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So werden wir barmherzige Menschen

In der Bergpredigt bezeichnet Jesus nicht diejenigen als glückselig, die sich mit ihren Interessen durchsetzen, sondern Menschen, die freundlich und barmherzig zu anderen sind. Otto Buchholz fragt, wie man zu einer solchen Haltung gelangt.

Von Otto Buchholz

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Wer hier spricht, ist Jesus Christus, der Sohn Gottes. Das gilt es immer wieder neu zu betonen, wenn wir uns mit den Seligpreisungen befassen. Sonst würden wir sie als unerfüllbare Forderungen und moralische Prinzipien ganz schnell beiseitelegen. Manche haben versucht, ihnen gerecht zu werden, und sind kläglich gescheitert. Oder sie wurden zu gesetzlichen, engstirnigen, verbohrten und darum ungenießbaren „Frommen“, die die Bergpredigt (Matthäus-Evangelium, Kapitel 5 bis 7) als feste Verpflichtungen hinstellten – für die anderen. Es geht in dieser Predigt aber immer um Jesus Christus, den Retter, der später den Tod am Kreuz durchlitten hat. Er hat so gelebt, wie es diese Worte zusammenfassen. Darum konnte er das alles authentisch so sagen.

Wer ist die Zielgruppe?

Jesus spricht zu seinen Jüngern, die um ihn herumstehen, also den Jesus Nachfolgenden. Wir kennen sie diese Fragenden und Suchenden, die Sehenden und Miterlebenden der Wunder Jesu, die Hörenden und nichts Begreifenden, Verräter und Feiglinge, die später, als es gefährlich wird, alle das Weite suchen. Sie sind so menschlich, so einfach, so normal, und schnell finden wir uns in ihnen wieder. Darum wollen wir , wie sie , auf diesen Herrn Jesus Christus hören. Man nannte ihn Messias, den von Gott eingesetzten König, der ein Reich der Gerechtigkeit und Freiheit schaffen wird. Der bekannte Schweizer Theologe Karl Barth schrieb: „Es ist der neue Mensch eben damit ins Leben gerufen, dass ihm durch Jesus das Wort von der besseren Gerechtigkeit, der Gerechtigkeit des Reiches als das Wort der ihm zugewendeten Gnade Gottes zugerufen wird. Der so Angerufene (…) ist dadurch, dass das Reich in der Person Jesu in seine Nähe gerückt ist, ein Anderer geworden.“ So zu „Anderen“ zu werden, sollte unser Ziel sein, wenn wir uns konkret ansprechen und anrühren lassen von diesen beiden Seligpreisungen.

Von den Behutsamen und Freundlichen

In der plattdütschen Übertragung von Johannes Jessen lautet Vers 5: „Selig sünd de Minschen, de fründli un sinni mit de Annern ümgaht – se sett sick toletz dörch in de Welt!“ Freundliche Menschen setzen sich also zuletzt durch – ihnen wird die Erde gehören, übersetzen andere. Wie geht das? Man muss sicher feststellen, dass es nicht normal ist, freundlich und bescheiden zu leben – damals nicht und heute ebenso wenig! Schauen wir uns nur die Machthaber dieser Welt an! Zum Glück gibt es Ausnahmen, die besonnen, sachlich und uneitel handeln.

“Reagiert nicht gleich mit bösen Worten, sondern überlegt vielleicht mal, warum euer Gegenüber so etwas sagt.“

Und wir selbst? Ist das denn unser Lebensstil: behutsam und freundlich zu reagieren, wenn man uns niedermacht, hinter unserem Rücken redet? Wir behalten diese Verletzung im Gedächtnis und schlagen bei passender Gelegenheit entsprechend zurück. „So nicht!“, können wir Jesus wohl sagen hören. Reagiert nicht gleich mit bösen Worten, sondern überlegt vielleicht mal, warum euer Gegenüber so etwas sagt. Sanftmütig zu bleiben, ist „schon die halbe Miete“.
Gelingen kann das nur, wenn man sich Jesus selbst ansieht. Wie freundlich er sich denjenigen zuwandte, die damals am Rande der Gesellschaft standen, den Ehebrechern und Zöllnern, wie er ihr Herz gewinnen wollte. „Von Golgatha her, wo der Sanftmütige starb, soll die Erde neu werden“, schrieb der deutsche Theologe Dietrich Bonhoeff er in seinem Buch „Nachfolge“. So zu leben, würde tatsächlich Veränderungen schaffen: in und bei mir selbst, in meiner nächsten Umgebung – und auch in Kirchen und Gemeinden. Wir erinnern uns, dass Jesus oft vom „ewigen Leben“ spricht. Behutsamkeit, Freundlichkeit, Sanftmütigkeit wären Zeichen „ewigen Lebens“, das schon hier auf der Erde beginnt.

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Ein Herz für die Menschen

„Richtig glücklich sind die Leute, die ein Herz für die Menschen haben, denen es dreckig geht, denn Gott hat auch ein Herz für sie.“ So übersetzt die Volxbibel Vers 7.
Genau das fällt uns so schwer – und es ist auch in unserer Welt nicht das Normale. Wir bleiben lieber unter uns, auch in unseren christlichen Gemeinden: ordentliche Bürger, oft aus dem (gehobenen) Mittelstand. Es fehlen die Gestrandeten, Gestrauchelten, Nichtsesshaften, Prostituierten oder auch Homosexuellen. Barmherzigkeit zu üben war auch zu Jesu Zeiten damals nicht das Übliche, wie es Jesus in dem Gleichnis von dem „unbarmherzigen Knecht“ (Matthäus-Evangelium, Kapitel 18) anschaulich macht: Weil Gott mir meine Schuld und meine Verfehlungen vergeben hat und täglich neu vergibt, weil er mir darin seine Barmherzigkeit erweist, vergebe ich anderen und übe ich mich im Barmherzigsein. Ich bin Mitglied des Alphateams, einer christlichen Gruppe, die in Lüneburg und Uelzen Menschen in den Gefängnissen besucht. Wir sprechen mit ihnen über ihre Sorgen, singen mit ihnen und lesen in der Bibel. Antrieb ist die Liebe zu den Gefangenen.

“Weil Gott mir meine Schuld und meine Verfehlungen vergeben hat und täglich neu vergibt, weil er mir darin seine Barmherzigkeit erweist, vergebe ich anderen und übe ich mich im Barmherzig sein.“

Dietrich Bonhoeffer schreibt in seiner „Nachfolge“: „Die Barmherzigen haben eine unwiderstehliche Liebe zu den Geringen, Kranken, Elenden, zu den Erniedrigten und Vergewaltigten, zu den Unrechtleidenden und Ausgestoßenen, zu allem, was sich quält und sorgt. Sie suchen die in Sünde und Schuld Geratenen. Keine Not ist zu tief, keine Sünde zu furchtbar, die Barmherzigkeit geht zu ihr ein. Selig sind die Barmherzigen, weil sie den Barmherzigen zum Herrn haben.“
Hierbei gilt es, unbedingt die „Goldene Regel des Lebens“ zu beachten, wie Karl Barth schrieb: Nicht „Geben um zu nehmen“ – zum Beispiel: Ich kümmere mich um andere, um auf diese Weise als besonders guter Mensch geachtet zu werden. Sondern (von Jesus) „Nehmen, um zu geben.“ Sonst ist man ganz schnell am Ende, ausgelaugt und selbst zutiefst gefährdet. Wir behalten immer Jesus, den Barmherzigen, im Auge, der sagt: „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“ Von ihm erhalten wir, was wir brauchen: Liebe, Kraft, Geduld, Freude … Und das geben wir dann fröhlich weiter an andere, die es nötig haben.

Gegenwärtige Zukunft

Die Seligpreisungen sind auf die Zukunft gerichtet, um in der Gegenwart – wirklich – leben zu können. Hierauf macht der Theologe Helmut Gollwitzer in seinem wunderbaren Buch „Die Freude Gottes“ aufmerksam: „Wer sich von der Gegenwart betören lässt, dem verschließt sich das Wort Gottes. In der ganzen Bibel geht es überall um Zukunft: Zukunft entscheidet über Gegenwart. (…) Dazu hilft das in die Gegenwart hereinbrechende, aber ganz die Zukunft meinende Wort Gottes. Sich von ihm dazu helfen zu lassen, das ist ‚der Weisheit Anfang.‘ (Psalm 111,10).“
So wollen wir als die inzwischen „Andersgewordenen“ (siehe „Wer ist die Zielgruppe?“) die Seligpreisungen mit hineinnehmen in unseren Alltag. Mit dieser Perspektive, die uns Jesus selbst schenkt: Die Erde zu gewinnen (mindestens ein Stück weit unsere Umgebung zu verändern!) als freundliche und sanftmütige Leute, die behutsam umgehen mit den Menschen, die uns anvertraut sind, für die wir Sorge tragen. Und dann immer neu Jesus bitten, uns barmherzig zu sein, uns zu vergeben, um dann ganz befreit, aus dieser Haltung heraus anderen Menschen zu vergeben und ihnen gegenüber barmherzig zu sein. Mit einem Blick und einem Herzen voller Liebe.

Denn „die Gnade will gelebt sein, sonst ist sie nicht Gnade“
(Karl Barth)

So lässt es sich leben, wirklich leben als Nachfolgende unseres Herrn Jesus Christus. Das bleibt nicht geheim, wie ein Licht, das man unter den Scheffel stellt, sondern wird für alle sichtbar. Denn „die Gnade will gelebt sein, sonst ist sie nicht Gnade“ (Karl Barth). Damit das gelingt, mal besser, manchmal auch weniger gut (und wir dann weitermachen, und nicht resignieren), dazu hat uns unser Herr seinen Heiligen Geist geschenkt.

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Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift Lebenslauf erschienen, die wie Jesus.de zum SCM Bundes-Verlag gehört.

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