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Martin Luther King – Warum das Chormusical wichtig ist

Die Stiftung Creative Kirche denkt in Superlativen: Nicht weniger als insgesamt 2.400 Chorsänger waren am Wochenende beim Chormusical „Martin Luther King“ zu hören. Rund 2,5 Millionen Euro kostet die Tour durch Deutschland. Damit zeigt das Projekt beeindruckend, welche Kraft in der Ökumene steckt – und bleibt trotz kleiner Schwächen durchaus sehenswert.

Von Nathanael Ullmann

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Nach den Pop-Oratorien „Die 10 Gebote“ und „Luther“ setzt die Stiftung Creative Kirche in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche im Rheinland, dem Bistum Essen und dem Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden erneut ein Chorprojekt um. „Das Format trifft einfach einen Nerv“, so Stiftungsvorstand Ralf Rathmann bei der Pressekonferenz. Insgesamt 2.400 Sängerinnen und Sänger (je 1.200 pro Abend) waren am Wochenende in der Essener Grugahalle im Musical „Martin Luther King“ zu hören. Das Konzept geht immer noch auf – trotz Schwächen.

Im Stück steht das Leben des namensgebenden Freiheitskämpfers im Fokus. Hier lag auch die Herausforderung für den Librettisten Andreas Malessa: „Wie erzählt man eine spannende Geschichte, von der jeder weiß, wie sie ausgeht?“, fragt er bei der Pressekonferenz. Malessas Lösung: Er zieht den Tod an den Anfang. King stirbt direkt zu Beginn der Show, im Folgenden erinnern sich seine Angehörigen an dessen Leben zurück. Und mit dem Leben ist tatsächlich auch fast das gesamte Leben gemeint: Vom Studium bis zum Tod reichen die Rückblenden. Das sorgt dafür, dass das Musical ein ordentliches Tempo vorgibt. Vom ersten Kennenlernen der Frau bis zur Heirat bleiben dann eben nur drei Minuten.

Musical bleibt an der Oberfläche

Dieser schnelle Abriss gibt zwar einen guten Überblick über das Leben und Handeln des Friedensaktivisten, lässt aber kaum Zeit für starke Gefühle. Mehr zeitliche Luft in den einzelnen Szenen hätte dem Libretto auch mehr Platz für Tiefe gegeben. So wirken die einzelnen Momente oft abgehetzt. Darunter leiden auch die Charaktere. Malcolm X, der ebenfalls für die Rechte der Schwarzen kämpfte, allerdings auf Waffengewalt setzte, wird im Musical als Gegenspieler Martin Luther Kings gezeichnet. Da auch für ihn in dem eng getakteten Plan nur wenig Zeit bleibt, verkommt seine Figur zum plakativen Bösewicht – samt Benzinkanister, Feuerzeug und Pistole. Das ist teils dem tendenziell oberflächlicheren Genre Musical geschuldet, tritt hier allerdings besonders deutlich zutage.

Chormusical
Malcolm X wird packend dargestellt von Andreas Wolfram. Foto: Stiftung Creative Kirche

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Und das ist schade, denn dass Andreas Malessa sich mit der Materie beschäftigt und in den Text einige Gedanken investiert hat, ist an vielen Stellen offensichtlich. Beispielsweise in den zahlreichen Parallelen, die im Text zwischen Moses und Luther King gezogen werden. Oder darin, dass der Heilige Geist von einer Frau gespielt wird: „Der Heilige Geist ist für mich ganz eindeutig weiblich. Schließlich heißt es schon in der Bibel: ‚Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.'“, sagt Malessa auf der Pressekonferenz.

Trotz stereotyper Charaktere leisten die Schauspieler ganze Arbeit. Vor allem Andreas Wolfram als Malcolm X überzeugt mit viel Bühnenpräsenz und einem Bewegungsrepertoire, das stark an Freddie Mercury erinnert. Aber auch Protagonist Gino Emnes als Martin Luther King schlägt sich gut.

Enge Bühne, viel Idee

Noch mehr Spaß hätten die spielerischen Szenen allerdings gemacht, hätte den Schauspielern eine größere Bühne zur Verfügung gestanden. Gerade in der riesigen Grugahalle wirkt die Spielfläche winzig. Dadurch geraten die stimmigen Spielszenen und Choreografien nicht selten ein wenig wuselig. Ohne Off und mit wenig Platz ist schlichtweg nicht immer klar, wo gerade der inszenatorische Fokus liegt. Das Team um Regisseur Andreas Gergen macht allerdings das Beste aus den Gegebenheiten. Das Bühnenbild beschränkt sich auf wenige Quader, die je nach Situation beispielsweise eine Welt, die amerikanische Flagge oder Reifen abbilden. Das braucht nicht viel Platz und ist effektiv. Dadurch entstehen außerdem viele amüsante Bilder, wenn der Bus beispielsweise nur mit Reifen und Lenkrad simuliert wird.

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Stimmig ist die Inszenierung – trotz kleiner Bühne. Foto: Stiftung Creative Kirche

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Das Übrige macht Michael Grundner mit seinem Lichtdesign. Er fährt (fast) alles auf, was die Bühnenwelt an Leuchtmitteln so zu bieten hat und taucht die Grugahalle samt Chor in wundervoll stimmungsvolle Atmosphäre. Für die Schauspieler bleibt dabei leider oft nur noch ein Spot, der bei der Uraufführung teils ungenau gerichtet ist oder zu spät einsetzt. Das macht das eh schon wuselige Bild auf der Bühne noch unübersichtlicher. Oft ist nicht klar, wer gerade singt oder im Fokus stehen soll.

Ganze Arbeit haben die Komponisten Hanjo Gäbler und Christoph Terbuyken bei der Musik geleistet. Musikalisch werden die verschiedensten Register gezogen. Mit Gospel, Rock’n’Roll, Motown und Pop haben die beiden Musikmacher vor allem die Genres gewählt, die zu der historischen Zeit der Erzählung passen. Und das funktioniert einwandfrei – die Melodien inklusive Livemusik reißen einfach mit.

Chor soll im Fokus stehen

Das Wichtigste bleibt aber natürlich der Chor. „Der Chor ist der Star“, verkündet Ralf Rathmann vor der Uraufführung selbstbewusst. Und tatsächlich ist er schon rein optisch hochpräsent. 1.200 Mitspieler geben schlichtweg ein beeindruckendes Bild ab. 63 kleine Chöre und viele Einzelpersonen sind beteiligt. Der jüngste Sänger am Samstag war acht Jahre alt, die älteste Sängerin 84. Aus ganz Deutschland sind die Teilnehmer angereist, um mitsingen zu dürfen. So zum Beispiel Axel Gruhn. Der Senior ist extra aus Hamburg nach Essen gefahren, um bei der Premiere mit dabei zu sein. „Ich freue mich, diese Geschichte mit Gesang zu begleiten“, erzählt er.

Doch gerade für ein Chormusical spielt der Chor eine zu kleine Rolle. Musikalisch wird er ganz traditionell dafür verwendet, die klangvollen Höhepunkte noch opulenter zu gestalten. Das funktioniert auch super. Gerade wenn Solisten und Amateure gemeinsam singen, zeigt das Musical, zu was es imstande ist. Aber gefühlt passiert das zu selten. Hier verschenkt die Inszenierung Potenzial. Das mag allerdings auch am straffen Probenplan gelegen haben: Lediglich zwei Proben hatte der Gesamtchor.

Immer wieder passt aber alles zusammen. Beispielsweise in der Szene, in der sich der Protagonist im Gefängnis befindet. Plötzlich sitzt Martin da ganz alleine, nur die Heilige Geistin ist bei ihm. Die Musik stimmt sanfte Töne an. Das Licht zeigt sich innovativ, in dem es mit den Scheinwerfern Gitterstäbe simuliert. Langsam steigt die Big Band ein, bis die Szene schließlich im Chor-Refrain kumuliert: „Nimm meine Hand“, singen 1.200 Menschen zusammen. Momente wie diese sind es, die durch das Stück tragen. Und auch das Publikum weiß das zu schätzen: Am Samstag gibt es Standing Ovations. „Ich war total begeistert von den Texten, der Musik, den tollen Profis“, freut sich Besucherin Maria Fischer. Auch sie wird in einer späteren Aufführung zur Sängerin werden – in Braunschweig.

Musical weist über sich hinaus

Seine Berechtigung hat das Chormusical aber auch von ganz anderer Seite: Es ist ein wichtiger Standpunkt in diesen Zeiten. Die Geschichte von Martin Luther King, eine Geschichte gegen Ausgrenzung und für Gemeinschaft, ist heute wichtiger denn je. Und diese als Chormusical zu erzählen, ist ein geschickter Kniff. Denn im Chor zeigt sich diese Gemeinschaft am deutlichsten: „Die Sänger waren schon längst Ökumene“, sagt Andreas Malessa. Und genau das ist der springende Punkt: Das Musical zeigt, wie das Zusammen von Christen funktionieren kann. In den Aufführungen finden Jung und Alt, Katholiken, Protestanten und Freikirchler zusammen – um gemeinsam für eine gerechte Welt zu singen. Und das macht einen Besuch allemal lohnenswert.

Die nächste Aufführung ist beim Deutschen Evangelischen Kirchentag am 20. Juni in der Dortmunder Westfalenhalle. Aktuell werden noch Sängerinnen und Sänger gesucht.

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