Beim Ökumenischen Kirchentag haben Protestanten, Katholiken, Orthodoxe und Freikirchler gemeinsam Abendmahl gefeiert. Kritik daran kam aus dem Vatikan.
Die wechselseitige Teilnahme am Abendmahl ist ein theologischer Streitpunkt zwischen Katholiken und Protestanten, in erster Linie auf katholischer Seite. Am Samstagabend setzten Katholiken, Protestanten und Orthodoxe auf dem Kirchentag ein Zeichen für Verbundenheit und Ökumene. In vier konfessionellen Gottesdienste wurde gemeinsam gefeiert. Katholische Christen empfingen dabei Brot und Wein beim evangelischen Abendmahl teil, Protestanten nahmen an der katholischen Eucharistiefeier teil. Im orthodoxen Vespergottesdienst wurden in einer feierlichen Liturgie Brote gesegnet und ausgeteilt, wobei es sich jedoch nicht um eine Abendmahlsfeier handelte.
Der katholische Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz bat in seiner Predigt im Dom evangelische Christen um Verzeihung für „Hochmut“ und „Herzenshärte“ vonseiten seiner Kirche, die die Teilnahme von Protestantinnen und Protestanten an der katholischen Eucharistie bislang nur unter der Voraussetzung einer strengen Gewissensprüfung zulässt. Alle Glaubenden seien „angewiesen auf Ergänzung“, alle hätten gemeinsam „die Aufgabe der Einheit“. In diesem Geist feiere man das Mahl, zu dem Jesus Christus einlade. „Gemeinsam feiern wir dieses Geheimnis unseres Glaubens und lassen uns von ihm zu seinem Gedächtnis sagen: Schaut hin und erkennt mich beim Brechen des einen Brotes und in der Gabe des einen Bechers für alle. Dann geht in meinem Geist verwandelt und gestärkt in die Welt.“
Die evangelische Präsidentin des 3. ÖKT, Bettina Limperg, die an der Eucharistiefeier teilnahm, sagte anschließend, dies sei für sie eine Selbstverständlichkeit gewesen: „Das Mahl gehört einfach dazu.“ Sie freue sich, dass der Ökumenische Kirchentag mit diesen Gottesdienstfeiern in ökumenischer Sensibilität ein wichtiges Zeichen setze, das weit über den Kirchentag hinausreiche. In der Evangelischen Gemeinde Frankfurt-Riedberg nahm der katholische Präsident des 3. ÖKT, Thomas Sternberg, am Abendmahl teil. Mit ihm zum Mahl ging der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Volker Jung. Sternberg bezeichnete dies als seine „persönliche Gewissensentscheidung“. Es sei notwendig, sich in geschwisterlicher Vielfalt zu begegnen und die Einladung Jesu zum Mahl ernst zu nehmen.
Kirchentagsprominenz feiert Gottesdienst in FeG Frankfurt
In der Freien Evangelischen Gemeinde am Oeder Weg wurde ebenfalls ein Abendmahls-Gottesdienst gefeiert. Pastor David Schultze fragte sich und die Teilnehmenden ganz konkret: „Was bedeutet es eigentlich, genau hinzuschauen?“ Oft wolle man den Anderen am liebsten umso mehr ändern, je genauer man hinschaue. Es sei aber nötig, Unterschiede nicht einfach fortzuwischen, sondern so wie die Liebe Gottes anzunehmen. Die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags, Julia Helmke, und der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Marc Frings, Mitglieder des Gemeinsamen Präsidiums des 3. ÖKT, nahmen in diesem Gottesdienst am Abendmahl teil. Sie betonten, es sei ihnen dabei „nicht nur um eine Gewissensfrage gegangen, sondern um eine Herzensfrage“.
In allen Gottesdiensten war die Zahl der Teilnehmenden coronabedingt streng begrenzt. Deutschlandweit hatten sich im Netzwerk des ÖKT weitere 66 Gemeinden gemeldet, die ebenfalls Gottesdienste in ökumenischer Sensibilität feierten.
Kritik aus dem Vatikan
Nicht überall stießen die gemeinsamen Abendmahlsfeiern auf Zustimmung. Kardinal Gerhard Ludwig Müller, ehemaliger Präfekt der römischen Glaubenskongregation, sprach laut Hessenschau von einer „Provokation des Lehramts der katholischen Kirche.“ Wer sich im Widerspruch zur katholischen Lehre und ihrer verbindlichen Auslegung durch das römische Lehramt verhalte, sei nicht mehr katholisch. Bereits im vergangenen September hatte sich der Vatikan ablehnend geäußert.
160.000 Zugriffe auf Kirchentags-Webseite
Rund 160.000 Besucherinnen und Besucher wurden während des Ökumenischen Kirchentags auf der Website gezählt. Rund 1 Million Menschen verfolgten den Himmelfahrtsgottesdienst am Donnerstag im Fernsehen. Unter den Streams war das Oratorium EINS mit rund 25.000 Aufrufen am beliebtesten. Dezentral engagierten sich rund 1.600 Helfende in der Aktion „schaut hin – packt an“ ehrenamtlich bei verschieden Projekten direkt vor Ort.
Gekostet hat der Ökumenische Kirchentag, der sich vor allem durch staatliche und kirchliche Zuwendungen sowie Sponsorengelder finanziert, etwa 18 Millionen Euro, wie Finanzvorstand Stephan Menzel mitteilte. Damit sei der Kirchentag unter Pandemiebedingungen deutlich günstiger ausgefallen als in seiner ursprünglich geplanten Form, für die etwa 26 Millionen Euro veranschlagt gewesen seien. Die Bilanz sei ausgeglichen, Einnahmen und Ausgaben hielten sich die Wage, betonte Menzel: Unter dem Strich stehe eine „schwarze Null“.
Der 3. Ökumenische Kirchentag (ÖKT) fand wegen der Corona-Pandemie „digital und dezentral“ statt. Vom 13.-16. Mai wurden rund 100 digitale Veranstaltungen aus Frankfurt gesendet. Dazu kamen gut 300 Aktionen und Gottesdiensten in ganz Deutschland. Der ÖKT wird veranstaltet vom Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT) und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Nach 2003 in Berlin und 2010 in München fand der Ökumenische Kirchentag 2021 zum dritten Mal statt.