf den Weg. „In diesen Gottesdiensten drückt sich eine Dualität aus, die wir auch im Alltag erfahren“, erklärt Kühne. „Im Fernsehen erleben wir schlimme Nachrichten. Anschließend schalten wir die Kiste aus und gehen feiern.“ Die Musik ist für den Pfarrer nicht Selbstzweck, lediglich Mittel zum Zweck. „Um Jugendliche anzusprechen, die mit klassischer Kirchenmusik nichts anfangen können.“ Und inzwischen, so verrät er, höre er beim Autofahren gelegentlich selbst Techno.

Beim Kirchentag sind sie inzwischen zum vierten Mal dabei. Nie in einer Kirche, immer in Clubs. „Köln, München, Bremen und jetzt Hamburg“, zählt Kühne auf. „Nur in Dresden, da wollten sie uns nicht“, lacht er. Jan, sein Schüler von damals, steht auch heute am Mischpult.

„Gott weint beim Anblick der Gewalt“

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(Foto: Jesus.de)

Es wird wieder ernst. „Gott weint beim Anblick der Gewalt auf dieser Welt“, sagt Kühne in Abwandlung eines Zitates von Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu. „Doch wenn er jetzt auf Hamburg blickt, dann lächelt er.“ Der Pfarrer bringt den Besuchern mit Texten und Videos das Schicksal von Liu Xiaobo nah. Der chinesische Bürgerrechtler und Friedensnobelpreisträger verbüßt in seiner Heimat eine elfjährige Haftstrafe, „weil er sich für die Menschenrechte eingesetzt hat“, erklärt Kühne. Seine Frau steht unter Hausarrest, ohne Fernsehen, Internet oder das Recht auf Besucher. „Wo solches Unrecht auf dieser Welt geschieht, da ruft uns Gott zum Handeln auf“, so der Pfarrer. Er selbst hat mit Schülern schon vor der chinesischen Botschaft in Berlin demonstriert. Glaube und der Einsatz für die Armen, Schwachen und Unterdrückten, das gehört für Kühne untrennbar zusammen.

Auch heute bleibt es nicht beim Lippenbekenntnis. Eine Resolution für die Einhaltung der Menschenrechte in China und die Freilassung von Liu Xiaobo wird verlesen. Auf einer Unterschriftenliste können sich die Besucher eintragen. Und danach? Da wird es wieder laut. Es wummert, es groovt. Techno. Party und Glaube, Spaß und Ernst im Kaiserkeller. Das passt.

QuelleJesus.de

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