Kira Geiss wurde „Miss Germany 2023“. Die bekennende Christin engagiert sich in der christlichen Jugendarbeit. In Anlehnung an Paulus sagt sie: Seid den Skatern ein Skater und den Fashion-Girls ein Fashion-Girl.
Kira, du hast selbst vor drei Jahren eine Jugendgemeinde mitgegründet. Wie kam es dazu?
Mit 16 bin ich nach ein paar schweren und turbulenten Jahren in eine Jugendgemeinde gekommen. Hier durfte ich nochmal ganz neu anfangen, gesunde Freundschaften erleben und kostbares Mentoring erfahren. Gemeindearbeit hat mich ein Stück weit gerettet. Was ich als Jugendliche bei Jesus und in Gemeinde erlebt habe, möchte ich auch anderen jungen Menschen ermöglichen. Deswegen habe ich Gemeinde gegründet. Deswegen investiere ich in Jugendarbeit. Weil ich weiß, was dadurch verändert werden kann!
Ich investiere in Jugendarbeit, weil ich weiß, was dadurch verändert werden kann!
Kira Geiss
Deine Top 3: Was liebst du an deiner Gemeinde?
1. Unser neues Gottesdienstkonzept „Coffee und Church“, das Glaube auf so gemütliche und zugängliche Art wie möglich vermittelt. Gottesdienst auf Sofas mit einem leckeren Kuchen und einer Limo in der Hand macht einfach doppelt Freude!
2. Die starke Gemeinschaft, die ich bei jedem Event, jedem Gottesdienst und jedem Gemeindemittagessen spüren und erleben darf. Gemeinde ist durch diese Menschen zu einem Zuhause für mich geworden.
3. Unsere gabenorientierten Teams, die Leuten ermöglichen, für ein halbes Jahr in einen Bereich zu schnuppern. Anschließend kann man entscheiden: Möchte ich ein weiteres halbes Jahr in diesem Team mitarbeiten oder lieber aussteigen? Dadurch erleben wir viel zuverlässigere Mitarbeiter. Kirche und Glaube sind für viele junge Menschen heutzutage nicht mehr selbstverständlich.
Welche Möglichkeiten siehst du, jungen Menschen Glaubensfragen nahezubringen und einen relevanten Raum für ihren Glauben zu schaffen?
In der heutigen Zeit gibt es ein enormes Überangebot von Freizeitaktivitäten und eine ständige Verfügbarkeit von Social Media. Es ist daher nicht überraschend, dass kaum jemand, der keinen direkten Bezug zur Kirche hat, die Sehnsucht verspürt, auf all das zu verzichten, um einen Jugendkreis oder Gottesdienst zu besuchen. Verständlich, denn Kirche wird oft als kalt, eingefahren und langweilig abgestempelt. Heutzutage reicht es nicht mehr, einen tollen Jugendabend in den eigenen Räumen zu veranstalten und zu hoffen, dass neue Menschen von alleine kommen. Wöchentlich erlebe ich Gemeinden, die das so handhaben.
Heutzutage reicht es nicht mehr, einen tollen Jugendabend in den eigenen Räumen zu veranstalten und zu hoffen, dass neue Menschen von alleine kommen.
Kira Geiss
Was sollte sich ändern?
Gemeinde wächst und lebt durch Beziehung – sowohl in der Kirche als auch außerhalb. Wir können Teens am besten zu unseren Veranstaltungen einladen, wenn wir ihnen auf ihrer eigenen Ebene begegnen. Denn die meisten Gemeinden machen tolle Jugendarbeit! Die viel größere Frage ist: Wie kommunizieren wir unser Angebot nach außen?
Deine Antwort darauf?
Ich finde, unsere Aufgabe ist es mehr denn je, rauszugehen! Bei den Menschen zu sein – wie es in 1. Korinther 9,19 steht. In der heutigen Zeit würde das bedeuten: Den Skatern ein Skater zu sein. Den Fashion-Girls ein Fashion-Girl zu sein. Den Lesern ein Leser zu sein. Wir müssen wieder lernen, einen Blick für die Menschen in unserem Umfeld zu bekommen. Das brauchen junge Menschen! Das Gefühl, gesehen, verstanden und in ihren Bedürfnissen ernst genommen zu werden.
Unsere Aufgabe ist es mehr denn je, rauszugehen und einen Blick für die Menschen in unserem Umfeld zu bekommen.
Kira Geiss
Was sind deiner Meinung nach die zentralen Faktoren, die eine Gemeinde für die junge Generation attraktiv machen?
Ansprechpartner mit einem Herz für Jugendliche, Action, gemütliche und ästhetische Räume, viele andere junge Menschen, echte Gemeinschaft – das ist wichtig!
Wie gelingt es Gemeinden, eine Brücke zwischen traditionellen Werten und modernen Bedürfnissen zu schlagen, ohne dabei ihre Identität zu verlieren?
Es braucht einerseits Menschen, die als feste Säulen in der Gemeinde fungieren und die Gemeindekultur gemeinsam prägen. Und das schaffen wir unter anderem, indem wir in ein Kernteam investieren, das verschiedene Generationen beinhaltet. Gemeinsam kann dort über Werte, Struktur und Veränderung diskutiert und entschieden werden. Durch diesen Prozess entsteht im Optimalfall eine gemeinsam erarbeitete Identität und Gemeindephilosophie, die von jedem Kernteammitglied in alle Bereiche der Gemeinde transportiert wird.
Und andererseits?
Da braucht es Menschen, die Verantwortung übernehmen und den Stein ins Rollen bringen. Ist uns beispielsweise wichtig, dass unsere Arbeit von Gebet durchzogen wird? Oder dass wir als Gemeinde einen starken Medienauftritt haben? Dann liegt es am Kernteam, in ihren Bereichen diese Werte zu kommunizieren, selbst zu leben und dadurch langfristig alle Mitglieder zu erreichen und die Identität und Werte zu verinnerlichen.
Du bist frischgebackene Buch-Autorin und schreibst unter anderem davon, wie dein Glaube ein Anker in stürmischen Zeiten gewesen ist. Worum geht es in deinem Buch „Bittersüße Realität“?
Gott hat mir aufs Herz gelegt, echtes Leben in einer Welt zu zeigen, die sich immer nur von ihrer besten Seite präsentiert. In meinem Buch schreibe ich über bittere und süße Lebenserfahrungen, über meinen Glaubensweg und Wunder. Aber auch über Körperkämpfe, Sexismus, Übergriffe und die Auswirkungen von Social Media. Es ist ein Buch für alle, die einmal hinter die Kulissen der Glitzer- und Glamourwelt, 5-Sterne-Hotels und Red Carpet-Events schauen möchten. Ich wünsche mir von Herzen, dass dieses Buch insbesondere von vielen liebenden Eltern und tollen jungen Frauen gelesen wird. Weil ich glaube, dass es gut tut und wachrüttelt. Und weil ich glaube, dass Gott wilde und schwierige Wege mit mir gegangen ist, um andere zu erreichen und zu ermutigen.
Die Fragen stellte Sarah Kleinknecht für Willow Creek Deutschland.
Dieses Interview ist im Willow Creek Magazin erschienen. Die Veröffentlichung auf Jesus.de erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Willow Creek Deutschland.
Weiterlesen:
Den Glauben unkompliziert exemplarisch leben
Kira Geiss schreibt: „Heutzutage reicht es nicht mehr, einen tollen Jugendabend in den eigenen Räumen zu veranstalten und zu hoffen, dass neue Menschen von alleine kommen“! Da hat sie vollkommen recht. Leider hat sich herausgestellt – was immer schon vermutet wurde – dass selbst auch neue Formen von Gottesdienste weder junge noch ältere Menschen bleibend binden können. Es ist heute immer noch so, wie naheliegend bereits in den 1980er Jahren entdeckt wurde, dass Christen mit ihrem Glauben auf dem Markt der gesellschaftlichen Angebote mit anderen konkuriert. Ich bin daher auch sehr davon überzeugt, dass nicht das konkrete Angebot Menschen binden kann, sondern ob sie bei uns – sicherlich in guter Atmosphäre, Zugewandtheit und mit viel Empathie, wenn wir „Licht der Welt“ sind und auch das „Salz der Erde“ sind, die Bindungswirklichkeit des Evangeliums erfahren: Es muss bei uns alles etwas anders sein. Aber nur wenn wir selbst das leben, wovon wir überzeugt sind, also mit einem exemplarisch gelebten Glauben, können wir Erfolge haben, daß andere Menschen in der Karawane Heimat zu finden. Im übrigen ist die 2000 Jahre alte Missionsmethode immer noch erfolgreich: Suche einen Menschen und lade ihn ein, in dem du ihm auch eine Aufgabe gibst. Anschließend tut er dann das gleiche und lädt ebenso einen anderen Menschen ein, dem er auch eine Aufgabe gibt. Aufgaben und auch Verantwortlichkeiten gibt es in der Gemeinde viele. Wer mittut in der Jesus-Bewegung, der macht Mut, dass andere Leute es gleichtun. Denn eine Aufgabe macht mich selbst für andere widerum wichtig.