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Recht auf Streik: Kirche und Diakonie wollen Urteil kippen

Die evangelische Kirche hält auch nach einer Niederlage vor Gericht am Streikverbot in ihren Einrichtungen fest.

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"Das kirchliche Arbeitsrecht ist für uns eine grundsätzliche Errungenschaft, die wir nicht aufgeben wollen", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, am Freitag in Bad Neuenahr. Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte am Donnerstag das Streikverbot in der Kirche und ihren diakonischen Einrichtungen gekippt, aber die Revision zugelassen. Der Bundesverband der Diakonie empfiehlt den Gang zum Bundesarbeitsgericht in Erfurt. (AZ: 8 SA 788/10).

Mitarbeitervertreter und die Gewerkschaft ver.di begrüßten am Freitag das Urteil. ver.di forderte die Kirche zu einer Reform ihres Arbeitsrechts auf.

Der EKD-Ratsvorsitzende sagte, hier stünden zwei Verfassungsrechte gegeneinander: Das Grundrecht auf Streik und das Grundrecht der Kirchen, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Daher sei die aktuelle Auseinandersetzung auch nötig, fügte Schneider hinzu. Nach seiner Einschätzung wird das kirchliche Arbeitsrecht, der sogenannte Dritte Weg, nur so lange Bestand haben, «wie die Gesellschaft das mitträgt und die Kirchen ein wichtiger Faktor sind».

Nach Überzeugung von Kirche und Diakonie stehen Streik und Aussperrung im Widerspruch zum kirchlich-diakonischen Selbstverständnis. Das Landesarbeitsgericht Hamm entschied jedoch, dass das Streikverbot im kirchlichen Arbeitsrecht unverhältnismäßig sei. Denn in evangelischer Kirche und Diakonie seien Beschäftigte auch in Bereichen wie Reinigungsdienst und Krankenhausküchen tätig. Diese Dienste zählten nicht zum in christlicher Überzeugung geleisteten «Dienst am Nächsten», sagte der Vorsitzende Richter Karl-Herbert Dudenbostel zur Begründung.

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Der Vizepräsident des Diakonischen Werkes der EKD, Wolfgang Teske, kommentierte das Urteil mit den Worten: «Die bisher bekanntgewordenen Argumente des Gerichts sind für uns nicht nachvollziehbar.» Eine genaue Bewertung der Entscheidung könne aber erst nach Vorliegen des schriftlichen Urteils erfolgen.

Mitarbeitervertreter der Diakonie und die Gewerkschaft ver.di begrüßten das Urteil. Es sei ein Etappensieg, sagte Michael Heinrich als Sprecher der Mitarbeitervertretungen. Kirchliche Arbeitnehmervertreter und ver.di fordern eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechtes. «Wir wollen endlich Tarifverträge in Kirche und Diakonie», erklärte der Sprecher von ver.di in Nordrhein-Westfalen, Günter Isemeyer, am Freitag in Düsseldorf. Die Gerichtsentscheidung sei für Kirche und Diakonie eine Chance, ihr arbeitsrechtliches System zu reformieren, sagte Roland Brehm von der Gesamtmitarbeitervertretung der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel in Bielefeld.

Auch der EU-Abgeordnete der Linken und evangelische Theologe Jürgen Klute begrüßte das Urteil. Die Gerichtsentscheidung ermögliche künftig Verhandlungen auf Augenhöhe zwischen kirchlichen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, sagte der frühere Herner Sozialpfarrer.

Mitarbeiter-Vertreter Heinrich rechnet damit, dass in dem Streit alle juristischen Mittel ausgeschöpft werden. «Das geht vor das Bundesarbeitsgericht und darüber hinaus über das Bundesverfassungsgericht bis zum Europäischen Gerichtshof», vermutet Heinrich.

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Nach Überzeugung der Diakonie stehen Streik und Aussperrung im Widerspruch zum kirchlich-diakonischen Selbstverständnis der Dienstgemeinschaft. «Diakonische Einrichtungen benehmen sich aber mehr und mehr wie ganz normale Wirtschaftsunternehmen», betonte Heinrich. Sie führten Leiharbeit ein, gliederten Betriebe aus und betrieben Lohndumping. Dagegen müssten sich die Beschäftigten mit Streiks wehren können.

Das ist im sogenannten Dritten Weg nicht gewährleistet, mit dem kirchliche Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Löhne aushandeln. Gibt es dabei keine Einigung, trifft eine Schiedskommission eine Entscheidung. Doch dieser Spruch werde nicht von allen Einrichtungen umgesetzt, kritisierte Heinrich: «Der Dritte Weg ist ein stumpfes Schwert, die Unverbindlichkeit ihre größte Schwäche.»

In der Vorinstanz hatte das Arbeitsgericht in Bielefeld im März 2010 der Klage der Evangelischen Kirche von Westfalen, des Diakonischen Werkes Rheinland- Westfalen-Lippe sowie einzelner diakonische Träger im September 2009 gegen Streikaufrufe der Gewerkschaft ver.di. stattgegeben. Der Klage hatten sich auch die hannoversche Landeskirche und ihr Diakonisches Werk angeschlossen. Die Gewerkschaft ver.di hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt und hat nun vom Landesarbeitsgericht Hamm Recht bekommen.

(Quelle: epd)

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