Nach dem Schweizer Votum gegen den Bau von Minaretten haben Politik und Kirchen vor einer Einschränkung der Religionsfreiheit gewarnt.
Zugleich wurde am Dienstag für eine Verstärkung des islamisch-christlichen Dialogs geworben. Als «eindeutig diskriminierend» verurteilte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, das Bauverbot. Der neue Artikel in der Schweizer Verfassung verstoße möglicherweise gegen internationale Menschenrechtsverpflichtungen.
Eine deutliche Mehrheit der Schweizer hatte in einem Referendum am Sonntag einem Bauverbot für die Moscheetürme zugestimmt. Pillay kritisierte in Genf, dass die Minarett-Gegner mit ihrer Kampagne Angst in der Bevölkerung geschürt hätten. Experten des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte untersuchten, ob die Schweiz mit dem Bauverbot gegen internationale Verträge verstößt.
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (Zdk), Alois Glück, sagte, er glaube nicht, dass ein solches Referendum in Deutschland genauso ausgehen würde wie in der Schweiz: «Ich glaube, wir sind hier deutlich weiter.» Dies zeige sich auch mit der Realität des Moscheebaus in Deutschland. Natürlich gebe es immer wieder auch Konflikte. Aber in der überwiegenden Zahl der Orte sei der Bau von Moscheen hierzulande Ausdruck der Religionsfreiheit, sagte der ZdK-Präsident im Deutschlandfunk.
Nach Ansicht der Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Katrin Göring-Eckardt, kann nur ein Dialog, in dem auch umstrittene Themen sachlich diskutiert werden Verständnis und Vertrauen entstehen lassen. Eine Einschränkung der Religionsfreiheit durch den Staat wie durch ein Minarett-Verbot stehe dem allerdings entgegen, heißt es in einem Beitrag der Bundestagsvizepräsidentin und Grünen-Politikerin für die Online-Plattform «evangelisch.de».
Der EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms rief nach dem Schweizer Votum zu mehr Anstrengungen im christlich-islamischen Dialog auf. Muslime dürften nicht in die Hinterhöfe verbannt werden, sagte Bremens leitender evangelischer Theologe dem epd. Er könne gut verstehen, dass Muslime mit Minaretten erkennbar sein wollten. «Wir sind das sehr selbstbewusst als Kirchen auch – warum soll man das den Muslimen verbieten?»
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) vertritt die Auffassung, dass Muslime «ein gerüttelt Maß an Verantwortung» für das Bild des Islam in anderen Ländern tragen. «Meine Religionsfreiheit muss immer auch die Religionsfreiheit der Anderen sein», sagte Thierse der «Frankfurter Rundschau» (Dienstagsausgabe). Deshalb wolle er gerne auch hören, «dass Muslime ebenso heftig protestieren gegen den eklatanten Mangel an Religionsfreiheit in islamischen Ländern».
Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), unterstrich die christlich-abendländische Kultur in Mitteleuropa. Da sei das Minarett ein Fremdkörper, sagte er dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Dienstagsausgabe). Deswegen müssten sich Muslime ernsthaft fragen lassen: «Muss es ein Minarett sein, insbesondere in bestimmten Positionen, in bestimmter Höhe und möglicherweise noch mit einem gewissen Dominanzstreben?»
m Bayerischen Rundfunk kritisierte NRW-Integrationsminister Armin Laschet (CDU) die mitunter geäußerte Meinung, Baubeschränkungen für Moscheen seien in Ordnung, da in vielen muslimischen Ländern der Bau von Kirchen verboten sei. Laschet: «Dies ist ein ganz dummes Argument. Grundrechte sind kein Geschäft auf Gegenseitigkeit.»
Berlins Integrationsbeauftragter Günter Piening warnte vor einer Ausgrenzung des Islam in Deutschland. Es sei wichtig, den Islam als gleichberechtigte Religion anzuerkennen. Piening: «Es sind nicht Minarette, die das demokratische Zusammenleben bedrohen. Gefährdet wird es durch Gruppen, die die Grundrechte wie das Recht auf Religionsfreiheit für bestimmte Bevölkerungsgruppen einschränken möchten.»
(Quelle: epd)