Das Ja-Wort vor dem Altar und Gottes Segen für die Partnerschaft in einem feierlichen Traugottesdienst: Das ist in der rheinischen Kirche kein Privileg mehr für Eheleute. Homosexuelle Lebenspartner sind jetzt gleichgestellt.
Homosexuelle Paare können in der Evangelischen Kirche im Rheinland künftig genauso vor den Traualtar treten wie Eheleute. Die Synode der zweitgrößten deutschen Landeskirche beschloss am Freitag in Bad Neuenahr die völlige Gleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern und verheirateten Paaren. Die nordrhein-westfälische Emanzipationsministerin Barbara Steffens (Grüne) begrüßte diese Entscheidung als «großen Schritt».
«Die rheinische Kirche eröffnet damit den Weg, spirituelle Heimat und Glaubensfamilie auch für gleichgeschlechtliche Paare zu sein», sagte Steffens dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Düsseldorf. «Ich freue mich sehr über diese Entscheidung, denn sie ist getragen von dem, was Ehe im Kern immer ausmachen sollte: liebevolle Zuwendung, die alle Menschen empfinden, leben und weitergeben können, ganz egal welche sexuelle Orientierung sie haben.» Die rheinische Landeskirche habe «für eine hohe Zahl von gleichgeschlechtlichen Paaren die Harmonie zwischen Glauben, Liebe und Institution Kirche hergestellt».
Die Trauung der Homo-Paare ist eine offizielle Amtshandlung, die in die gleichen Kirchenbücher eingetragen wird wie bei heterosexuellen Ehepaaren. Pfarrer können die Trauung schwuler und lesbischer Lebenspartner aber «aus Gewissensgründen» ablehnen. Auch Kirchengemeinden, die sich bereits gegen die bisher mögliche «gottesdienstliche Begleitung» gleichgeschlechtlicher Paare ausgesprochen hatten, können die Trauung verweigern. Sie muss dann in einer anderen Kirchengemeinde stattfinden.
Große Mehrheit für völlige Gleichstellung mit klassischer Ehe
Die Entscheidung fiel mit überwältigender Mehrheit: Von den 211 Synodalen waren nur sieben gegen die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare, neun enthielten sich. Genauso eindeutig war bereits die Zustimmung zur Änderung der Kirchenordnung in erster Lesung am Donnerstag. Es gebe keinen rechtlichen oder theologischen Grund mehr für eine unterschiedliche Behandlung von Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnern, hieß es zur Begründung der kirchlichen Rechtsänderungen. In den vergangenen beiden Jahren gab es in der rheinischen Kirche mit ihren 2,65 Millionen Mitgliedern insgesamt 46 bekannte Fälle von gottesdienstlicher Begleitung homosexueller Paare. Eine offizielle Statistik existierte bisher aber nicht, weil diese Segnungen nicht dokumentiert werden mussten.
Seit dem Jahr 2000 war in der rheinischen Kirche bereits eine «gottesdienstliche Begleitung» homosexueller Paare erlaubt. Sie war aber keine Amtshandlung, durfte nur in einer Art Andacht stattfinden und nicht «Trauung» heißen. Nachträglich kann eine solche Feier jetzt als Trauung anerkannt werden. Damit hat die rheinische Kirche unter den 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland die weitestgehende Regelung zur Gleichstellung von Lebenspartnern.
Bislang hatte nur die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau die Segnung von Lebenspartnern mit der kirchlichen Trauung völlig gleichgestellt, dort ist aber die nachträgliche Anerkennung als Trauung nicht möglich. Abgelehnt wird eine Segnung schwuler und lesbischer Paare weiterhin in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. In den übrigen Landeskirchen ist eine Segnung unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Die Landessynode hatte am Donnerstagabend den Haushalt für 2016 mit einem Volumen von rund 568 Millionen Euro beschlossen. Er weist ein Defizit von knapp drei Millionen Euro aus. Die Kirchensteuereinnahmen steigen derweil weiter, Finanzdezernent Bernd Baucks korrigierte die Zahlen für 2015 erneut nach oben: Statt der zuletzt erwarteten 687,5 Millionen Euro wurden demnach in der zweitgrößten Landeskirche im vergangenen Jahr 703,8 Millionen Euro eingenommen. Für 2016 werden die Einnahmen auf 720 Millionen Euro geschätzt.