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Weniger ist mehr – auch für Christen?

„Entrümpel dein Leben“ – Der Minimalismus, ein einfacher Lebensstil, erfreut sich wachsender Beliebtheit. Autorin Kerstin Wendel erzählt im Interview, wo es für sie biblische Anknüpfungspunkte gibt und warum „weniger“ tatsächlich „mehr“ sein kann.

Kerstin, wann in deinem Leben hast du dich zum ersten Mal mit dem Thema auseinandergesetzt – und warum?

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Kerstin Wendel: Vor ungefähr 20, Jahren, als unsere Kinder klein waren. Wir lebten damals als Pastorenfamilie, mit allen Vor- und Nachteilen. Tatsächlich war es so, dass unsere Kinder mit Geschenken regelrecht überschüttet wurden. Das nahm solche Ausmaße an, dass es selbst unseren Kindern zu viel wurde! Wir fühlten uns erschlagen.

Parallel dazu war ich jahrelang schmerzkrank. Ich muss an das Thema ran, um in meinem Alltag klarzukommen.

Spielte dein Glaube bei der Auseinandersetzung damit eine Rolle?

Es gab zunächst einen ganz zarten christlichen Einschlag – bei meiner Schmerzproblematik. Ich musste und durfte lernen: Gott fordert nicht alles von mir. Ich darf zu meinen Grenzen stehen, wenn der Körper nicht mehr hergibt. Später habe ich mich dann intensiver mit dem Thema beschäftigt. Angefangen habe ich mit der Frage: Sagt die Bibel etwas dazu? Das Leben Jesu habe ich regelrecht abgegrast und diverse Jesus-Biografien gelesen. Ich wollte wissen: Gibt es da auch ein „weniger“? „? Ein „Teilen und Verschenken“? Ein „Grenzen setzen“? Eine andere Zielrichtung fürs Leben?

Und was war deine Erkenntnis?

Beispielsweise diese: Jesus hätte mehr machen können. Er hatte nur ungefähr drei Jahre Wirkungszeit, ein begrenztes Umfeld und eine begrenzte Zahl an Menschen um sich herum. Grenzen in vielen Bereichen. Dem hat er sich willig gestellt. Tatsächlich hat er seinen Leuten regelmäßig Pausen verordnet, wie die Bibel berichtet. Er hat sie angeleitet, Grenzen zu setzen.

Gehen wir vom „weniger“ zum „mehr“. Worin besteht das?

Verzicht wird oft negativ wahrgenommen. So sind wir geprägt. Diese Verlustgefühle kenne ich auch. Das „mehr“ kann man nur entdecken, wenn man sich auf den Weg macht. Das bekomme ich erst im Erleben, in der Veränderung. Mehr Ruhe, mehr Sinn, den Blick für das Wesentliche. Um ein reiches Leben zu führen, müssen wir Platz in Herz und Leben schaffen. Ich habe für mich vier Punkte formuliert, die das „mehr“ ausmachen: Genussfähigkeit, Großzügigkeit, Achtsamkeit und mehr Fokus im Glauben. Das Reduzieren kann also auch zu einer intensiveren Gottesbeziehung führen. Ablenkung lässt uns dagegen manchmal untergehen. Sie verstopft zum Beispiel unsere Kanäle zu Jesus hin.

Wir können diese Grundzüge aus dem Leben von Jesus ablesen. Über manches hat er gesprochen, anderes hat er uns einfach vorgelebt. Damit hat er zeitlose Impulse für ein tief erfülltes Leben gesetzt. Wer sie in sein Heute „übersetzt“ und ins eigene Leben integriert, hat Lebensqualität …“

Wie fällt deine persönliche Bilanz aus? Wie geht es dir?

Ich bin einen großen Schritt weiter gekommen auf meinem Weg. Aber es bleibt ein Ringen. Es ist keine Selbstverständlichkeit, ein „weniger“ zu leben. Von alleine ergibt sich da gar nichts. Aber bewusste Entscheidungen helfen, um ein innerlich reiches Leben zu führen.

Danke für das Gespräch!


Kerstin Wendel hat zu diesem Thema ein Buch geschrieben „Weniger“ ist im Verlag SCM R.Brockhaus erschienen, der wie Jesus.de zur SCM-Verlagsgruppe gehört.

Leseprobe (PDF)

1 Kommentar

  1. Das Leben einatmen

    Kerstin Wendel hat vollkommen recht. Es ist sicherlich eines der gutenLebensziele, in der eigenen Existenz nach Entrümpelung zu streben. Wir und ich können nicht jeden Tag die Welt retten. Dies bedeutet nicht: Nicht gegen den Klimawandel anzukämpfen, sich für eine bessere Welt einzusetzen, für mehr Gerechtigkeit einzutreten, Friedensstifter zu sein, oder: Gott zu lieben und den Nächsten sowie uns selbst. Aber all dies müssen wir nicht tun, um gute Noten von Gott zu bekommen, um die Versetzung in den Himmel zu ermöglichen und das Ziel des Ewigen Lebens zu erreichen. Wer dies glaubt, meint sich die Liebe Gottes verdienen zu müssen. Dass dies ein Trugschluss ist, musste doch schon Martin Luther erkennen. Er wollte seinen Gott gnädig stimmen, quälte sich unendlich und scheiterte. Aber dann geschah etwas, was er wohl nicht ahnen konnte. Er erkannte, dass Gott schon immer gnädig war, Liebe ist und dass wir nicht tiefer fallen können als in seine geöffnete Hand. Die Liebe Gottes gibt es daher immer kostenlos, denn Liebe ist immer ein Geschenk und im Grunde unverdienbar. Da schließt sich dann ein Kreis wenn die Erkenntnis reift, dass Gott uns aus Gnade annimmt. In einfacher Sprache bedeutet dies: Er liebte uns einfach um der Liebe willen und weil wir ihm so wichtig sind. Ich darf also Vertrauen haben. Vor allem aber ist wichtig zu wissen: Nicht wir haben Gott erwählt, also irgendwann beschlossen ihn in unser Herz zu schließen und daher Jesus nachzufolgen. Gott ist es, der unser Wollen und Tun ermöglicht. Er hat uns und nicht wir ihn. Er ist uns nicht verfügbar, so wie wir dies wollen. Wir dürfen daher einfach Mensch sein, weil Gott alles in allem ist. Als Schatten über unserer rechten Hand. Als ein Geist, der von den Blumen bis zum unendlichen Universum in allem präsent ist. Niemand muss sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen. Sondern Jesus selbst ist es, der uns längst erlöst hat, und Gott, der uns bereits vor Erschaffung des Weltalles liebte. (Man könnte bildhaft sagen: Der uns schon im Paradies liebte). Wir können in das Leben eintauchen und es ist nichts Böses, wenn wir das Gute tun: Gott zu lieben und unseren Nächsten wie uns selbst. Wir müssen nicht jeden Tag die Welt retten, sie ist schon gerettet und erlöst. Unser Leben entrümpeln kann daher auch bedeutet, etwas Entschleunigung zu leben. Das Leben einatmen. Dann werden wir glücklicher. Nicht Leistung ist die himmlische Währung, sondern Liebe.

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