Holy Bulls nennt sich der noch junge christliche Fanclub von RB Leipzig. Eigenhändig haben sie einen Raum am Stadion zur Kapelle umfunktioniert – am Freitag ist Einsegnung. Ungewöhnlich: Die Hälfte der Holy-Bulls-Mitglieder sind gar keine Christen.
Von Katrin Schreiter (epd)
Sie haben es selbst in die Hand genommen: einen neuen Fußbodenbelag verlegt, die Wände gestrichen, die Fenster mit kirchlichen Motiven geschmückt und ein großes Holzkreuz angebracht. Am Freitag (10. August) wollen die Holy Bulls, der christliche Fanclub des Bundesligisten Rasenballsport Leipzig, nun die Stadion-Kapelle «Gloria» an der Red Bull Arena offiziell einsegnen lassen.
RB Leipzig wurde 2009 gegründet, auf Initiative des Energy-Drink-Herstellers Red Bull. Kein Wunder also, dass auch die Fanszene noch recht jung ist. Die Holy Bulls haben sich 2012 zusammengefunden, zwei Jahre später ist daraus ein offizieller Fanclub geworden.
Olaf Olschewski ist eines der sieben Gründungsmitglieder. Dass der jungen RB-Anhängerschaft von anderen gern das «wahre Fan-Sein» abgesprochen wird, kommentiert er rhetorisch: «Kommt das ‚wahre Fan-Sein‘ mit der jahrelangen Tradition eines Vereins oder ist es die Passion, mit der man jedes Spiel verfolgt, sich mitfreut oder mitleidet?»
Die Begeisterung für den Verein wächst. Auch das Interesse am christlichen Fanclub. «Mittlerweile sind wir 240. Etwa die Hälfte sind Christen – evangelisch, katholisch und freikirchlich – die andere Hälfte Nichtchristen», erzählt der 52-Jährige. «Das ist ungewöhnlich. Aber wir sind hier im Osten, der einige Brüche erlebt hat», erklärt er. «Hier gibt es viele Leute, die in Familien aufgewachsen sind, die irgendwann der Kirche den Rücken zugekehrt haben. Aber viele von ihnen teilen unsere Werte Respekt, Annehmen und Vergebung – und darauf kommt es uns an.»
Club schätzt familiären Charakter
Das Zeichen der Holy Bulls ist das sogenannte Tatzenkreuz. Als rotes Kreuz auf weißem Grund entspricht es dem Wappen des Templerordens. Der Fanclub verwendet es mit Bezug auf die RB-Vereinsfarben rot und weiß. «So wie die Templer Pilger und Pilgerwege schützten, so achten, ehren und verteidigen wir den familiären, friedlichen und bunten Charakter der RB-Fangemeinde», schreiben die Holy Bulls auf ihrer Website. Sie werden die regelmäßig aktiv, wenn Choreographie im Fanblock, Fanmärsche oder Charity-Aktionen zu organisieren sind.
«Wir versuchen, innerhalb der Fanszene eine Scharnierfunktion wahrzunehmen», sagt Olschewski. Fanclub-Sprecherin Ulrike Schmidt konkretisiert: «Selbstverständlich wollen wir Vorbild sein, in der Art und Weise, wie wir miteinander umgehen. Aber wir sind zuallererst Fußballfans – und nicht missionarisch unterwegs.» Das bedeute aber nicht, «dass wir uns nicht lautstark melden würden, wenn es zum Beispiel rassistische Pöbeleien geben sollte.» Bisher aber sei das noch kein Thema bei RB gewesen.
Doch wie vertragen sich die christlichen Werte mit dem modernen Profi-Fußball, bei dem es oft nur noch um Millionengeschäfte zu gehen scheint? Olschewski winkt ab: «Wir sehen natürlich auch, wie Profi-Fußball heutzutage funktioniert, sind dabei aber nicht unkritisch. Doch entscheidend für uns ist, dass im Verein ehrlich gearbeitet wird, Entscheidungen transparent sind und sauber mit der Hoffnung der Fans umgegangen wird.»
Eröffnet wurde die Kapelle vor dem Heimspiel gegen Borussia Dortmund im März, am Freitag wird sie eingesegnet. Vier Geistliche werden die Gebete sprechen. Den ersten «gesegneten Einsatz» wird die «Gloria» am 2. September haben, wenn es gegen Fortuna Düsseldorf geht.
«Um drei Punkte bitten wir nicht»
Vorerst sollen in der Kapelle noch keine richtigen Gottesdienste gefeiert werden, erklärt Vorstandsmitglied Olschewski, «sondern Fantreffen, Lesungen und natürlich Andachten, bei denen es darum geht, zur Besinnung zu kommen und zur Ruhe.» Dann werde auch schon mal um ein friedliches, verletzungsfreies Spiel gebetet, erzählt er und fügt lachend hinzu. «Um drei Punkte bitten wir nicht – das ist nicht unser Ansatz.»
Geöffnet ist die Kapelle, in der etwa 40 Personen Platz finden, zunächst immer zu den Heimspielen. Dann sind neben Club-Mitgliedern sowie christlichen Gäste-Fans auch andere Besucher willkommen. Und auch ein – unter RB-Fans – prominentes Nicht-Mitglied schaut regelmäßig vorbei. Olschewski: «Der Capo kommt vor fast jedem Heimspiel noch mal hier her, um sich zu sammeln.» Der Capo, das ist Vorsänger Sebastian, der bei den Spielen die Fangesänge anstimmt.
«Das soll nur der Anfang sein», hofft Sprecherin Ulrike Schmidt: «Ich könnte mir gut vorstellen, dass demnächst auch der eine oder andere Spieler vor dem Anpfiff die Kapelle besucht. Nicht nur von RB.»