- Werbung -

Studie: Bedeutung der Kirchen schwindet massiv

Die Bindungskraft der Kirchen lässt weiter nach, jedes vierte Mitglied denkt über einen Austritt nach. Religionssoziologe Detlef Pollack sieht kaum Chancen, den Abwärtstrend zu stoppen.

Der Trend sinkender Mitgliederzahlen in den christlichen Kirchen in Deutschland hält laut dem „Religionsmonitor 2023“ an. Jedes vierte Kirchenmitglied habe im vergangenen Jahr über einen Austritt aus der Kirche nachgedacht, erklärte die Bertelsmann Stiftung bei der Vorstellung des „Religionsmonitors 2023“ am Donnerstag in Gütersloh. Jedes fünfte habe eine feste Austrittsabsicht geäußert. Der Religionssoziologe Detlef Pollack sieht wenig Spielraum für die Kirchen, den Negativtrend zu stoppen.

- Werbung -

Vor allem jüngere Menschen trügen sich mit dem Gedanken, aus der Kirche auszutreten, hieß es. Unter den 16- bis 24-Jährigen sind es der Untersuchung zufolge mehr als 40 Prozent. Bei Kirchenmitgliedern ab 70 Jahren sind es hingegen lediglich fünf Prozent.

Weniger Menschen wachsen religiös auf

Vor zehn Jahren habe noch fast die Hälfte der Deutschen angegeben, sehr oder ziemlich stark an Gott zu glauben, erklärte die Stiftung. Aktuell betrage dieser Anteil nur noch 38 Prozent. Jeder vierte Mensch glaube nicht an Gott. Mehr als 90 Prozent der Menschen mit Austrittsabsichten hätten der Aussage zugestimmt, dass man auch ohne Kirche Christ sein könne.

Neben Kirchenaustritten falle auch die deutlich höhere Zahl an Sterbefällen gegenüber Taufen ins Gewicht, hieß es. Zudem wüchsen mit jeder Generation weniger Menschen religiös auf. So sank der Anteil, der nach eigenen Angaben religiös erzogenen Befragten in den letzten zehn Jahren von 45 Prozent auf 38 Prozent. Lediglich 17 Prozent der Kirchenmitglieder gehen der Umfrage zufolge mindestens einmal im Monat zum Gottesdienst. Ein ebenso hoher Anteil der Kirchenmitglieder geht gar nicht in die Kirche.

- Weiterlesen nach der Werbung -

Gründe für die nachlassende Bedeutung der Kirchen in der Gesellschaft sei unter anderem eine zunehmende Individualisierung, durch die traditionelle kirchliche Formen der Religiosität durch privatere Formen der Spiritualität ersetzt würden, erklärte die Religionsexpertin der Bertelsmann Stiftung, Yasemin El-Menouar. Zudem nehme die Vielfältigkeit in der Gesellschaft durch Einwanderung zu.

Auch gebe es eine zunehmend kritische Sicht vieler Mitglieder auf die Kirche. Mehr als 80 Prozent der „Austrittsgeneigten“ machten die kirchlichen Skandale für ihr gesunkenes Vertrauen verantwortlich.

Experte: Starkes Interesse an Religion ist „Irrglaube“

Besonders große Skepsis gegenüber der Kirche gibt es laut Stiftung unter Katholiken. „Hier schlagen sich vermutlich die Missbrauchsskandale und die geringe Reformbereitschaft der römischen Kurie nieder“, erklärte der Experte für gesellschaftlichen Zusammenhalt der Bertelsmann Stiftung, Stephan Vopel.

Der Religionssoziologe Detlef Pollack sieht kaum Chancen für die Kirchen, den Abwärtstrend zu stoppen. Die Kirchen hätten sich seit Jahrzehnten verändert, seien gesellschaftsoffener, politischer und liberaler geworden, sagte Pollack in Münster dem Evangelischen Pressedienst (epd). Den Abwärtstrend hätten die Kirchen dennoch nicht stoppen können.

- Werbung -

Die Behauptung, die Menschen hätten ein starkes Interesse an Religion, sei „ein weithin gepflegter Irrglaube“, sagte Pollack weiter. Unter allen immer wieder abgefragten Lebensbereichen werde Religion stets die geringste Bedeutung für das eigene Leben eingeräumt. Sie werde „als noch unwichtiger als Politik eingeschätzt und hat natürlich längst nicht den Stellenwert wie Familie, Beruf, Nachbarschaft, Freundschaft oder Freizeit“. Wenn die Menschen gefragt würden, ob man auch ohne Kirche Christ sein kann, stimmten sie mehrheitlich zu. „Daraus sollte man aber nicht den Schuss ziehen, dass es viele sind, die sich jenseits der Kirche zum christlichen Glauben bekennen.“

Handlungsspielraum der Kirchen „äußerst gering“

Ein Grund für die schwächere Kirchenbindung sei, „dass nur noch sehr, sehr wenige Menschen überhaupt persönliche Erfahrungen mit den Kirchen machen, zugleich aber nicht wenige starke Meinungen über sie haben“, sagte Pollack. Angesichts der Entfremdung der Mehrheit der Bevölkerung sieht er den Handlungsspielraum der Kirchen „äußerst gering“.

Nach den in diesem Jahr veröffentlichten Zahlen von Deutscher Bischofskonferenz und Evangelischer Kirche in Deutschland (EKD) war im Jahr 2021 erstmals weniger als die Hälfte der Deutschen katholisch oder evangelisch. Demnach waren rund 21,6 Millionen Menschen katholisch, mehr als eine halbe Million weniger als noch 2020. In Deutschland machen die Katholiken 26 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, rund 23,7 Prozent sind Protestanten.

An der im Auftrag der Stiftung vom infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft durchgeführten Datenerhebung beteiligten sich den Angaben zufolge in Deutschland 4.363 Menschen. Mit dem Religionsmonitor untersucht die Bertelsmann Stiftung seit 2008 ländervergleichend die Rolle von Religion für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Quelleepd

Konnten wir dich inspirieren?

Jesus.de ist gemeinnützig und spendenfinanziert – christlicher, positiver Journalismus für Menschen, die aus dem Glauben leben wollen. Magst du uns helfen, das Angebot finanziell mitzutragen?

Zuletzt veröffentlicht

4 Kommentare

  1. An ihren Früchten sollt ihr Sie erkennen.
    Die Verkünder des Christentums waren von ihrer Mission überzeugt. Hatten sie das doch selbst miterlebt. Strafen wie z.B. Folter, Steinigung, Auspeitschung bis hin zu Kreuzigung waren diese Verkünder der frohen Botschaft ausgesetzt. Und trotzdem haben sie sich nicht abhalten lassen, diese Botschaft den Menschen auf der Welt zu verkünden. Warum? Weil viele es selbst, zusammen mit der Auferstehung gesehen haben und andere deshalb überzeugen konnten daran zu glauben, weil sie erkannten, dass alles was Jesus verkündete wahr war, und sie dies den damaligen Menschen nahebringen wollten. Gegen alle Widerstände und drohenden Strafen.
    Die heutige Kirche, egal ob katholisch oder evangelisch, ruht sich auf den Lorbeeren aus, die andere gesät haben. Mir kommt es manchmal vor, als würden viele Pfarrer das was sie verkünden, selbst nicht glauben. Deshalb braucht sich auh keine der beiden Amtskrichen wundern, dass ihr immer mehr Menschen den Rücken kehren und dass unsere Jugend, immer mehr zu einer Jugend ohne Gott verkommt. Die ersten Ergebnisse sind bereits zu erkennen.
    Es stünde beiden Kirchen gut an, sich um unsere Jugend intensiv zu kümmern, auf diese zuzugehen und die frohe Botschaft zu verkünden. Gegen alle Widerstände. Denn sonst droht die Gefahr, dass viele Jugendliche, die vor lauter innerer Leere ihr Lebensziel verloren haben, abrutschen in Drogenabhängigkeit oder, was noch schlimmer ist, sich zu einer islamistischen Religion hingezogen fühlen, die ihnen nach außen hin das vermittelt, was die christlichen Amtskirchen nicht mehr können oder wollen. Das Gefühl, nicht vergessen zu sein sondern dazuzugehören, zu einer Gemeinschaft die ihnen eine Perspektive bietet.
    Ich hoffe nur, dass es noch nicht zu spät ist und Gott uns noch nicht aufgegeben hat.

    • Nicht selten geistliche Depression

      Danke Jacques Jordans für die Blumen, das tut richtig gut. Zu Laclape: Was Sie sagen teile ich auch. Allerdings sehe ich auch nicht zu schwarz. Es gibt viele Gemeinden, die noch über Kreise, Gruppen, Chöre und andere Gemeinschafts- und Glaubensangebote verfügen. Auch bei unseren Katholiken. Oder wenn es ACK gelebte Beziehungen sogar mit den Neuapostolen gibt. Das hätte vor 30 Jahren hier niemand wirklich geglaubt. Andere Kirchengemeinden sind einem Erosionsprozess erlegen, weil sonntags im Gottesdienst wohl als letzte Generation dieser Art nur noch ein Häuflein zumeist älterer Menschen sitzen. Was fehlt ist Gemeinschaft. Deshalb sind wir schon vor 40 Jahren gerne zum Kirchentag und noch lieber nach Taize gefahren. Selbst war ich in der EKHN 38 Jahre Kirchenvorsteher und kenne alle Probleme, auch jenes einer immer überbordenden Bürokratie, weil es in einer komplizierten Welt fast nicht anders geht – man ist dann auch nur noch mit Personalproblemen, Bauen und Verwaltung beschäftigt ist. Ungläubige Pfarrer*innen sind mir nie begegnet. Allerdings vielen – wie ich es nennen möchte – mit geistlicher Depression. Etwa wenn man kein Bein auf die Erde bekommt und trotz aller Mühen die Leute zuallerletzt eine Priorität darin sehen, den lieben Gott im Gottesdienst auch mal zu besuchen. Ich sage das mal sehr uncharmant, aber – weil wie im letzten Satz – manche auch so denken. Die kommen dann einmal an Heiligabend, und soll man ihnen dies vermiesen ? Vielleicht brauchen wir wirklich eine hundertprozentige Kehrtwende. Geht der Prophet nicht zum Berg, geht es umgekehrt. Ich bin wohl schon zu alt um dies hier auf Erden zu erleben. Aber ich werde mir das vom Himmel her mit großer Freude ansehen.

  2. Lieber Herr Bernd Hehner, vielen Dank für Ihre Antwort. Es ist für mich immer sehr tröstlich, gleichgesinnten Menschen zu begegnen, die den Weg in die geistige Welt suchen. Nochmals vielen Dank für Ihre spürbare innere Haltung und Ihre Bemühungen, den echten Weg aufzuzeigen.
    Verzeihen Sie bitte meine verspätete Antwort. Als ich Ihre Antwort las, war es nicht mehr möglich Ihnen zu antworten.
    Ihre Nachricht vom 16. Dezember möchte ich vollumfänglich unterstützen.
    Ich kenne viele suchende Menschen, denen die Kirchen keine Antwort geben. Ich denke an das Grundwissen, an das Wissen, wozu dient unser Leben. Warum sind wir auf dieser Erde? Die Kirchen halten unterschiedliche, aber wenig überzeugende Antworten bereit.
    Nach meiner Meinung wäre es dringend notwendig, hier Antwort zu bieten. Trotzdem dieses Wissen auch den Kirchenleitungen zur Verfügung steht, wird es nicht vermittelt. Geht es hier um die Angst Macht zu verlieren?

  3. Wir als Christen sollten jesusgemäßer werden

    Dass der Handlungsspielraum der Kirchen gering ist, halte ich für eine falsche und problematische Aussage. Unsere Noch-Volkskirchen müssen dann allerdings ihre oft vollkommene Komm-Struktur ändern, auch in eine Geh-Hin-Struktur. Ähnlich wie bei Jesu Einladung zum großen Fest, als die Eingeladenen nicht erscheinen. Dann muss man an die Hecken und Zäune der Welt laufen. Taufen können als größeres Fest im Schwimmbad oder am See stattfinden. Wenn Kirche – egal ob Freikirchen oder gewesene Volkskirche – keine armen Kirchen sind, dann sind sie nicht wirklich jesusgemäß. Ich meine nicht arm nur im Sinne von wenig finanziellen Mitteln und Möglichkeiten. Eher geistlich arm, d. h. aus dem Prinzip der Vergebung untereinander zu leben. Dies ist heute völlig im gelebten Individualismus aus der Mode gekommen. Vielleicht gibt es dann viele kleine Gruppen von Christinnen und Christen, die ihren Glauben ökumenisch und bewusst exemplarisch leben, zugleich aber offen für alle Menschen. Es würde wieder gewünscht, eine Zeit lang das Leben mit Armen und Abgehängten zu leben und ihr Leben geschwisterlich zu teilen. Dies „wir drin, die anderen draußen“, sollte es gar nicht geben. Jesusnachfolgende sind dann Salz der Erde und dies mischt man bekanntlich in die Suppe der Gesellschaft. Wir als Gläubige sind dann ein Teil der dann (wo wir sind) christlichen Gesellschaft. Man kann leider die gute Urgemeinde nicht reanimieren, aber sie könnte in modernem Gewand neu entstehen. Ich warne auch vor Zahlenspielen. Im unsäglichen Dritten Reich waren die Kirchen durchaus voll, die Kirchgänger fromm, aber oft obrigkeitsgläubig. Aber leider riefen nicht wenige laut Heil, und waren oft die vielen willigen Rädchen im Getriebe des deutschen Antichristen. Die Zahlen der Gläubigen sagen nichts aus über die Anzahl der wirklichen Christen. Das sind diejenigen, die den Glauben jeden Tag leben und ihre Existenz der heiligen Geistkraft zur Verfügung stellen. Oder auch, die versuchen zuerst den Balken aus ihrem eigenen Augen zu ziehen, bevor sie den Mitmenschen kritisieren. Unmodern ist auch geworden, wenigstens zu versuchen nicht über andere zu richten. Und bevor wir alles bei Vater Staat schlecht reden, sollten wir wenigstens das uns mögliche Gute und Positive selbst einbringen. Jesusanhänger*innen gehören nicht nur, aber auch in die Politik. Sonst sind wir leider auch sehr scheinheilig: Suchet der Stadt bestes!

Die Kommentarspalte wurde geschlossen.