Die pakistanische Regierung hat dem Druck der islamistischen Hardliner nachgegeben: Am vergangenen Mittwoch hatte der Oberste Gerichtshof die Christin Asia Bibi überraschend vom Vorwurf der Blasphemie freigesprochen und ihre Freilassung angeordnet. Nun soll ein Revisionsantrag zugelassen werden.
„Der Deal macht Pakistans Rechtssystem zur Beute des islamistischen Mobs. Er missachtet die Gewaltenteilung und die Priorität des Rechts“, kritisierte erklärte der Ulrich Delius, Direktor der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). „Wenn das Oberste Gericht Recht gesprochen hat, dann darf eine Regierung nicht zulassen, dass radikale Islamisten noch dabei gefördert werden, wie sie die Rechtsprechung aushebeln. Der skandalöse Deal macht Pakistans Rechtssystem und Verfassungsordnung lächerlich.“
Pakistans Regierung hatte eine Vereinbarung mit der radikal-islamistischen Tehreek-i-Labbaik Pakistan-Partei getroffen, um die seit Tagen andauernden Massenproteste im Land zu beenden. Von den Protesten war besonders die Industriemetropole Karachi betroffen. Bibis Ehemann Ashiq Masih zeigte sich geschockt über den Deal der Regierung mit den Islamisten. „Diese Vereinbarung hätte nie getroffen werden dürfen“, sagte er im Interview mit der Deutschen Welle. Bibis Anwalt Saif-ul-Mulook hat nach übereinstimmenden Presseberichten Pakistan inzwischen verlassen – aus Sorge um seine eigene Sicherheit.
„Die Vereinbarung ist eine Bankrott-Erklärung des Rechtsstaates Pakistan gegenüber dem Druck islamistischer Bewegungen“, unterstrich Delius. Weit über den Fall Asia Bibis hinaus erschüttere sie das Vertrauen religiöser Minderheiten in den Schutz ihrer Menschenrechte durch den Staat, warnte die Menschenrechtsorganisation. Viele bedrängte Christen, Ahmadiyyah-Muslime und Hindu hatten neue Hoffnung auf einen Respekt ihrer Religionsfreiheit bekommen, nachdem Premierminister Imran Khan sich öffentlich dazu bekannt hatte, das Urteil des Obersten Gerichts zu respektieren und umzusetzen. „Mit ihrem Einlenken gegenüber dem islamistischen Mob hat Pakistans Regierung die Hoffnung auf mehr Religionsfreiheit in dem Land zunichte gemacht“, erklärte Delius.
Positiver bewertet der katholische Fidesdienst die Situation von Asia Bibi. „Während Pakistan zur Normalität zurückkehrt und die beiden rechtlichen Verfahren ihren Lauf nehmen, steht der Ausreise von Asia Bibi derzeit nichts im Wege“, heißt es. Sie sei „eine freie Person“, habe das Gefängnis jedoch „aus Sicherheitsgründen und zu ihrem eigenen Schutz“ noch nicht verlassen.