Der neue Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hat Gesprächsbereitschaft über die Frage des Pflichtzölibats für Priester in der katholischen Kirche angedeutet.
Das Keuschheitsgelübde sei "kein Dogma", zitierte die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" (Mittwochsausgabe) den künftigen zweiten Mann im Vatikan nach dem Papst. "Man kann darüber diskutieren, weil es eine kirchliche Tradition ist", betonte der italienische Erzbischof, der am 15. Oktober Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone ablösen wird.
Debatten und Veränderungen seien bei denjenigen Kirchenthemen möglich, die keine unverrückbaren Glaubenslehren darstellten, erklärte Parolin den Angaben zufolge in der venezolanischen Tageszeitung "El Universal". Veränderungen müssten jedoch "im Dienst an der Einheit der Kirche und nach dem Willen Gottes" beschlossen werden, sagte der derzeitige Vatikanbotschafter in Caracas demnach. Der 58-jährige Vatikandiplomat forderte zugleich, Zeichen der Zeit wie dem Priestermangel Rechnung zu tragen.
Zuletzt hatte im Vatikan der damals neu ernannte Präfekt der Kleruskongregation, Kardinal Cláudio Hummes, 2006 Verhandlungsbereitschaft über den Zölibat angedeutet. Der Vatikan hatte die Öffnung für eine Lockerung der Keuschheitsbestimmungen daraufhin in scharfer Form dementiert. Hummes gilt als enger Freund von Papst Franziskus, dem er zuletzt im Konklave bei seiner Wahl zum Kirchenoberhaupt im vergangenen März zur Seite stand.
In katholischen Ostkirchen gilt der Pflichtzölibat bereits jetzt nicht uneingeschränkt. So gibt es in der maronitischen Kirche im Libanon verheiratete Priester. Zuletzt stellte sich die Zölibatsfrage, als Papst Benedikt XVI. 2009 eigene Kirchenstrukturen für übertrittswillige Anglikaner schuf, da deren Geistliche und Bischöfe vielfach verheiratet sind.